Der Schnatterpeckaltar, das Südtiroler Obstbaumuseum, ein Golfplatz und viele attraktive Betriebe finden sich in Niederlana.
Niederlana wurde 1850 mit Vill und Oberlana zur Großgemeinde Lana zusammengeschlossen. Im selben Jahr wurde Lana zum Standort des Bezirksgerichtes. Mit der Regulierung der Etsch 1875 bis 1896 und dem Bau der Eisenbahnlinie Bozen-Meran 1881 nahm das Ansehen der Gemeinde als Wirtschaftsstandort schnell zu. Nachdem der Export von Waren durch die direkte Anbindung an das internationale Zugverkehrsnetz bis nach Russland garantiert war, wurden immer mehr brachgelegene Grundstücke als landwirtschaftliche Flächen genutzt. Die Entwicklung ging so schnell voran, dass man in Lana bereits 1884 das erste private Obstmagazin erbauen ließ und noch im selben Jahr die „Oberetschtaler Früchte-Export-Gesellschaft“ gründete, um die Erzeugnisse dem internationalen Markt anzubieten. Auch für das Gewerbe und den Tourismus wurde die junge Großgemeinde immer attraktiver, sodass die amtliche Statistik im Gerichtsbezirk 1910 bereits 580 gewerbliche Betriebe zählte.
Pfarrkirche Niederlana
Nachdem sich der wirtschaftliche Ortsteil Lanas immer mehr nach Oberlana verlegt hatte, behielt der historische Ortskern von Niederlana vor allem durch die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt seine Bekanntheit. Die Entstehung der Kirche geht auf einige römische Häuser zurück, die sich Grabungen zur Folge unterhalb der heutigen Sakristei befanden. Darauf entstanden nacheinander mehrere Kirchenbauten. Dazu zählen eine romanische und eine gotische Vorgängerkirche.
Die heutige Pfarrkirche wurde 1492 geweiht und ist ein Juwel der Spätgotik. Als Baumeister kommen Hans Huber, der Erbauer der Wallfahrtskirche von Unsere Liebe Frau im Walde oder Stefan Tobler, der Geselle von Stefan von Burghausen, welcher 1476 die Meraner Pfarrkirche mit einem ähnlichen Netzrippengewölbe formte, in Frage. Eine Besonderheit an der Kirche ist, dass sie nach ihrer Errichtung von jeglichen späteren baulichen Veränderungen verschont geblieben ist und damit ein einzigartiges Denkmal der Tiroler Spätgotik darstellt. Einzig die Vorhalle mit den toskanischen Säulen, dem Rundbogen- und Kreuzgratgewölbe stammt aus einer späteren Zeit.
Der Schnatterpeckaltar
Im inneren der Pfarrkirche befindet sich der prachtvoll vergoldete „Schnatterpeckaltar“. Es handelt sich dabei um ein Meisterwerk des schwäbischen Bildhauers Hans Schnatterpeck und seinen Gesellen. Der Altar wurde in den Jahren 1503 bis 1511 in Schnatterpecks Werkstatt gefertigt. Dabei beliefen sich die Kosten auf 1600 Rheinische Gulden, was dem damaligen Wert von drei Bauernhöfen und dazu acht Fuhren Wein entsprach. Es ist die höchste Summe, die jemals in Tirol für einen spätgotischen Flügelaltar bezahlt wurde. Der Hochaltar befindet sich seit dem 16. Jahrhundert in der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt und wurde selbst in Zeiten des Krieges nie entfernt. Er zählt heute noch als größter gotischer Altar im Alpenraum und gehört zu einem der fünf größten Flügelaltäre im gesamten deutschen Sprachraum. Außer von Aschermittwoch bis Ostern bleibt der Altar das ganze Jahr geöffnet. Außerdem werden in Lana mehrere kunstgeschichtliche Führungen zum Altar angeboten.
Das Südtiroler Obstbaumuseum
In unmittelbarer Nähe der Pfarrkirche befindet sich das Südtiroler Obstbaumuseum Lana. Seinen Ursprung nahm das Museum durch die Gründung des „Museumsvereins Lana“ im Januar 1981. Die Gründungsmitglieder waren Hans Telser, Christoph Gufler, Eduard Gruber, Anton Margesin, Maria Esser, Gottfried Innerhofer und Anton Weger. Ziel und Zweck des Lananer Museumsvereins war und ist das Sammeln und Bewahren heimischen Kultur- bzw. Volksgutes. 1983 fand man im historischen Ansitz „Larchgut“ einen geeigneten Standort für das „neue“ Obstbaumuseum. In den darauffolgenden Jahren wurde das Gebäude unter fachkundiger Beratung des Landesdenkmalamtes und mit großzügiger Unterstützung der Gemeinde Lana restauriert und für seine neue Zweckbestimmung umgestaltet, sodass es 1990 eröffnet werden konnte. Seitdem bietet das Museum seinen Besuchern zahlreiche bäuerliche, handwerkliche und volkskundliche Kulturgüter aus den vergangenen 150 bis 200 Jahren zur Besichtigung an. Der Großteil der Sammlung wurde aus Lana und den umliegenden Gemeinden zusammengetragen und thematisiert den Südtiroler Obstbau und die Landwirtschaft wie den Weinbau, Ackerbau und die Viehzucht. Ein kleinerer Teil der Ausstellung widmet sich dem Brauchtum und der Hauswirtschaft. Für Chronisten und Heimatkundler interessant ist außerdem die große Foto-, Objektiv- und Archivsammlung zu Lana und Umgebung. Ab 18. März ist das Museum wieder bis November geöffnet.
Niederlana und sein Golfplatz
Ein weiterer Grund, den historischen Ortskern von Niederlana zu besuchen, ist der Golfclub. Der knapp 2,8 km lange 9-Loch-Parcour wurde von dem renommierten englischen Golfplatzdesigner Michael Pinner entworfen. Er war unter anderem ein Mitarbeiter des international führenden Golfplatzarchitekten Jack Nicklaus, der unter Golfern besser bekannt als „The Golden Bear“ ist. Die Golfanlage wurde am 29. August 1998 mit einem Golfturnier feierlich eröffnet und bietet mit einer eigenen Golfschule sowohl Anfängern als auch Fortgeschrittenen ideale Bedingungen zum Golfen. Ein Gourmet-Restaurant und ein traditioneller Keller laden zur Einkehr.
Die Ruine Brandis
Oberhalb des Golfclubs befinden sich die Überreste der Stammburg der Herren von Lana, Burg Brandis. Seit 800 Jahren befindet sich die Burg in Besitz der Grafen Brandis und bestand ursprünglich aus einem freistehenden Bergfried, einem Wohnhaus mit Burgeingang und einigen Wirtschaftsgebäuden. Zudem wurde sie von einer weitläufigen Ringmauer umschlossen.
Nach der Überlieferung soll das einst prächtige Schloss um 1179 von dem Grafen Heinrich Brandis an den bereits bestehenden Turm angebaut worden sein. Um 1500 folgte der Bau der Kapelle in der Burgmitte. Nachdem 1807 ein Teil des inzwischen rissig gewordenen Turms auf das Wohngebäude stürzte und die Frau des Schlossverwalters dabei tödlich verunglückte, veranlasste Graf Brandis auf einer nahen Anhöhe den Bau eines neuen Schlosses, genannt Neu-Brandis. Heute erinnert noch die Ruine Brandis an die prunkvollen Zeiten des Anwesens. Die Burg kann mit Erlaubnis des jetzigen Grafen besichtigt werden.
Das kleine Museum in der Bindergasse
Ein weiteres Museum in Niederlana befindet sich in der Bindergasse. Hier betreibt der passionierte Chronist und Militärsammler Alexander Schwabl seit 1991 sein kleines Museum für Zeitgeschichte, mit Schwerpunkt auf dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Über 2500 Fotos und Dokumente befinden sich in Schwabls Sammlung. Dazu gesellen sich unzählige Uniformen, Ausrüstungsgegenstände, feines Porzellan mit Porträts gekrönter Häupter und mehrere Propagandaplakate, die auf einer Ausstellungsfläche von 35 m2 gezeigt werden. Es handelt sich vor allem um Relikte aus Lana, Südtirol und zum kleinen Teil aus ganz Tirol, so der Kurator.
Wirtschaftsstandort Niederlana
Die Wirtschaft von Niederlana konzentriert sich heute vor allem auf das Gebiet entlang der Bozner Straße. Besonders markant sticht dabei das Gebäude der Obstgenossenschaft Lanafruit hervor. Mit einer Anlieferungsmenge von über 50.000 Tonnen Äpfel zählt sie zu den größten Obstgenossenschaften Südtirols. Die Genossenschaft entstand 2009 aus der Fusion der Obstgenossenschaften Pomus und Lanafrucht. In Anbetracht der unmittelbaren Nähe zu Lanafruit wird verständlich, weshalb die im selben Jahr auf dem Kreisverkehr errichtete Kunstskulptur des Künstlerpaares Erika Inger und Wolfgang Wolfahrt als „geschälter Apfel“ erkannt wird. In der angrenzenden Zollstraße befindet sich seit 2002 auch eine Grundschule mit Turnhalle.
Handwerkerzone und LanaSüd
Zwei weitere besondere Standorte der Wirschaft von Niederlana sind die Handwerkerzone in der Luis-Zuegg-Straße und der Gewerbepark LanaSüd. Letzterer wurde von dem gleichnamigen Konsortium verwirklicht, zu welchem sich 2002 mehrere Handwerker zusammengeschlossen haben. Im Gegensatz zu bisherigen Gewerbezonen musste das Konsortium um Obmann Martin Platter, seine Stellvertreterin Annemarie Kofler und die Vorstandsmitglieder Erich Romen, Markus Hofer und Christian Winkler die Zone von 22.000 m2 übernehmen und selbstständig für die Verwirklichung des Gewerbeparks sorgen. Es wurden breite Straßen angelegt, ausreichende Rangierflächen, Parkplätze und Betriebshallen von hoher Arbeits- und Wohnqualität geschaffen und ein nachhaltiges Energiekonzept realisiert. Heute hat sich der Gewerbepark LanaSüd zu einem attraktiven Gewerbegebiet für das Handwerk und die Dienstleistung entwickelt.
Sportzone und der Sitz der Wasserrettung Südtirol
Unterhalb der Obstgenossenschaft Lanafruit befindet sich die Sportzone Lana mit zahlreichen Fußballplätzen, Volleyballfeldern, einer großzügigen Sportanlage und gegenüberliegend einem modernen Freibad. Unmittelbar an der MeBo-Auffahrt hat sich auch die Wasserrettung, Bezirk Meran niedergelassen. Die 2001 gegründete Einheit besteht aus freiwilligen Mitgliedern, die eine Ausbildung zum Einsatztaucher und Fließwasserretter haben. Einige darunter verfügen über spezielle Ausbildungen in Höhentauchen, Eistauchen, Trockentauchen, Tauchen mit Vollgesichtsmaske und Ultraschall-Unterwasserkommunikation. Die unmittelbare Nähe zur MeBo ermöglicht es schnellstens zum jeweiligen Einsatzort zu gelangen. Das ist wichtig, da das Einsatzgebiet der Wasserrettung Meran das Burggrafenamt und den Vinschgau inklusive aller Nebentäler umfasst. An den Tagen der offenen Tür kann die Rettungseinheit sogar besichtigt werden.
von Philipp Genetti