Biokohle aus der heimischen Holzvergasung nutzbar machen und die Produktionskette der Biomassevergasung insgesamt aufwerten: Das will das neue Projekt Wood up.
Etwa eine Million Kubikmeter Holzbiomasse werden jährlich in Südtirol zur Gewinnung von 1300 Gigawattstunden Energie eingesetzt. Dies entspricht etwa zwölf Prozent des Südtiroler Energiebedarfs inklusive Kraftstoff. Bei der Energiegewinnung mittels Vergasung oder Pyrolyse fallen als Nebenprodukt jährlich 2000 Tonnen Biokohle an, die derzeit in Südtirol als zu entsorgendes Abfallprodukt behandelt wird. Wie diese Biokohle sinnvoll genutzt und die gesamte Produktionskette der Holzbiomassevergasung wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig aufgewertet werden kann, wird nun in dem auf drei Jahre ausgelegten Projekt Wood up untersucht; dieses wird vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) mit einem Budget von rund 700.000 Euro gefördert. Mittels einer umfassenden Lebenszyklusanalyse untersuchen die Wissenschaftler die gesamte Produktionskette der Holzbiomassevergasung in Südtirol. Zunächst wird der aktuelle Stand dieser Produktionskette im Hinblick auf deren energetische Effizienz und wirtschaftliche Nachhaltigkeit evaluiert. In einem zweiten Schritt prüfen die Forscher mögliche Strategien, wie die Produktionskette aufgewertet und wirtschaftlich sowie ökologisch nachhaltig gemacht werden könnte. Dies reicht von der Nutzung innovativer Verbrennungs- und Pyrolyse-Technologien über die Verwendung von Biokohle als Bodenverbesserungsmittel in der Landwirtschaft bis hin zur Nutzung von Holzbiomasse für pharmazeutische Zwecke sowie in der Lebensmittelindustrie. „Das Projekt Wood up vereint Produktinnovation, also die Biokohle, und Prozessinnovation, nämlich die Aufwertung der gesamten Produktionskette“, betonte Projektleiter Giustino Tonon von der Freien Universität Bozen bei der Auftaktveranstaltung des Projektes. Die Stärke des Projektansatzes liegt in der Interdisziplinarität der beteiligten Partner vom Energieingenieurswesen über Ökologie und Agronomie bis hin zur Bodenchemie.
Biokohle in der Landwirtschaft
In verschiedenen Versuchskontexten konnte bereits nachgewiesen werden, dass sich Biokohle positiv auf die Bodenfruchtbarkeit auswirkt und den Gehalt an organischem Kohlenstoff stabil und dauerhaft steigern kann, erklärt Barbara Raifer, die am Versuchszentrum Laimburg den Fachbereich Weinbau leitet und am Projekt Wood up maßgeblich beteiligt ist. Auf gesamtstaatlicher Ebene ist die Nutzung von Biokohle als Bodenverbesserungsmittel seit 2015 erlaubt, sofern diese bestimmten physisch-chemischen Parametern entspricht. Im Projekt Wood up wollen die Forscher nun genauer untersuchen, ob Biokohle als Bodenverbesserungsmittel verwendet werden kann, um die Produktivität und Qualität der Apfel- und Weinanlagen zu verbessern und die Effizienz beschränkter Ressourcen (Wasser, Nährstoffe) sowie die Kohlenstoffbindung im Boden zu steigern. Auf diese Weise sollen die Auswirkungen des Klimawandels abgemildert werden. In den Versuchen wird Biokohle in verschiedenen Konzentrationen pur und in Mischung mit Kompost in die Versuchsflächen eingebracht und in den Boden eingearbeitet, erklärt Projektmitarbeiter Maximilian Lösch vom Versuchszentrum Laimburg. Dann wird das Wachstum der verschiedenen Varianten beobachtet, Trauben werden in kleinen Mengen zu Wein ausgebaut und bewertet. Unter der Leitung der Freien Universität Bozen sind neben dem Versuchszentrum Laimburg weitere Institutionen und Forschungseinrichtungen beteiligt: Die Forschungseinrichtung Eco Research nimmt die physisch-chemische Charakterisierung der aktuell in Südtirol produzierten Biokohle vor. Neben den im Bereich Vergasung operierenden Energieproduzenten sind unter den Interessenvertretern des Projektes das Konsortium Südtiroler Wein, der Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau und der Südtiroler Bauernbund. Biokohle (Biochar) entsteht als Nebenprodukt, wenn Biomasse (Holzabfälle, Hackschnitzel, Kulturreste, Mist etc.) zur Energiegewinnung in Abwesenheit von Sauerstoff auf hohe Temperaturen zwischen 300 und 800 Grad Celsius erhitzt wird. (LPA)