Bildungsausschüsse und mehr: Es tut sich was.
Schulen, außerschulische Einrichtungen und nicht zuletzt die Bildungsausschüsse: Im Burggrafenamt wie in ganz Südtirol tut sich so einiges in Weiterbildung. Wirft man einen Blick auf die Bildungsvereine der Orte, dann erkennt man: Diese sind durchaus Garanten für die Pflege und den Erhalt der örtlichen Bildungslandschaft. Ehrenamtlich engagierte Menschen in den Bildungsausschüssen erfüllen die Dörfer mit Leben, mit vielfältigen unterschiedlichen Initiativen und tragen zur Förderung und Stärkung der örtlichen Gemeinschaft bei. Seit einigen Jahrzehnten sind sie eine nicht mehr wegzudenkende Größe im Südtiroler Dorfleben. Die Bildungsausschüsse werden von den Bezirksservicestellen des Landes koordiniert. Die Betreuer in den einzelnen Bezirksservicestellen vernetzen, koordinieren, beraten und betreuen die Vereine vor allem pädagogisch. Sie motivieren die ehrenamtlichen Mitarbeiter, sind Impulsgeber und Ansprechpartner für die Bildungsausschüsse selbst, für die Gemeinden und für das Amt für Weiterbildung. Ihre Aufgaben umfassen die pädagogische-inhaltliche Beratung, organisatorische Betreuung sowie Information und Berichtswesen. Im Burggrafenamt ist der Ultner Markus Breitenberger dafür zuständig. Der Sitz der Servicestelle befindet sich im Kultur.Lana am Hofmannplatz in Lana. Wir haben mit ihm über die Weiterbildung im Burggrafenamt gesprochen.
Wie steht es im Burggrafenamt um die Weiterbildung?
Markus Breitenberger: Das Burggrafenamt ist gut aufgestellt. Neben den verschiedenen hauptamtlichen Weiterbildungsorganisationen und den vielen Schulen mit ihren Angeboten gibt es speziell in den Dörfern so einiges. Ich selbst vom Bezirksservice Burggrafenamt darf 22 Bildungsausschüsse in den verschiedenen Gemeinden des Burggrafenamtes koordinieren und in ihrer wertvollen Tätigkeit begleiten. Es geht im Speziellen um Bildung vor Ort, um Dorfbildung. Und hier können wir sagen, es tut sich so einiges. Vom hintersten Passeiertal über den Tschögglberg bis nach Burgstall/Gargazon, vom Deutschnonsberg bis nach Lana und hinauf in den Vinschgau bis nach Naturns. Mit den Kollegen im Vinschgau gibt es immer wieder viele Berührungspunkte und Gelegenheit des Austausches.
Womit beschäftigen sich die Bildungsausschüsse?
Sie sind Garanten für die Pflege und den Erhalt der örtlichen Bildungslandschaft. Es geht um Dorfgemeinschaft, um das Zusammenkommen, um zusammen reden, um Zuhören, um Impulse. Es geht um Fragen und Antworten auf die Herausforderungen der Zeit, um das Leben und Zusammenleben im Dorf, um Kultur, um Kunst, um Ethik, um Soziologie, um Bildung – was auch immer man darunter versteht.
Was sind die Themen?
In einer kreativen und vielfältigen, oft auch sehr unkonventionellen Art und Weise geben die Bildungsvereine Antworten auf relevante Fragen, welche die Menschen vor Ort beschäftigen. Es gibt Kulturtage, soziale Wochen, Bildungsüberfälle, Kunstwerkstätten, Stammtische, Gasthausgespräche, kleinere Publikationen und vieles mehr. Die Themen-Schwerpunkte sind dabei oft verschieden und werden nach aktuellen Themen, Befindlichkeiten und Dorfleben erarbeitet.
Gibt es Beispiele dafür?
Der Bildungsausschuss von Partschins beschäftigt sich z. B. im Jahr 2019 mit Begegnungen, hier wurde von Jugendlichen ein Kurzfilm zum Heimatbegriff in der Gemeinde geschaffen, es gibt Begegnungen mit Künstlern, spezielle Orte und mehr. Der Bildungsausschuss Riffian-Kuens konzentrierte sich im Frühling bei den Aktionstagen „politische Bildung“ auf Aktionen am Recyclinghof. Es ging dabei um die Mülltrennung und Müllvermeidung, um ökologische Themen. Jeder Besucher erhielt eine Karte bzw. ein Rezept, um Flüssigwaschmittel selber zu machen. In Naturns gab es einen „Bildungsüberfall“ zum Thema „Miteinander im Dorf“. Im Frühling wurden Passanten „überfallen“ – sie mussten auf einem in der Dorfmitte aufgestellten roten Sofa Platz nehmen und wurden zu ihren Wünschen zum Dorfgeschehen befragt. Wo ist deine bevorzugte Schmuseecke? Fühlst du dich im Dorf aufgehoben? Was wolltest du schon immer einmal sagen?Was ist gut, was ist schlecht, was gibt es? und so weiter. Es geht um gesellschaftspolitische, ökologische Themen, ums Miteinander, um Sensibilisierung. Einige Bildungsausschüsse machen regelmäßig Stammtische mit den Vereinen. Ideen werden gesammelt, Jahresschwerpunkte erarbeitet, man trifft sich unter der Moderation des Bildungsausschusses und findet Themen, die bewegen, die anregen, die in die Tiefe gehen. Jährlich am 23. September gibt es den Tag der Bildungsausschüsse. In verschiedenen Orten in Südtirol finden an diesem Tag und in diesem Zeitraum Veranstaltungen statt, zu denen alle eingeladen sind.
Seit wann gibt es Weiterbildung?
Die Bildungsausschüsse sind seit 1983 gesetzlich geregelt. In Südtirol gibt es ca. 130 Bildungsausschüsse mit ungefähr 700 freiwilligen Mitarbeitern in den Vorständen. Die Bezirksservicestellen gibt es seit 10 Jahren, um die vielen ehrenamtlichen Freiwilligen bestmöglich zu begleiten und den immer höher werdenden bürokratischen und auch organisatorischen Ansprüchen gerecht zu werden. Der Bildungsausschuss St. Leonhard feiert am 5. Oktober 2019 im Vereinshaus um 20 Uhr sein 35-jähriges Jubiläum mit einer kleinen Feier. Es gibt dabei einen Huangort mit Psairer Musikanten, Mundartgedichte gelesen von Anna Lanthaler und eine Ausstellung mit alten Ansichten von Höfen in der Gemeinde St. Leonhard in memoriam Ignaz Gruber. Der Bildungsausschuss von Leonhard gehört zu einem der ältesten im Burggrafenamt.
Wie sieht Ihre Arbeit aus?
Meine Kollegen und ich haben die schöne Aufgabe, die Vereine begleiten zu dürfen, Geburtshelfer für Impulse und Aktionen zu sein, Gastwirt zu spielen, Fragen stellen zu dürfen und mehr. Ich zitiere zum Abschluss den Pädagogen Mark Riklin: wir, also die Bildungsausschüsse und die Bezirksservicestellen, sind oder sollen ein moderner Butler sein, ein kreativer Dienstleister, Experten mit Fingerspitzengefühl, angenehme Gäste und aufmerksame Gastgeber, Menschen mit Zivilcourage, die mit Herz und Seele agieren.
von Michael Andres