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Solland Silicon

Tickende Zeitbombe, Gefahr für unsere Gesundheit, so schnell wie möglich abbauen, fordern die Einen. Moderner Industriebetrieb, der den höchsten Sicherheitsansprüchen entspricht, sagen die Anderen. Das Chemiewerk – eigentlich sind es zwei – vor den Toren der Stadt erhitzt schon lange die Gemüter. Rückblick auf eine unglaubliche Geschichte.

Die letzten Wochen sind filmreich. Die MEMC, so kennen wir alle das Chemieunternehmen in Sinich, füllt die Schlagzeilen der Medien. Dass es sich dabei aber um zwei Werke handelt, ist weniger bekannt. Auf dem 100.000 m² großen Firmengelände an der südlichen Stadt­einfahrt von Meran befinden sich nämlich seit 2014 zwei unterschiedliche Betriebe, die zwar beide Chemieerzeugnisse herstellen, jedoch voneinander unabhängig sind. Der eine Betrieb, die SunEdison bzw. MEMC arbeitet nach wie vor und beschäftigt rund 200 Mitarbeiter. Sie gehört zu einem der weltgrößten Silizium-Produzenten, der Global Wafers. Im anderen Betrieb, der Solland Silicon, die sich in einem Konkursverfahren befindet, steht die Produktion schon lange still. Allein die rund 77 Mitarbeiter, die für die Sicherheit sorgen, sind noch beschäftigt. Ursprünglich gehörten beide Werke aber zur MEMC.

Der Verkauf an Solland
Im Dezember 2014 schloss SunEdison/MEMC mit der Gesellschaft Solland Solar von Massimo Pugliese aus Kampanien über das Wirtschaftsministerium ein Abkommen zum Verkauf des Produktionszweiges für polykristallines Silizium, das vor allem in Solarzellen Anwendung findet. Der äußerst ehrgeizige Geschäftsplan von Pugliese sah die Übernahme aller 157 Mitarbeiter des Werkbereichs innerhalb Juni 2015 vor. Die Produktion sollte bis Jahresende 4000 Tonnen erreichen und innerhalb kurzer Zeit sollten 43 weitere Mitarbeiter eingestellt werden. Und dies, obwohl jeder wusste, dass die Lage des Solarsektors schon seit Längerem kritisch war. Die weltweite Nachfrage nach Solarplatten war stark rückgängig. Die harte internationale Konkurrenz und die Einstellung der staatlichen Förderungen für die Installation von Photovoltaikanlagen haben dem gesamten Sektor den Gnadenstoß versetzt. Die stillgelegten Produktionszweige waren aber für die SunEdison bzw. MEMC mittlerweile zu einem Kostenfaktor geworden, den der internationale Konzern nicht mehr zu tragen gewillt war. SunEdison war sich bewusst, dass die Einstellung der nicht mehr rentablen Polysilizium-Produktion hohe Kosten für die Bodensanierung des Geländes bedeutet hätte. Daher sah sie im Verkauf des Produktionszweiges an die Solland Solar/Silicon eine vorteilhafte Lösung. Von Verkauf konnte man eigentlich nicht sprechen, eher wohl von einem Geschenk mit Altlasten, das der kampanische Unternehmer allzu gern annahm. Bald schon kam aber die nackte Wahrheit ans Licht. Pugliese war kein seriöser Partner, er kaufte schwächelnde oder marode Betriebe auf, verleibte sie ausländischen Gesellschaften ein und versuchte, öffentliche Beiträge zu ergattern. Dieses Spiel spielte er auch in Sinich: Mitarbeiter wurden nicht bezahlt, das Unternehmen wurde ausgeblutet, und nachdem die öffentlichen Beiträge ausblieben, meldete er Konkurs an.

Der Konkurs von Solland
Im September 2015 kam also das Aus für Solland Silicon. Bereits damals wurden erste Rufe im Burggrafenamt, allen voran von Merans Bürgermeister Paul Rösch, nach einem Abbau des Werks laut. Für die Landesregierung damals aber noch keine Option: Eine Betriebsschließung sei nicht sinnvoll, weil es sich bei Solland Silicon um einen hochmodernen Betrieb handle, in den viel Geld investiert worden sei und dessen Produkte sehr wohl eine Zukunft und einen Markt hätten, hieß es damals noch aus Bozen. Eine Schließung des Solland-Werkes ist tatsächlich mit erheblichen technischen Schwierigkeiten verbunden. Die Trichlorsilanvorräte (kurz TCS), die im Werk in großen Mengen lagern, müssen entfernt werden. Hierbei handelt es sich um eine Tätigkeit, die großes technisches Know-how verlangt. Eines steht fest: In zwei Monaten lässt sich das Solland-Werk nicht schließen. Das gesamte Verfahren nähme mindestens mehr als ein Jahr in Anspruch, heißt es in Fachkreisen.

Die Sicherheitsdiskussion
Die Diskussion um die Sicherheit bzw. die potentiellen Gefahren für die Stadt Meran und deren Einwohner hängt eng mit der chemischen Beschaffenheit des Trichlorsilans, einer Verbindung, die durch die Reaktion von Chlor­wasserstoff mit Silizium gewonnen wird. Kommt die Substanz mit der Luft in Kontakt, können spontane Entzündungen auftreten. Die Dämpfe von Trichlorsilan sind schwerer als die Luft und lagern sich deshalb am Boden an. TCS ist ätzend, hochentzündlich und reagiert mit Wasser gefährlich, zumal giftige Gase entstehen. Gefahren für die menschliche Gesundheit entstehen beim Einatmen sowie beim Schlucken des Stoffes. Das klingt recht dramatisch. Allerdings sind die Sicherheitsvorkehrungen enorm und die Fachkreise sich einig: Eine solche Anlage wie die in Sinich kann reibungslos geführt werden, selbst wenn in der Produktion Chemikalien verwendet werden, von denen potentielle Gefahren ausgehen können.

Chronik der letzten Ereignisse
März 2019: Das Meraner Siliziumwerk Solland Silicon wird nun doch weitergeführt, ist in den Medien zu lesen. Ein Industrieunternehmen aus dem Emirat Katar will den seit Jahren stillstehenden Chemiebetrieb in Sinich übernehmen. Die Konkursrichterin Francesca Bortolotti erklärt das vorliegende Kaufangebot in Höhe von 5 Millionen Euro für gültig. Zivilschutzlandesrat Arnold Schuler reagiert verhalten auf den bevorstehenden Verkauf von Solland Silicon. Man habe nicht mehr mit einem Angebot gerechnet, erklärt Schuler. Das Land habe laut Schuler bisher bereits mehr als 20 Millionen Euro in die Sicherheit des Siliziumwerks in Sinich investiert.
Mai 2019: Konkursrichterin Francesca Bortolotti hat eine Fristverlängerung für das Unternehmen aus Katar abgelehnt, welches das Siliziumwerk Solland Silicon in Sinich ersteigert hat. Wie berichtet, ist der Verkauf geplatzt, weil der volle Kaufpreis von fünf Millionen Euro nicht termingerecht überwiesen worden war. Die Anzahlung von 500.000 Euro wird einbehalten – zugunsten der Gläubiger des Siliziumwerkes. Damit wurde wohl ein Schlussstrich unter das Kapitel gezogen. Landeshauptmann Arno Kompatscher hatte bereits den Abbau der Solland Silicon und die Bonifizierung des Geländes gefordert. Der Landeshauptmann ist überzeugt, dass das Gelände von einheimischen Betrieben besser genutzt werden kann. Auch Merans Bürgermeister Paul Rösch bezeichnete den Indus­triekomplex in einem offenen Brief an die Minister Luigi Di Maio und Riccardo Fraccaro als „offensichtliche Gefahrenquelle für die lokale Bevölkerung und den gesamten Bezirk“.
Stellungnahme der Bürgermeister im Bezirk: „Viel besser wäre, man würde das Gelände sanieren und der heimischen Wirtschaft zur Verfügung stellen. Die durch die Schließung von Solland Silicon verloren geglaubten Arbeitsplätze würden innerhalb kürzester Zeit durch heimische Betriebe kompensiert werden“, zeigt sich Bezirkspräsident Kröll sicher, der damit auch Paul Rösch, dem Bürgermeister von Meran, den Rücken stärkt. Einverstanden wäre Schennas Bürgermeister Alois Kröll hingegen mit einer Versteigerung der Immobilie mit der Auflage der Sanierung des Geländes. „Es wäre dies die beste Lösung für den gesamten Bezirk und auch für das Land, zumal dieses die hohen Kosten für die Sicherung der Anlage trägt“, so Kröll.

Juni 2019: Der Investor selbst ist bislang in Südtirol nicht öffentlich in Erscheinung getreten. Es ist ein Ingenieur mit Schwerpunkt Solartechnologie aus Katar und agiert für das Unternehmen B.S.T., das die Versteigerung des insolventen Siliziumwerks Solland Silicon gewonnen hat und dem nun in einer dramatischen nächtlichen Verhandlungsrunde eine weitere Frist zur Überweisung der Sicherheitskosten und des restlichen Kaufpreises eingeräumt wurde. In letzter Minute (31. Mai um Mitternacht) wurde zur Wahrung der Sicherheit im Siliziumwerk ein handschriftliches Abkommen unterzeichnet, das von Konkursrichterin Francesca Bortolotti mitgetragen wird. Die Verträge mit den Sicherheitsbeauftragten waren mit 31. Mai Mitternacht ausgelaufen und alle Arbeiter somit entlassen. Das hätte bedeutet, dass für das Chemiewerk keine Sicherheit mehr gewährleistet worden wäre. Der einzige Ausweg war somit die Wiedereinstellung der Sicherheitskräfte am 1. Juni. Diese verlangten aber auch die Fristverlängerung für den Verkauf von Solland an den Katarer Investor. Der Landeshauptmann nimmt dazu Stellung: „Wir haben uns heute Nacht nach direkten Verhandlungen mit den Arbeitern darauf verständigt, dass die Beschäftigten des Werkes weiterhin für die Sicherheit sorgen und die Entleerung in die Wege leiten. Gleichzeitig wird dem an der Übernahme interessierten Unternehmen B.S.T. aus Katar eine Frist von zehn Tagen eingeräumt, um die Betriebs- und Sicherheitskosten für den Monat Juni in Höhe von 500.000 Euro zu überweisen. Bis zum Monatsende bleibt dann Zeit, die restlichen 4,5 Millionen Euro für die Betriebsübernahme zu bezahlen“, erklärte der Landeshauptmann. Erfolgt dies nicht innerhalb der genannten Fristen, werde der Betrieb definitiv stillgelegt.

Wie geht es weiter?
„Derzeit befinden sich noch 260 Tonnen von ursprünglich 800 Tonnen Trichlorsilan im Siliziumwerk in Sinich“, informierte der für Bevölkerungsschutz zuständige Landesrat Schuler. Für die Sicherheit gibt das Land täglich 15.000 bis 20.000 Euro aus. Die Entleerung wird in zwei Phasen durchgeführt. In einer ersten Phase werden die 76 verbliebenen Arbeiter das Werk stilllegen. In einer zweiten Phase wird die gefährliche Chemikalie Trichlorsilan aus dem Werk abgeleitet. Dafür werden rund 50 Arbeiter für weitere acht Monate beschäftigt. Die Kosten für die Entleerung werden auf 9,85 Millionen Euro geschätzt, wobei weitere 5,3 Millionen Euro an Energiekosten zu Lasten des Landes hinzukommen werden. Der Verkauf der verfestigten Silane dürfte Einnahmen in Höhe von 1,5 Millionen Euro bringen, die von diesem Betrag abzuziehen wären. Für die Nachfolgezeit gibt es nach Aussagen von Landeshauptmann Kompatscher zwei Optionen. Entweder es erfolgt eine Ausschreibung, in der das Gewinner-Unternehmen dazu verpflichtet wird, das Gelände zu sanieren, bevor es Gewerbegebiet wird, oder das Gelände bleibt in der Masseverwaltung, bis eine andere Lösung gefunden wird. Die Bürgermeister des Burggrafenamtes bevorzugen eine Ausschreibung für ein Gewerbegebiet für kleinere und mittlere Unternehmen mit der Auflage der Sanierung des Geländes.

Resümee
Silizium ist unentbehrlich für das Funktionieren elektronischer Geräte. Viele Gegenstände des Alltags, vom Auto, Smartphone, Computer bis zu medizinischen Geräten, brauchen Microchips, die ohne Siliziumblättchen gar nicht funktionieren würden. Um aber Silizium mit einem 99,999-prozentigen-Reinheitsgehalt zu erhalten, braucht es einen chemischen Prozess mit Trichlorsilan. Niemand möchte eine Chemiefabrik vor seiner Haustür. Das ist verständlich. Die moderne Technik kommt ohne kristallines Silizium aber nicht aus. Dessen Produktion dorthin zu verlagern, wo weniger „Aufregung“ herrscht, also in die Schwellenländer dieser Erde, ist ethisch nicht vertretbar. Der Schwarze Peter wurde in den vergangenen Wochen den Sicherheitsleuten bei Solland zugeschoben. Der Mohr scheint seine Schuldigkeit getan zu haben. Verzwickt ist die Geschichte allemal. Das Firmengeflecht, das hinter dem Sinicher Chemiewerk in den vergangenen Jahrzehnten stand, ist komplex. Dazu kommt noch die Geschichte. 1924 begann das florentinische Chemieunternehmen Montecatini mit der Errichtung einer Stickstofffabrik für Kunstdünger und einer dazu gehörenden Wohnsiedlung für Arbeiter und Angestellte an der Mündung des Sinichbaches südlich von Meran.

Nach und nach wurde das Gelände erweitert, sodass eine kleine Siedlung entstand, wo die zunächst 650, Ende der dreißiger Jahre bis zu 1000 Arbeiter und Angestellten mit ihren Familien lebten. Der neue Ortsteil wurde von den Faschisten „Borgo Vittoria“ getauft. Zuvor waren die Sinicher Bauern mit billigen Abfindungen enteignet worden. 1966 übernahm Edison den Montecatini-Konzern und fusionierte zur Montedison AG. Es ist verständlich, dass vor diesem historischen Hintergrund die deutschsprachigen Südtiroler mit der Fabrik in Sinich eine leidvolle Erinnerung verbinden, während sie für viele Italiener zu einem neuen Zuhause wurde. Und so spiegelt sich im Sinicher Chemiewerk auch ein Teil Geschichte wider, die noch aufzuarbeiten ist. Neben lokal-regionalen Interessen spielen historisch gesehen also auch nationale Befindlichkeiten eine Rolle, und unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt bewegen wir uns auf internationalem Terrain bei dieser verzwickten Geschichte.

Nachtrag
Bei Redaktionsschluss melden die Medien, dass „Katar“ den Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen ist. Damit scheint Solland endgültig stillgelegt zu werden. Die Arbeiter, heißt es lapidar, sorgen in den kommenden Monaten für die Entsorgung des gefährlichen Trichlorsilan. Danach können sie sich, so laut Pressemitteilung, umschulen lassen.

 

„Keiner, der rechnet, investiert in diesen Betrieb“

Ing. Elmar Knoll

Dr. Ing. Elmar Knoll ist internationaler Experte für Gefahrgut und Arbeitssicherheit. Im Zuge seiner beruflichen Laufbahn war er als stellvertretender Direktor der Abteilung Zivilschutz, die er von 1987 bis zu seinem Abgang im Jahre 1996 aufbaute, leitendes Mitglied des Fachgremiums für große Gefahren, der „Comissione Grande Rischi“ (CGR) nach der Seveso-Richtlinie in Südtirol. Die BAZ sprach mit ihm über die Solland-Tragödie.
Herr Ing. Knoll, Sie waren leitendes Mitglied des Sicherheitsgremiums des Landes für das Sinicher Chemiewerk. Wie muss man sich dieses Gremium vorstellen und was ist seine Aufgabe?
Elmar Knoll: Die „Comissione Grande Rischi“, kurz CGR, wurde nach dem Chemieunfall in Seveso rechtlich für jede Provinz Italiens, in der das entsprechende Potential der Gefahr bestand, eingerichtet. Lange war unklar, wo dieses Fachgremium bei uns anzusiedeln sei, da sich ja niemand mit dieser heißen Kartoffel beschäftigen wollte. So haben wir damals zwischen den Abteilungen Zivil- und Brandschutz, Umwelt und Landschaftsschutz, Gesundheit, der Berufsfeuerwehr und dem Landesverband der Freiwilligen Feuerwehren eine Lösung gefunden und konnten so operativ werden. Die CGR hat auf Grund von Unterlagen und Begehungen das Risiko ermittelt und entsprechende Vorschläge erarbeitet. An diese musste sich dann der Betreiber halten.

Wie haben Sie Ihre Arbeit im Gremium in Erinnerung? Gab es zum Beispiel gefährliche Momente bei der Memc?
Im Gremium hatten wir eine klare Meinung, wenn auch wenige ab und zu zögerlich waren. Es war unser Ziel, die Sicherheit so zu erhöhen, dass das Restrisiko minimiert wurde. Nicht so einfach, aber das eine und andere ist gelungen. Wir schafften es über die verschiedensten Ämter Informationen über kleinere Havarien zu bekommen, auf die wir mit Vorschriften reagierten. An gefährliche Momente im Betrieb kann ich mich nicht erinnern. Es war uns aber bewusst, dass es wie in jedem Chemiebetrieb mit geringer Wahrscheinlichkeit, aber möglich, zu einem „Gau“ kommen konnte. Der Transport der Kesselwagons vom Bahnhof Untermais zum Werk in Sinich durch besiedeltes Gebiet (!!) war unsere größte Sorge, da bei einem Unfall die Interventionsmaßnahmen vor dem Werk um ein Vielfaches unwirksamer sind und die Einsatzkräfte vor unlösbare Probleme stellen können. Deshalb war damals eine unserer Forderungen nach einem eigenen Güterbahnhof in Sinich.

Wenn Sie heute in den Medien vom Zickzackkurs um die Solland lesen, was denken Sie darüber?
Ich bewundere den Schneid unseres Bürgermeisters, und für das Burggrafenamt ist die Auflassung der Produktion ein Toto-Zwölfer. Ich lehnte vor Jahren schon die wirtschaftlich-politischen Maßnahmen zur Potenzierung der Produktion um das Vierfache ab und hatte Gelegenheit mitzuhelfen, den urbanistischen Wahnsinn zu verhindern, das gesamte Betriebsareal mit einer Bebauungshöhe von 50 Metern zu beglücken. Man hat das dann schlussendlich nur für die 3 Kühltürme erlaubt.

Was ist an diesem Chemiewerk denn so gefährlich?
Der Antransport und die Lagerung des Grund­stoffes, des Trichlorsilans. Trichlorsilan ist eine farblose, rauchende Flüssigkeit, hat einen stechenden Geruch und ist hochentzündlich. Mit Wasser findet eine Brandreaktion statt, die sich erst mit viel Wasser legt oder durch viel Pulver, Zement oder trockenen Sand eingedämmt werden kann.

Welche Fehler wurden in der Vergangenheit gemacht?
Hätte den Betriebsverantwortlichen früher ein stärkerer fachlicher Wind mit Auflagen ins Gesicht geblasen, hätte sich der Betrieb sehr wahrscheinlich schon lange verabschiedet und sich nicht vervierfacht! Und nun kann es sein, dass mit Steuergeldern der gesamte Betrieb abgerissen werden muss.

Erklären Sie uns doch einmal, was in Sinich hergestellt wird bzw. hergestellt wurde?
Mit viel elektrischer Energie wird aus einem chemischen Gemisch ein Kristall gezogen, der dann geschnitten wird. Daraus entstehen Halbleiter für die Elektroindustrie, zum Beispiel für die Herstellung von Computern oder Photovoltaikplatten.

Im Unterschied zu Solland erwirtschaftet SunEdison nebenan heute satte Gewinne. Was wird hier produziert und ist dies weniger gefährlich?
Solland produziert Traktoren und SunEdison Ferraris für die Halbleitertechnik. Mit dem hochwertigen Produkt lässt sich der Markt gut bedienen, hingegen das minderwertige Produkt wurde aus Fernost in Preis und Qualität überholt. Der Ausgangsstoff ist mit dem Antransport – nun per Tankcontainer vom „porto intermodale“ in Trient – das Problem, obwohl die Behältersicherheit heute einen sehr hohen Standard erreicht hat und das Restrisiko gegen Null eingeschätzt werden kann. Aber der Teufel schläft nicht.

Den Solland-Arbeitern wird „Erpressung“ vorgeworfen, weil sie sich gegen die Stilllegung des Werks zur Wehr setzten. Zu Recht?
Alle Mitarbeiter finden in meinen Augen umgehend Beschäftigung, da der Markt nur so nach Fachkräften lechzt. Die Gewerkschaften, das ist ihr gutes Recht, tun hier das ihre dazu bei, anstatt froh zu sein, dass ihre Mitglieder in Zukunft in viel weniger problematischen Betrieben arbeiten können.

Welche Lösung ist für das Solland-Werk in Ihren Augen die beste?
Ich sehe die Lösung nur in der Auflassung des Betriebes, koste es, was es wolle. Es ist vollkommen unsinnig zu versuchen den Betrieb weiter zu fahren, er lag zu lange im Stand-by, und kein Mensch, der rechnen kann, wird hier Investitionen tätigen.

 

von Josef Prantl