Unterwegs in Völlan & Tisens-Prissian

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Unterwegs in Völlan & Tisens-Prissian

Wir laden Sie ein zu einem Rundgang durch Völlan, Tisens und Prissian: Seit der Eröffnung der Gampenpassstraße im Juni 1939 sind die beiden Orte von Lana aus problemlos mit dem Auto zu erreichen. Von Nals führt eine Straße nach Tisens-Prissian und verbindet die Gemeinde mit dem unteren Etschtal.

Burgen und Schlösser als einstige Adelssitze

Der Standort Völlan ist eine Fraktion der Marktgemeinde Lana und liegt rund 700 Meter über dem Meeresspiegel. Ihre Siedlungsgeschichte reicht bis in das Frühmittelalter zurück, wobei die meisten historischen Höfe germanischen Ursprungs sind. 1815 wurde Völlan ein Teil der neugegründeten Gemeinde Tisens. Vierzig Jahre später erhielt Völlan eine eigene Gemeindeverwaltung. Ihre Eigenständigkeit erlosch wieder nach der Angliederung Südtirols an Italien im Jahre 1919. Denn von nun an hatte die bevölkerungsarme Gemeinde kein Recht mehr auf eine eigene Verwaltung und wurde 1929 zu einer Fraktion der Marktgemeinde Lana.

 

Die Pfarrkirche St. Severin und die St.-Georg-Kirche
Eines der eindrucksvollsten Gebäude von Völlan ist die Pfarrkirche St. Severin, deren erstmalige urkundliche Erwähnung auf den 4. Januar 1295 zurückgeht. Der Kern des Gotteshauses ist vermutlich noch deutlich älter. Die Kirche in gotischem Stil wurde am 22. März 1433 neu geweiht. Der gegen Osten über einen Rundbogen geöffnete alte Chor erinnert noch heute an die ursprüngliche Bauweise. Das Kirchenschiff erhielt 1760 sein heutiges Erscheinungsbild und wurde 1957/58 verlängert. Die Leitung der Kirchengemeinde obliegt heute dem Deutschorden. Als Pfarrer dient seit 2015 Pater Martin Steiner.
Ein weiteres geschichtsträchtiges Gotteshaus befindet sich an der Dorfeinfahrt oberhalb der Gampenpassstraße. Es ist die Kirche St. Georg. Archäologische Funde aus den 1980er Jahren belegen, dass sich an dieser Stelle bereits eine frühmittelalterliche Holzkirche befand, die wohl um 800 nach Christus erbaut worden war. Noch im selben Jahrhundert soll die Holzkirche dann durch eine gemauerte Kirche ersetzt worden sein, die mit drei halbrunden Absiden erbaut wurde. Eine Besonderheit der St.-Georg-Kirche sind die noch gut erhaltenen mittelalterlichen Fresken aus dem 15. Jahrhundert.

 

Die Festungsruine Mayenburg
Ein bekanntes Wahrzeichen von Völlan ist die Festungsruine Mayenburg. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Anlage 1241 als „castrum de Uollan“ (Burg Völlan). Ihre Ursprünge werden allerdings bereits vor 1200 vermutet. Die Mayenburg war ein zentraler Bestandteil des Befestigungssystems der Grafen von Eppan und hatte ihrerseits die Funktion als Haupt- und Verwaltungsburg für den ausgegliederten Gerichtssitz Maienberg-­Ti­sens. Nach dem Aussterben der Herren von Mayenburg ging die Burganlage 1253 in den Besitz der Grafen von Tirol über und diente eine Zeitlang als Standort der Meraner Gerichtsbarkeit. Allerdings wurden am Gericht Mayenburg nur jene Verbrechen behandelt, die nicht mit dem Tode zu bestrafen waren.
Unter der Regentschaft von Ludwig V., Markgraf von Brandenburg, erhielt die eingewanderte schwäbische Ritterfamilie Hälen die Mayenburg als Lehen, wonach auch der Burgname „Mayenburch“ auftauchte. In der darauffolgenden Zeit wechselte die Mayenburg mehrmals ihre Besitzer. Nachdem die Burg 1648 von Franz und Karl Ferdinand Lidl an Veit Benno, Graf und Herr zu Brandis, verkauft worden war, wurde die Anlage noch einmal erweitert. Ab dem 19. Jahrhundert verfiel die Mayenburg dann allmählich zur Ruine. Nachdem Josef Graf von Brandis das Lehen 1814 aufgelöst hatte, veräußerte er die Burg schließlich einem Bauern. Die Burg war allerdings noch bis 1825 durchgehend bewohnt, anschließend wurde der Schlossweiher vom Besitzer Johann Wieser zugeschüttet und das Dach abgetragen. Im Jahre 1922 erwarb der Meraner Arzt und Hotelier Josef Auffinger die Burg und ließ einen Teil davon renovieren. Die Holzschindeldächer, die den Bergfried bedecken, wurden 1975 von Auffingers Sohn Roland angebracht. Heute befindet sich die Mayenburg noch immer im Familienbesitz und ist für die Öffentlichkeit geschlossen.
Burgruine Werrenburg
Am nördlichen Ende von Völlan befindet sich eine weitere Burgruine. Hier befand sich einst die mittelalterliche Werrenburg, auch Turm von Völlan genannt. Die Burg war durch seine Lage wenig geschützt, verfügte aber über eine sehr gute Fernsicht auf das Etsch­tal. Der Turm hat vermutlich als Kreidfeuerstelle, d. h. als mittelalterliches Warnsystem vor anrückenden Feinden gedient. Seit 1908 war auch diese Burganlage in Besitz der Hoteliers- und Arztfamilie Auffinger. Detaillierte Baupläne aus dem Jahr 1910 belegen, dass die Familie beabsichtigt hatte, die Burg in romanischer Bauweise neu zu errichten, allerdings kam es durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges nicht mehr dazu.

Das Völlaner Bauernmuseum
Rund um die Dorfmitte befinden sich viele weitere historisch wertvolle Gebäude, wie beispielsweise der an die St.-Severin-Kirche anschließende Kirchhof mit seinem malerischen Barockfresko aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Ein wenig unterhalb der Kirche und dem angrenzenden Gasthof Kirchsteiger befindet sich im Nebengebäude des alten Widums das Völlaner Bauernmuseum. Die Idee stammt von dem einst in Völlan ansässigen Bundesdeutschen Horst Griesner und dem Bauern und Heimatpfleger aus Völlan, Karl Frei. Pfarrer Pater Rudolf Lant­schner unterstützte die beiden bei ihrem Vorhaben und stellte das Nebengebäude des Widums für die Realisierung des Völlaner Bauernmuseums zur Verfügung. Die Restaurierungsarbeiten für das Völlaner Museum wurden im Sommer 1977 abgeschlossen. Seitdem ist das Museum geöffnet und vermittelt Besuchern einen Einblick in das historische Bauernwesen des Burggrafenamtes. Im Museum be­finden sich auch einige besondere Raritäten, wie eine chronologische Galerie der Päpste von Petrus bis Leo XIII. Das Museum ist von Ostern bis Allerheiligen am Dienstag-, Freitag- und Samstagnachmittag geöffnet.

Lebensqualität in Völlan
Die rege Vereinskultur steht für die Lebensqualität in Völlan. Sowohl der aktive Amateur-Sportverein Völlan, die Freiwillige Feuerwehr, der Völlaner Theaterverein als auch der lokale Kirchenchor und die Bürgerkapelle tragen dazu bei, das Dorfleben durch zahlreiche Veranstaltungen über das ganze Jahr zu bereichern. Zur Verfügung steht den Völlanern dabei ihr Dorfgemeinschaftshaus mit seinem 2009 neugestalteten Vorhof. Hier werden beispielsweise Konzerte, Ehrungen, Jubiläumsfeiern für Vereine und die bekannten Kastanientage „Keschtnriggl“ ausgetragen. Bis 2014 fanden im Vereinshaus auch die „Arminfeiern“ statt. Grund dafür waren die seit 1992 fast alljährlich neuen Erfolge des weltbekanntesten Rodlers und Völlaners Armin Zöggeler.

Wirtschaft in Völlan
Die Wirtschaft in Völlan wird vor allem vom Fremdenverkehr und der Landwirtschaft angetrieben. Allerdings haben sich im Ort auch viele Handwerks- und Gewerbebetriebe niedergelassen. Für Einheimische ist besonders das Lebensmittelgeschäft „Zum Thurner“ unabdinglich. Seit August 2009 befindet sich das traditionsreiche Unternehmen im neuen Geschäftsgebäude neben dem Widum. Gleich neben dem Lebensmittelgeschäft liegt auch ein Friseursalon. Für die Eigenständigkeit des Ortes steht eine Metzgerei, eine Filiale der Raiff­eisenkasse Lana sowie ein Tourismusbüro des Tourismusvereins Lana.

Bildung und Gesundheitswesen
Für die Bildungslandschaft in Völlan stehen sowohl der ortseigene Kindergarten, die Bibliothek Völlan sowie der Schulkomplex der Grundschule Völlan. Unweit der Grundschule befindet sich das Pflegezentrum St. Josef, welches von den Deutschordensschwestern von Lana betrieben wird und einen besonders ruhigen Rückzugsort für Senioren und Pflegebedürftige bietet.

Das Völlaner Badl
Ein Ort für Gesundheit ist das 1816 errichtete „Völlaner Badl“. Kurz vorher hatte der Bozner Stadt­arzt Josef Oedel in seinem Gutachten über die nahe des Badls befindende Quelle geschrieben und deren heilkräftige Wirkung gegen Gliederschmerzen, Ausschlagkrankheiten sowie Lähmungen bestätigt. Verantwortlich dafür sind angeblich kohlesaures Natrium, Bittersalz, Kochsalz und eine geringe Menge Alaun. Alle diese Bestandteile wurden schon früh im „Badl-Wasser“ nachgewiesen, wie es Johann Jakob Staffler bereits 1846 in seinem Landesbericht dokumentierte.

Tisens erfreut sich großer Beliebtheit bei Einheimischen und Gästen

Tisens
Wenige Wanderminuten nach dem Völlaner Badl gelangt man auf das Gemeindegebiet von Tisens. Die Gemeinde Tisens besteht aus dem Hauptort Tisens und den Fraktionen Prissian, Grissian, Schernag, Naraun, Gfrill und Platzers. Besondere Bekanntheit erhielt Tisens vor allem durch die heimische Tisner Edelkastanie, welche im Rahmen der Veranstaltung „Keschtnriggl“ alljährlich im Oktober angeboten wird.

Der Name Tisens
Der Südtiroler Sprachwissenschaftler Egon Kühebacher vermutet eine Namensverwandtschaft zu den vorrömischen Personennamen „Tiso, Tesinus oder Tisinus“, demzufolge der Ortsname so viel wie „Besitz eines Tiso“ bedeutet haben könnte. Sicher ist nur, dass der Standort sich seit jeher besonderer Beliebtheit erfreute. Das beweist auch die Siedlungsgeschichte der Gemeinde Tisens.

Vorgeschichtlicher Siedlungsort St. Hippolyt
Die Siedlungsgeschichte der Gemeinde Tisens reicht weit in die Steinzeit zurück und lässt sich an den archäologischen Funden rund um die Anhöhe von St. Hippolyt in der Fraktion Naraun belegen. Von neolithischen Steinwerkzeugen über bronzezeitliche Keramiken bis hin zu Waffen- und Schmuckfragmenten der frühen vorrömischen Eisenzeit reicht das Fundbild über alle Kulturepochen.

Das Burgendorf
Im Mittelalter zog es vor allem den Adel nach Tisens. Die zahlreichen Burgen, Schlösser und Ansitze erzählen heute noch davon. Besonders eindrucksvoll sind die Anwesen Fahlburg, Schloss Katzenzungen, Schloss Zwingenburg, Schloss Wehrburg sowie die beiden Ruinen Kasatsch, auch bekannt als Pfeffersburg, und die Ruine Schloss Holz. Vor allem die Fahlburg und Schloss Katzenzungen wurden beliebte Veranstaltungsorte für verschiedene Festlichkeiten, von Konzerten bis hin zu Hochzeiten. Gleich unterhalb von Schloss Katzenzungen befindet sich die älteste und größte Rebe der Welt. Die Rebe wird heute von der Laimburg gepflegt. Ihr Alter beträgt über 360 Jahre.

Hochburg für Kirchengeschichtler
Aufgrund seiner hohen Anzahl an Kirchen und Kapellen ist die Gemeinde Tisens auch ein beliebtes Ausflugsziel für Kirchengeschichtler. Eine besondere Rarität befindet sich in der 1146 erstmals erwähnten Pfarrkirche Maria Himmelfahrt im Hauptort Tisens. Es ist wohl das schönste Glasgemälde Tirols und wurde um 1520 von der Augsburger Schule angefertigt.

Gesundheitswesen und die neue Kinderpalliativstation
Im Bereich Gesundheit ist die Gemeinde Tisens vor allem für den Standort der modernen Sanitätseinrichtung Salus-Center bekannt. Die Klinik mit Rehabilitationszentrum wurde 2013 errichtet und befindet sich in der Fraktion Prissian. Eine weitere Gesundheitseinrichtung soll außerdem bis 2023 auf einer freien Fläche nahe der Fachschule Frankenberg in Tisens entstehen. Geplant ist eine Palliativstation für Kinder. Dabei soll die Einrichtung vor allem „zur Entlastung der Familie, zur Gestaltung von Übergängen aus der Akutversorgung nach Hause und zur Unterstützung in der Krankheits- und Krisenbewältigung der Familie dienen“, wie es Landesrätin Martha Stocker in einem Interview im Juli 2018 erklärte.

Bedeutender Tisner: Kanonikus Michael Gamper

Kanonikus Michael Gamper
Die bekannteste historische Persönlichkeit von Tisens-Prissian ist der Priester und Publizist Kanonikus Michael Gamper (1885-1956).
Seine unermüdlichen Bemühungen für die deutsche und ladinische Volksgruppe und sein andauernder Widerstand gegen die nationalsozialistischen und faschistischen Ideologien der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind Teil der Südtiroler Landesgeschichte. Sein Lebenswerk wurde 2014 in der Doku-Fiktion „Heimat Südtirol – Kanonikus Michael Gamper“ erstmals verfilmt. In der Hauptrolle als erwachsener Michael Gamper ist darin der Südtiroler Schauspieler Riccardo Angelini zu sehen.

 

von Philipp Genetti