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Generation 65 plus

Gut versorgt älter werden

Renata Zanon

Der  demografische Wandel  führt dazu, dass unsere Gesellschaft immer älter wird. Dabei hat das Alter viele schöne Seiten und muss keineswegs nur mit Pflege und Abhängigkeit in Verbindung gebracht werden, wie aus dem Gespräch mit Renata Zanon, Direktorin des Altenheimes St. Walburg und des Seniorenwohnheimes Pilsenhof in Terlan, deutlich wird.

Wie sind heute die Menschen der Generation 65+?
Die Generation 65+  kann man heute so beschreiben: Austritt aus dem Arbeitsleben, zeitlich frei und unabhängig, körperlich größtenteils fit, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Eine Generation, über die sich heute kei­ner Sorgen machen muss. Ei­ner ASTAT-Studie aus dem Jahr 2014 kann man entnehmen, dass 2030 voraussichtlich jeder dritte Südtiroler älter als 60 Jahre sein wird. Somit werden die 65-Jährigen bald einen sehr großen Teil der Gesellschaft ausmachen.

Welches sind in Südtirol die vordergründigen Probleme, die das Älterwerden der Bevölkerung mit sich bringt?
Bereits heute zeigt sich, dass es in Südtirol an geeigneten Seniorenwohnungen und -heimen fehlt. In Zukunft wird dies noch stärker zu spüren sein. Die Menschen werden immer älter, der Pflegebedarf steigt und es gibt zu wenige Pflegekräfte.  Allein durch das Errichten von mehr Heimplätzen werden wir aber die auf uns zukommenden Schwierigkeiten nicht meistern können. Es braucht neue Angebote und Alternativen in der Pflege zu Hause und im Altenheim. Eine weitere Hürde stellt das lange Arbeitsleben, aber auch die immer steigenden Singlehaushalte dar: Für die Pflege in der Familie haben die Familienangehörigen heute immer weniger Zeit.

Wir werden immer älter, wir sind  jedoch rüstiger und gesün­der als Generationen vor uns. Sollten wir uns nicht eher um an­gemessene Freizeitangebote für aktive Senioren bemühen, als sich um Pflegeplätze zu sorgen?
Es ist wohl richtig, dass wir viel rüstiger und vielleicht auch gesünder sind als Generationen vor uns. Tatsache ist aber auch, dass wir immer älter werden und das hohe Alter Krankheiten mit sich bringt, die man früher nicht kannte, weil die Menschen nicht so alt geworden sind. Pflegende müssen sich heute mit  verschiedenen Krankheitsbildern auseinandersetzen: Demenz, Sucht, psychisch Kranke.  Wir können uns glücklich schätzen, dass es bei uns sehr viele Vereine, Frei­willige, Ehrenamtliche gibt, die in der Betreuung von älteren Men­schen mithelfen und angemessene Angebote schaffen. Trotzdem wird es immer mehr professionelle und spezialisierte Angebote brauchen, um den Herausforderungen einigermaßen entgegenwirken zu können.

Betreutes Wohnen

Welche Wohnmöglichkeiten  und Betreuungsdienste bieten sich für unsere Senioren an?
Der Hauspflegedienst bietet Menschen zu Hause Hilfe bei der Kör­perpflege, aber auch Mithilfe im Haushalt oder in der sozialen Betreuung. Die medizinische Ver­sorgung zu Hause wird durch die Hauskrankenpflege gewährleistet. Durch private Pflegekräfte „Badante“ wird es pflegebedürftigen Menschen ebenfalls er­möglicht, länger zu Hause betreut zu werden. Auch die 24-Stunden-Pflege wird dabei angeboten. Rüstige Menschen, die noch zu Hause leben, aber Aufsicht benötigen, die nicht durch Angehörige oder andere Personen gewährleistet werden kann, können das Angebot der Tagespflege in Heimen oder Tagespflegeheimen in Anspruch nehmen. Das begleitende und betreute Wohnen erweitert das Angebot der herkömmlichen Altenwohnung. Neben der  Daueraufnahme in einem Seniorenwohnheim gibt es die Kurzzeitpflege oder mancherorts auch die Wochenend- und Nachtbetreuung. Übergangsbetten, die der Sanitätsbetrieb genehmigt, findet man ebenfalls in manchen Südtiroler Heimen. An­de­re Angebote sind die Essensverabreichung an Senioren oder  das Essen auf Rädern.

Pflegegeld: Fluch oder Segen?
Das Pflegegeld wurde 2008 eingeführt und war in keinem Fall für die Aufstockung der Rente oder die Aufbesserung der Haushaltskasse gedacht. Dieses Geld soll bei­tragen, dass die Pflege zu Hau­se möglich oder länger möglich wird und somit Alten- und Pflegeheime etwas entlastet werden. Mit dem Pflegegeld soll insbesondere ermöglicht werden, dass der Pflegebedürftige sich private Pflege leisten kann.

Moderne Technik – kein Buch mit sieben Siegeln

Südtirol ist ein reiches Land. Können wir uns das Älterwerden denn nicht leisten?
Die Politik hat in der  „Finanzierung Senioren“  viel getan, sehr viel ist aber noch zu tun! Es ist verwegen zu denken, die Politik allein garantiert ein gesichertes Älterwerden, es bedarf auch der Eigeninitiative und -verantwortung. Neben der Schaffung von zukunftsorientierten Wohn- und Betreuungsformen muss es insbesondere auch gelingen, junge Menschen für den Pflegeberuf zu begeistern! Dieser muss aufgewertet werden, muss einen viel höheren Stellenwert erlangen! Was nützen uns die Heimplätze oder Pflege- und Betreuungsmöglichkeiten, wenn wir zu wenig Menschen – Pfleger, Krankenpfleger, Ärzte… – für unsere älteren, hilfebedürftigen Menschen haben?

Stichwort „begleitendes und betreutes Wohnen“. Was genau ist darunter zu verstehen und wird es in Südtirol angeboten?
Das Angebot des begleitenden und betreuten Wohnens richtet sich an ältere, noch relativ selbständige Menschen. Diese wohnen in Kleinwohnungen, welche  die Gemeinde oder ein anderer Träger errichtet hat, und können verschiedene Dienste wie Hauspflege, Essen auf Rädern usw. in Anspruch nehmen. Neben diesen Diensten sieht das begleitende Wohnen auch das Angebot der Beratung und Unterstützung in der Bewältigung des Alltages vor. Beim betreuten Wohnen sind zusätzlich zu den oben genannten Leistungen auch die Verabreichung von Mahlzeiten und Betreuungsleistungen durch eine Fachkraft vorgesehen. In Südtirol gibt es 10 Anbieter mit insgesamt ca. 100 Plätzen (Stand Juni 2016).

Endlich Zeit, sich seinen Hobbys zu widmen

Wird ein sorgenfreier Lebensabend nur jenen vorbehalten sein, die über die nötigen Gelder verfügen, um sich Ärzte, Betreuung und Pflege leisten zu können?
Die Finanzierung der Betreuungs- und Pflegedienste sowie die finanzielle Unterstützung für innerfamiliäre Pflege erfolgt über das Landesgesetz Nr. 9 vom 12. 10. 2007, Maßnahmen zur Sicherung der Pflege. Ziel dieses Gesetzes ist es, die Voraussetzungen zu schaffen, damit die Familien auch in Zukunft den ständig steigenden Pflegebedarf bewältigen können. Pflege ist, so die Sozialpolitiker, mit diesem Gesetz als Recht verankert und langfristig abgesichert. Schenkt man dem Glauben, sollte sich jeder Bürger in Südtirol, heute und morgen, seinen Pflegebedarf leisten können.

Beim Älterwerden sind auch die Angehörigen gefordert. Welches sind die dringendsten Fragen, die für die Angehörigen thematisiert gehören?
Pflegende Angehörige brauchen Unterstützung! Zum einen Unterstützung in der eigenen Familie, dass die Pflege nicht auf einer Person, oftmals 24 Stunden am Tag, lastet, und zum anderen braucht es externe Hilfestellungen. Des Weiteren müssen Pflegende auf ihre eigene Gesundheit achten und für Entlastung sorgen: sich regelmäßig pflegefreie Tage einplanen, Auszeit von der Pflege nehmen…  Selbsthilfegruppen, Austausch und kompetente Beratung durch Fachleute unterstützt und hilft allen, die in der Pflege tätig sind.