Die COVID-19 Pandemie stellt alle, Unternehmen, Familien und Arbeitnehmer vor große Herausforderungen.
Jetzt, nachdem (zumindest in Südtirol) die ersten Betriebe nach einem endlos scheinenden vollständigen Stillstand langsam wieder ihre Arbeit aufnehmen, ergeben sich durch die starke Verzögerung der gewohnten Arbeitskreisläufe, sowie durch die stark eingeschränkten Arbeitsmöglichkeiten aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen erhebliche Probleme. Insbesondere müssen unzählige Verträge (Lieferverträge, Mietverträge, Pachtverträge, Kaufverträge, Kreditverträge usw.) und deren Bedingungen neu verhandelt, überarbeitet oder gar aufgelöst werden. Ein korrektes Vorgehen bei den nötigen Verhandlungen ist unbedingt erforderlich und es geht vor allem darum, herauszufinden, unter welchen Bedingungen ein Vertrag aufgelöst oder eben neu verhandelt werden kann.
Eine Vertragsauflösung ist laut italienischem Zivilgesetzbuch unter drei Voraussetzungen möglich: 1) die Nichterfüllung der vertraglichen Leistung durch eine Vertragspartei, wobei die andere Partei in der Folge die Erfüllung oder eben die Aufhebung des Vertrages verlangen kann, unbeschadet der Leistung eines Schadenersatzes; 2) die nachfolgende Unmöglichkeit einer Vertragsleistung, mit der Folge, dass die andere Partei die Leistung nicht verlangen kann, bzw. eine eventuell bereits erhaltene (Teil)Leistung zurückgeben muss; 3) die übermäßige Belastung einer der Parteien aufgrund eines außergewöhnlichen oder unvorhersehbaren Ereignisses.
Im zweiten, wie auch im dritten Fall, wird die Erbringung der vertraglich vorgesehenen Leistung einer der beiden Vertragsparteien durch einen bestimmten, nachträglich eingetretenen Umstand unmöglich oder ist übermäßig erschwert. Der eingetretene Umstand darf dabei nicht in der Kontrollgewalt des Betroffenen sein, da derselbe das Eintreten der Unmöglichkeit der Erbringung in diesem Fall verhindern muss. Konkret kann es sich bei den nachträglich eingetretenen Umständen z. B. um höhere Gewalt oder einen Zufall handeln, wobei die aktuelle Pandemie als höhere Gewalt anzusehen ist, die somit eine mögliche, ganze oder auch nur teilweise Vertragsauflösung bewirken kann. Dabei gibt es allerdings klare Regeln zu befolgen, die auf das jeweilige Vertragsmodell anzupassen sind, nicht zuletzt aufgrund des Umstandes, dass der Beweis des Eintretens der höheren Gewalt und die tatsächliche und konkrete Auswirkung auf den jeweiligen Vertrag vom Schuldner erbracht werden muss. Nicht notwendig ist es hingegen, dass die höhere Gewalt für den Schuldner vorhersehbar war.
Silvia Paler, Rechtsanwältin