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700 Jahre Meran

Für die einen ist sie die Perle Südtirols. „Gutes bundesdeutsches Altersheim“ bezeichnete sie in den 1970er Jahren Norbert Conrad Kaser, Pionier moderner Literatur aus Südtirol.  Was fällt Ihnen zur ehemaligen Landeshauptstadt ein?

Gelegenheiten, darüber nachzudenken, gibt es im heurigen Jahr zuhauf. Feiert die Stadt doch mit über 150 Veranstaltungen ihren 700. Geburtstag. 1317 war es ein gewisser Kö­nig Heinrich, Sohn des legendären Fürs­ten Meinhards II. und Vater der verschmähten Margarete „Maultasch“, welcher der aufstrebenden mittelalterlichen Siedlung ihr Stadt­recht verlieh. Die Urkunde dazu wird im Stadtarchiv aufbewahrt.

Dem Bürgermeister ist das heurige Jubiläum ein Herzensanliegen. Das hat er immer wieder bekundet, und so verwundert es auch nicht, dass Paul Rösch mit Genugtuung auf den bis Jahresende überquellenden Veran­stal­tungskalender blickt. „Das Jubiläum soll Ge­meinschaft stiften und das Zusam­men­leben fördern“, erklärt er auf der eigens eingerichteten Homepage zum Jubeljahr (http://www.700xm.it).
Es ist sicher gut, die eigene Geschichte zu ken­­nen. „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen, und wer die Gegenwart nicht versteht, kann die Zu­kunft nicht gestalten“, hat sich die Stadt­re­gie­rung auf die Fahnen geschrieben.

Auf der Historikertagung in der letzten Fe­bru­ar­­woche ging man auf Spurensuche. Im Kur­haus referierten Experten über so alles, was die Geschichtswissenschaft zu Meran herausgefunden hat. In den kommenden Mo­na­ten lässt sich im Stadttheater die Ge­schichte Merans anhand einer spannenden Zeitreise erleben: Modernste Projek­tions­technik und spektakuläre Video-Mapping-Effekte holen Vergangenes in die Gegenwart, das Publikum wird in der rund 30-minütigen Revue Teil von geschichtlichen Ereignissen.

196 HÄUSER, DREI KLÖSTER, 2.219 EINWOHNER
Genauere Angaben zu Größe und Einwoh­nerzahl Merans gibt es aber erst aus dem Jahr 1763. Mit der Verlegung des landesfürstlichen Hofes  nach Innsbruck 1420 leitete sich der allmähliche Abstieg der Stadt ein. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts bekam die nun europaweit bekannte Kur­stadt ihren Glanz wieder.

DIE GEBURT DER STADT
Der Kunsthistoriker Martin Laimer hat sich intensiv mit der mittelalterlichen Stadt­be­fes­tigung und den Meraner Lauben beschäftigt. Wir sprachen mit dem Lananer über das mittelalterliche Meran.

Martin Laimer

Wir feiern heuer 700 Jahre Meran. Ist das Jubiläum berechtigt oder bestand die Stadt schon viel früher?
Martin Laimer: Das Jubiläum wird zu Recht gefeiert. Erst mit der Stadtrechts­ver­leihung von 1317 wurde Meran unter König Heinrich vor 700 Jahren zur „vollwertigen“ Stadt. Zwar scheint Meran in Archivalien bereits 1278 erstmals als „civitas“ und damit als Stadt auf. Meist jedoch ist bis in das frühe 14. Jahr­hun­dert von „burgum“ oder „oppidum“ und damit von einer befestigten Siedlung die Rede, die vermutlich bereits stadtähnliche Merk­ma­le aufwies.

Wie kam es zur Gründung der Stadt?
bereits in der 1. Hälfte des 13. Jahr­hun­derts dorfähnliche Strukturen und zwei Jahr­­märkte bestanden. Zu diesem Zeitpunkt besaßen lokale Adelsgeschlechter wie die Tarantsberger ausgedehnte Besitzungen im Bereich der heutigen Altstadt. Auch längs der heutigen Laubengasse bestanden damals vereinzelte Bauten. Erst in der 2. Hälf­te des 13. Jahrhunderts kam es unter Graf Mein­hard II. zu einer planmäßigen An­lage längs eines durchgehenden Straßen­zuges, aus dem die heutige Laubengasse hervorgegangen ist.

Können Sie uns den Stadtnamen erklären?
ODarüber sind sich die Toponomastiker nicht einig. Bislang nahm man an, der Na­me leite sich von der vorrömischen Be­zeich­nung „marra“, d. h. Geröllfeld, Ge­schie­be oder Mure bzw. von einem römischen „Praedium“ und damit von einem Landgut des Marius ab. Die neuere For­schung hält aber auch die Ableitung des Flurnamens „auf der Mairan“ vom einstigen Weidegrund eines nahen Mairhofes (Mair im Korn?) für möglich.

Was erinnert heute in Meran noch an das Mittelalter?
Neben den drei erhaltenen Stadttoren sowie dem in die Stadtbefestigung eingebundenen Pulverturm erinnern in Meran die Lau­ben­häu­ser und insbesondere die laubenseitigen Kelleranlagen, die großteils auf das 13., 14. und 15. Jahrhundert zurück gehen, an das Mit­telalter. Mittelalterlich sind aber auch der Unterbau des Glockenturms der Stadt­pfarrkirche St. Nikolaus oder die Umfas­sungsmauern der ehemaligen Klaris­sen­kirche am Kornplatz, heute Volksbank.

Meran war eine kurze Zeit sogar Landeshauptstadt der Grafschaft Tirol. Ist das nicht verwunderlich?
Nein, schließlich befand sich mit Schloss Tirol die landesfürstliche Residenz im 14. Jahrhundert in nächster Nähe Merans, wenn­gleich sich die Grafen von Tirol in ihrer Residenzstadt eher selten aufgehalten haben, wie neuere Forschungen belegen.

Wer lebte vor rund 700 Jahren alles in Meran und welchen Vorteil hatte es damals, in der Stadt zu leben?
Die mittelalterliche Stadt war ein sehr vielschichtiges Gebilde: Neben einigen wenigen Bürgern gab es die große Masse der Stadt­insassen, die hier unterschiedlichen Hand­werken und Gewerben nachgingen. Ihnen bot die Stadt einen gewissen Schutz sowie eine Erwerbsmöglichkeit.
Anlässlich der bekannten Meraner Jahr­märkte waren hier aber auch viele ausländische Händler sowie „Strutzer“, das sind Viehtreiber aus den benachbarten Tälern, insbesondere aus dem Passeiertal. Daneben gab es bereits mehrere Ärzte, die Münz­in­haber, Notare und eine jü­dische Gemein­schaft samt Synagoge.

Ein Merkmal jeder mittelalterlichen Stadt ist seine schützende Stadtmauer. Nicht ohne Grund nennt man deren Einwohner auch Bürger. Was erinnert heute in Meran an eine „Burg“ bzw. wie war die Stadt im Mittelalter befestigt?
In Zusammenhang mit einer Burg ist selbstverständlich die Landesfürstliche Burg zu erwähnen. Diese wurde allerdings erst im Spätmittelalter unter Sigismund dem Münz­reichen zur Landesfürstlichen Resi­denz ausgebaut. Im Mittelalter verfügte Meran über vier Stadttore.
Neben dem Vinsch­gauer, Bozner und dem Pas­sei­rer Tor bestand am heutigen Theater­platz bis 1881 das sogenannte Ultner oder Marlin­ger Tor. Alle vier Tore waren untereinander über die Stadt­mauer verbunden. In die Stadt­befestigung mit integriert war aber auch Burg Ortenstein am Küchelberg, der heutige Pul­ver­turm (eigentlich der Berg­fried) ist davon übriggeblieben.

Städte waren Orte des Handels. Sie haben sich intensiv damit beschäftigt und die Meraner Lauben unter die Lupe genommen. Was ist Ihnen dabei aufgefallen?
Die baugeschichtliche Untersuchung der Meraner Laubenkeller hat ergeben, dass die Laubengänge nachträglich aus dem mittelalterlichen Haus herausgebrochen wurden und dass zunächst von einer losen und keineswegs geschlossenen Verbauung längs der heutigen Laubengasse auszugehen ist. Die heutige geschlossene Verbauung und die Anlage durchgehender Lau­ben­gänge ist ein längerer, sich über Jahr­hun­derte erstreckender Prozess, der vom 14. bis in das 16. Jahr­hun­dert statt­gefunden hat.

Es gab sogar eine eigene Münze aus Me­ran. Was wissen wir darüber?
Eine Meraner Münzstätte ist erstmals 1271 erwähnt und wurde vermutlich unter Graf Meinhard II. angelegt. Diese sog. „Casana“ befand sich in den oberen Berglauben, beim heutigen Poetzelberger.
Anfangs hatten Florentiner Bankiers die Münze zu Lehen inne. Diese so genannten „monetarii“ (Mün­zer) hatten dem Landes­herrn öfters größere Geldbeträge geliehen, die sie durch das Betreiben der Münzstätte wieder erwirtschaften sollten. Im späten 13. und 14. Jahrhundert wurde der Meraner Adler-Gro­schen bzw. Kreuzer zu einer Sil­ber­münze von Weltruf, die auch im oberitalienischen Raum nachgeprägt wurde.

Plötzlich verfiel im ausgehenden Mittelalter die Stadt wieder. Was ist geschehen?
Der Niedergang Merans setzt im 15. Jahr­hundert ein und ist mit wichtigen geschichtlichen Ereignissen verbunden. Zu­nächst verlegte Friedrich „mit der leeren Tasche“ um 1420 die landesfürstliche Residenz von Me­ran nach Innsbruck. Es folgte 1477 unter Her­zog Sigmund dem Münzreichen die Ver­le­gung der Münze nach Hall. Sigmund war es auch, der um 1480 den Kuntersweg durch das Eisacktal für Fuhrwerke ausbauen ließ. Dadurch verlor der Weg über den Jaufen und damit auch die Stadt Meran rasch an Be­deu­tung.

von Josef Prantl

Gabelstütze im Laubenkeller des ehem. Gasthofes Haisrainer

Laubenkeller in den Oberen Wasserlauben

Eine alte Ansicht der Stadt

In dieser Urkunde wird Meran 1317 zur Stadt erklärt

Fotos: G. Hörwarter und M. Laimer