Meran – Die Gewerbezone Passer befindet sich entlang der Luis-Zuegg-Straße bei der MeBo-Ausfahrt Marling-Meran in Untermais.
Die Erreichbarkeit der Gewerbezone spricht für sich, und ihre Geschichte ist durchaus erzählenswert. Was man über den Standort wissen sollte, haben wir für Sie recherchiert.
Geschichte der Gewerbezone
Die Geschichte um die Gewerbezone entlang der Luis-Zuegg-Straße beginnt 1947 am nördlichen Ende der Straße. Zu dieser Zeit pachteten die zwei Algunder Bauernsöhne Karl und Hermann Ladurner unmittelbar am Passerufer Grund der evangelischen Pfarrgemeinde Meran, auf welchem 1900 eine Gärtnerei entstand. Da die Gärtnerei in den Kriegsjahren nicht mehr in Betrieb war, war das Gelände von Unkraut und Gestrüpp überwuchert. Die Brüder Ladurner begannen gemeinsam mit ihrem Cousin, dem Gärtner Wilhelm Wielander, die alte Gärtnerei wieder aufzubauen. 1948 übernahm Wilhelm die Anteile seines Cousins und gründete seine eigene Gärtnerei. Sie war der erste Betrieb auf der heutigen Gewerbezone „Passer“.
„Damals führte noch ausschließlich eine schmale Einbahnstraße durch die umliegenden Apfelwiesen zu uns, sonst gab es nichts“, erzählt Tochter Sigrid.
Die Gewerbezone Passer
Doch das Landschaftsbild änderte sich schlagartig, als Geometer Guido Bortolotti Anfang der 1970er Jahre einen Großteil der Obstwiesen erwarb und begann, darauf einige Wohnhäuser zu errichten. Dadurch gewann dieser Teil um die Passermündung an Attraktivität und wurde in den Folgejahren von der Gemeindeverwaltung noch weiter aufgewertet.
Auch bekamen die Gewerbetreibenden im Stadtzentrum von der Gemeindeverwaltung ein gutes Angebot für eine Umsiedlung in dieses Gebiet. Der erste Unternehmer, der seinen Standort dorthin verlegte, war Fabio Genetti. Die Anfrage nach neuem Gewerbegebiet in der Gemeinde war groß, deshalb wurde die Zone um die Kaserne von der Gemeindeverwaltung Mitte der 1970er Jahre zur Handwerks- und Kleinindustriezone „Passer“ (früher: „Marlengo“) umgewidmet. Die Bauparzellen wurden rationalisiert und die Planungsgruppe „Unterberger“ für die Erschließungsarbeiten beauftragt. Am 28. April 1978 unterzeichneten folgende Unternehmer den ersten offiziellen Nutzungsvertrag für gewerbliche Zwecke mit der Gemeinde: Hermann Zanier (Ingenieur), Adele Andretta (Unternehmerin), Olivio Ferro und Emilio Pol (Tischler), Secondo und Gino Tassinari (Tapezierer), Edmondo Finanzi (Drucker), Carmelo Furlan (Lebensmittel en gros), Guido Bortolotti (Geometer) und das „consorzio delle cooperative agricole“. Die neue Gewerbezone „Passer“ war geboren. Nun wurden bis in die 1980er Jahre Zufahrtsstraßen gebaut und Infrastrukturen errichtet. Womit sich das Gebiet schließlich zum attraktiven Wirtschaftsstandort etablierte. Inzwischen entdecken immer mehr Betriebe das Gewerbegebiet für sich.
Darunter auch die Tischlerei Comploj, die in den 1980er Jahren ihren Standort von der Wolkensteinstraße dorthin verlegte. Das Traditionsunternehmen stellt funktionale Einrichtungen und Möbel mit viel Liebe zum Detail her. Das Sortiment wird im Parterre des Betriebsgebäudes ausgestellt.
Erreichbarkeit
Besonders attraktiv ist der Wirtschaftsstandort aufgrund seiner Erreichbarkeit. In unmittelbarer Nähe befinden sich gleich zwei Zufahrten auf die Schnellstraße MeBo. Eine gleich über der Marlinger Brücke, die südwärts in Richtung Bozen führt, und die andere in der Albertina-Brogliati-Straße, von der aus man über die MeBo direkt in die Gewerbezone „Bosin“ kommt.
Einst Militärkaserne „Bosin“ – heute Gewerbegebiet
Der Namensgeber des Gebietes entlang der Albertina-Brogliati- Straße ist die ehemalige italienische Militärkaserne „Bosin“, die in den Jahren 1938 bis 1939 unter dem Namen „Venosta“ errichtet worden war. Ihre tragische Geschichte erzählt die Zeit des zweiten Weltkrieges. Damals diente sie den Nationalsozialisten als Außenlager des Bozner Konzentrationslagers. In Gedenken an die Gefangenen des Lagers wurde 2010 auf dem Areal der ehemaligen Bosin-Kaserne eine Gedenktafel errichtet, die an das Leiden der Menschen erinnert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm das italienische Militär die Kaserne und benannte sie nach „Bosin“. Er steht für den 1941 in Albanien gefallenen Alpini und Träger der Silbermedaille des italienischen Militärs, Leone Bosin.
Top-Center-Meran
Nachdem die Bosin-Kaserne 1991 aufgelöst und in den Folgejahren abgebrochen wurde, entstand an ihrem ehemaligen Standort die Vision einer neuen Gewerbezone. Es vergingen etliche Jahre, bis 2008 mit dem Bau des neuen Gewerbeparks „Top-Center-Meran“ begonnen wurde. Unter der Koordination der Südtiroler Handwerkervereinigung wurde der Gewerbepark 2012 fertiggestellt und beherbergt seither mehrere Handwerks-, Großhandels- und Dienstleistungsbetriebe. Darunter auch die größte Südtiroler Partnervermittlungsagentur „Herzblatt“. Architektonisch gesellen sich in der Gewerbezone auch das Firmengebäude von Autocity, sowie das der Transportfirma Thaler zum Gewerbepark.
Das Unternehmen Autocity eröffnete seine Tätigkeit im Juli 2017 und ist offizieller Neuwagenvertragshändler von 16 Autoherstellern, darunter Ford, Opel, Citroen, Peugeot, Nissan, Skoda und vielen mehr. Außerdem bietet Autocity seinen Kunden ein breites Angebot von Gebrauchtwagen, eine autorisierte Werkstatt, eine Karosseriewerkstatt, einen Reifendienst, eine Waschanlage, sowie eine Revisionslinie zur Durchführung der gesetzlichen Hauptuntersuchung. Auch der Autoverleih von Avis und Maggiore ist bei Autocity anzutreffen, mit dem Verleih von Fahrzeugen, vom Lieferwagen bis zum Kleinbus.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Gewerbepark Passer haben sich weitere Gewerbetätige niedergelassen. Außerdem befindet sich hier der Gewerbepark „Passer“.
Diesen hat auch die Wirtschaftskanzlei lanthaler+berger+bordato+partner für sich entdeckt. Die Kanzlei wurde im Jahr 2000 von Dr. Hubert Lanthaler und Dr. Hubert Berger gegründet. Daraufhin stiegen im Jahr 2006 Dr. Luca Bordato und 2015 Dr. Lorin Manuel Wallnöfer als Partner ein. Die Kanzlei beschäftigt heute 25 Mitarbeiter, davon 11 Berater und Praktikanten und betreut neben lokal ansässigen Unternehmen, Freiberuflern und Privatpersonen auch überregionale Kunden.
Ein weiterer Vorzeigebetrieb im Gewerbepark „Passer“ ist das Unternehmen Comtec. Es wurde 1999 gegründet und hat zunächst in Bozen und später in Meran, gemeinsam mit seinem Partner Navteh, ein bedienungsfreundliches und leistungsfähiges Telematiksystem entwickelt, welches das Fuhrparkmanagement einer Vielzahl von europaweiten Unternehmen maßgeblich verbessert.
Auch die Zahnarztpraxis „Maia dentis“ befindet sich im Gewerbepark und hat sich auf Kinder spezialisiert: von der Zahntherapie bis hin zur Zahnhygiene. Ausgestattet mit modernster Technik bietet „Maia dentis“ dabei sowohl bei einfachen Eingriffen, als auch bei chirurgischen Operationen auf Wunsch schmerzfreie Behandlungen, lokale Betäubung und Lasertherapie an.
Am südlichen Ende der Luis-Zuegg-Straße befindet sich die Sozialgenossenschaft „Albatros“. Seit 1994 bietet die Genossenschaft Dienste und Produkte, verbunden mit einem sozialen Hintergrund an. In der Tischlerei, im Gartenbau und in der Reinigung arbeiten nicht nur geschulte Fachkräfte, sondern auch sozial Benachteiligte. Mit rund 70 lohnabhängigen Arbeitnehmern, 55 Arbeitseingliederungsprojekten und einem Umsatz von knapp 2 Millionen Euro ist „Albatros“ seit 20 Jahren ein wichtiger Arbeitgeber und Bestandteil der lokalen Wirtschaft.
Gleichzeitig ist das Unternehmen auch ein Beweis dafür, dass sich wirtschaftliches Handeln und soziale Verantwortung durchaus vereinen lassen.
Wissenswertes
Die Straße entlang der Gewerbezone der ehemaligen Bosin-Kaserne ist nach der Belluneserin Albertina Brogliati benannt. Sie war eine der beiden gefangenen Frauen, die 1944 eineinhalb Monate nach ihrer Einweisung aus dem Lager fliehen konnten. Nach Kriegsende arbeitete sie als Lehrerin und setzte sich vor allem für Häftlinge ein. 1985 wurde sie von einem Triester Rechtsextremisten ermordet.
In Gedenken an die Opfer der Gräueltaten des Nazi-Regimes findet an der Mahntafel in der Luis-Zuegg-Straße alljährlich die Gedenkfeier zum Gedenktag der Shoah-Opfer statt. In diesem Jahr wurde am 27. Januar am Ort des Gedenkens wieder ein Kranz niedergelegt. Die Gedenkstätte ist öffentlich zugänglich und einen Besuch wert, für die, welche sich mit der Geschichte der Gewerbezone noch etwas tiefer beschäftigen möchten.
von Philipp Genetti