Der 2019 in Kraft getretene Kodex zur Insolvenz und Unternehmenskrise führt für alle Gesellschaften eine neue Verpflichtung zur Anpassung der eigenen Organisationsstrukturen ein. Die neue Verpflichtung besteht in der Umsetzung in jedem Unternehmen einer angemessenen Organisationsstruktur, welche den Zweck hat, eine Krisensituation rechtzeitig zu erkennen. In anderen Worten ausgedrückt: die Verwaltung der Gesellschaft sowie die Buchhaltung müssen in der Lage sein, fortlaufend die finanzielle und wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens zu überblicken, um bei Anzeichen der Krise sofort eingreifen zu können.
Die Zielsetzung dieses Gesetzes ist es, dass Unternehmen eine Krise rechtzeitig bemerken können und rechtzeitig intervenieren und die Krise im Idealfall abwenden zu können, bevor es zu spät ist. Die Neuerung betrifft alle Unternehmen, unabhängig davon, ob es sich um Einzelfirmen, Personen- oder Kapitalgesellschaften handelt. Für GmbHs mit Umsätzen oder Aktiva über 4 Mio. Euro oder mit mehr als 20 Mitarbeitern tritt zusätzlich noch die Kontrollpflicht durch ein externes Kontrollorgan in Kraft.
Das Kontrollorgan hat die Pflicht zu prüfen, ob das Unternehmen wirtschaftlich und finanziell gut aufgestellt ist. Bei Vorliegen von begründeten Indizien einer wirtschaftlichen Krise muss das Kontrollorgan diese unverzüglich melden, zuerst an das Verwaltungsorgan und danach an die Handelskammer. Diesbezüglich hat die Berufskammer der Steuerberater erst kürzlich entsprechende Indizien ausgearbeitet, bei deren Überschreitung eine Meldepflicht notwendig wird.
Bewertet wird, ob das Unternehmen Probleme hat, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen bzw. ob Zweifel an der Fortsetzung der Tätigkeit in den nächsten sechs Monaten bestehen. Zudem wird bewertet, ob das Eigenkapital negativ ist, ein ungenügender Schuldendienstdeckungsgrad oder Zahlungsrückstände bestehen. Wenn bestimmte Schwellenwerte nicht erreicht werden, muss dies an den neu einzurichtenden Beirat zur Überwindung von Krisensituationen bei der Handelskammer gemeldet werden.
Meldepflichtig sind auch öffentliche Ämter (wie das Finanzamt, Inps usw.), die bei Nichtzahlung von Steuern bzw. Beiträgen entsprechende Meldungen machen müssen. Auch die Verwalter werden in Zukunft noch mehr in die Haftung genommen: wer als Verwalter eine Krisensituation nicht bemerkt oder nicht rechtzeitig meldet, haftet gegenüber den Gläubigern für den entstandenen Schaden. Der Vorsatz ist gut, mal schauen wie sich die Umsetzung im praktischen Leben gestaltet.
Von Walter Gasser, Kanzlei Gasser Springer Perathoner, Eder & Oliva in Lana und Naturns.