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Schloss Lebenberg

Am Osthang des Vigiljocher Berges liegt knapp über dem Marlinger Waalweg auf einem vorgeschobenen Moränenhügel oberhalb von Tscherms die Burganlage Lebenberg – von weitem sichtbar für jeden Besucher des Burggrafenamtes.

Als spätromanische Höhenburg – zeitweilig auch Löwenberg genannt – reicht ihr Ursprung zurück bis um 1250. Der mächtige Schlosspalas samt Bergfried und geschlossener Ringmauer wurde damals erbaut durch die Herren von Marling zu Lebenberg, deren Besitztum um 1430 aufgrund von Erbheirat über­ging an die Adelsfamilie Fuchs von Fuchs­berg.
Als Ministerialien der Grafen von Tirol erwarben sich die Adeligen dieses Geschlechts bedeutendes Ansehen über die Jahrhunderte im Mittelalter. Die Burg Lebenberg verblieb ihr landesfürstliches Lehen bis um 1830. In dieser langen Besitzzeit über viele Generationen wurde die Burg mehrfach erweitert und zum weitläufigen Wohnschloss ausgebaut. Insbesondere entstanden im 16. Jh. zwischen der ursprünglichen Ringmauer und dem über vier Stockwerke hochaufragenden Palas mehrere einzelne Baukörper, deren Zugang über reizvolle, kopfsteingepflasterte Innenhöfe mittels Steintreppen erfolgte. Der 24 m hohe Turm des Bergfrieds hat den Grundriss eines trapezförmigen Keils und zwei Meter dicke Steinmauern. Er steht an höchster Stelle des abfallenden Burghügels und dominiert ihn mit der Breitseite nach Süden zum Etschtal.

Seine Fundamente bergen ein finsteres Verlies – drei darüberliegende Ebenen bis zum Spitzdach sind begehbar. Das imposante Palas-Hauptgebäude mit steilem Satteldach bietet großzügigen gräflichen Wohnräumen Platz. Im gesonderten Südtrakt befinden sich prachtvolle Säle mit originaler zeitepochaler Ausstattung. Ein Kleinod auf dem Burg­hügel stellt die spätgotische Burg­kapelle zum Hl. Stephanus mit verstecktem Glockenturm dar. Sie wurde im 14. Jh. außerhalb der ursprünglichen Wehrmauer erbaut und im 16. Jh. auf drei Geschossebenen erweitert. Von der gotischen, kunstvoll mit Eisen beschlagenen Kapellentür bis zum sorgfältig ausgemalten Netzrippengewölbe und dem barocken Gegenreformationsaltar sind wertvolle Fresken die Schätze dieser sakralen Stätte im Zentrum des Burggeländes. Bei der letzten Restaurierung um die Jahrtausendwende konnten weitere kostbare mittelalterliche Malereien an der Kapellen-Nordwand entdeckt und freigelegt werden. An der Außenwand stellt ein guterhaltenes Wandfresko die Steinigung des Kirchenpatrons Stephanus dar. Nach den letzten Fuchs-Erben erwirbt die Kaufmannsfamilie Kirchlechner aus Meran um 1835 das Schlossanwesen.
In dieser Epoche entstanden weitere Wirtschaftsgebäude mit eigener Zufahrt im unteren Osttrakt der Burg sowie der Bau der heutigen Lebenberger Straße.

Im romantischen Geist jener Gründerzeit um 1900 erlebt auch Schloss Lebenberg heitere, gesellige Jahre. Führte eine Reise hochwohlgeborener Herrschaften an das aufblühende Kurstädtchen Meran, so versäumten diese es nicht – wie der Dichter R.M.Rilke um 1897 – sich bei einer Rast auf Lebenberg zu verewigen. Bald darauf folgten die Kriegswirren und damit unsichere Zeiten, bis um 1925 mit Herrn Adrian van Rossem van Sinoutskerke aus Holland die neue dauerhafte Besitzära dieser Familie auf Lebenberg bis heute begründet wurde. Für Adrian van Rossem und dessen Sohn Cornelis Jan wurde die wirtschaftliche Entwicklung sowie die Erhaltung der historischen Werte ihres Schlossanwesens zum löblichen Lebenswerk. Die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Wein- und Obstkulturen auf dem ausladenden Burghügel wird als geschlossener Hof im Pachtverhältnis mit umliegenden Bauern bewerkstelligt. Ständige Restaurationsarbeiten an den Baulichkeiten werden im Zusammenwirken mit dem Landesdenkmalamt seit vielen Jahrzehnten durchgeführt.

An der Zahl von 35 erneuerten Dachstühlen mit einheitlicher Mönch- und Nonnenziegel-Eindeckung kann man den Aufwand ermessen. Sämtliche Innenräume samt Einrichtungen sind nach alten Plänen und überlieferten Inventarsregistern stilgerecht erneuert worden, sodass deren Ausstattung einen einmaligen Zeitbogen von der Gotik bis zum Empire veranschaulicht. Das Interieur im Spiegelsaal ist ‚herrschaftlicher Hochbarock‘ mit Holzeinlegeparkettboden, weißer Stuckdecke mit Wappenmustern, böhmischen Glaslustern, Wandteppichen und Rokoko-Kachelofen. Der große Rittersaal prunkt mit kunstvoller Renaissance-Kassettendecke, mit einem der wertvollsten Kachelöfen Tirols – dem ‚Reiterofen‘ um 1700, mit dem riesigen Figurenstammbaum der Fuchs-Dynastie als wandfüllendes Gemälde.

Bei musealen Schloss­führungen können weitere historische Kostbarkeiten wie die Sammlung von Hieb-, Stech- und Schusswaffen im Waffensaal besichtigt werden oder napoleonische Möbel im Empirezimmer, der frühere Weinkeller zu Kirchlechners Zeiten, wo die Meraner ‚Stehwein-Gesellschaft‘ ins Leben ge­rufen wurde. Frau Anouschka van Rossem führt heute ihr privates Erbe Schloss Lebenberg in 3. Generation als eine der schönstgelegenen und gepflegtesten Erlebnisburgen im Lande, das zur lohnenden Besichtigung vom Frühjahr bis Herbst einlädt, wo nach Absprache persönliche Feierlichkeiten, Taufen, Hoch­zeiten, musische Abende stattfinden kön­nen wie z. B. die bevorstehenden Marlinger Kulturtage im April 2017. Wer ein­mal zu Besuch war und die besondere Schloss­idylle der verwinkelten Innenhöfe oder den unvergleichlichen Ausblick vom Rokoko-Garten aus erlebte, der kommt gerne wieder.

von Jörg Bauer

Palmenterasse vor mächtigen Burgmauern

Kapelle mit Glockenturm und Stephanus-Außenfresco

Neugotische Kapelle mit Rippengewölbe

Barocker Gegenreformationsaltar

Edle Ausstattung im Spiegelsaal

Wertvoller Reiterofen im Rittersaal

Der französische Rokoko-Buchsgarten