Der Ausbau des Glasfasernetzes und die Zukunft des Algunder Einkaufszentrums (ALGO) stehen bei Ulrich Gamper im Vordergrund. Im Gespräch mit der BAZ nimmt der Bürgermeister Stellung, wie Algund mit der Coronakrise zurechtkommt.
Herr Bürgermeister, die Corona-Krise hat in den letzten Wochen und Monaten große gesundheitliche und wirtschaftliche Probleme verursacht. Wie stark ist Ihre Gemeinde davon betroffen?
Wir hatten Gott sei Dank bislang keine Corona-Toten in der Gemeinde. Auch hat sich die Zahl der Infizierten in Grenzen gehalten. Das ist sicher auch auf die hohe Eigenverantwortung und Disziplin der Bürger zurückzuführen. Besonderer Dank gilt dabei allen Mitarbeitern und Helfern im Gesundheits- und Pflegedienst, den Ärzten und allen tatkräftigen Bürgern, die sich nach wie vor für das Allgemeinwohl einsetzen. Welchen Wert es darstellt, dass wir eine eigene Apotheke im Dorf haben, wurde vielen von uns erst jetzt so richtig bewusst.
In welchen Ortsteilen war die höchste Zahl der Coronafälle?
Interessanterweise waren bislang vor allem die Laurin-Zone und die Fraktion Mühlbach, die nahe an Meran liegen, von Covid-19 betroffen. Die ländlichen Fraktionen, wie Aschbach, Vellau, Forst, Plars und das Alte Dorf blieben hingegen größtenteils von dem Coronavirus verschont.
Wie hat sich die Krise auf die Wirtschaft von Algund ausgewirkt?
Die Wirtschaft leidet unter der Krise aktuell überall gleich. Nachdem Algund vor allem vom Tourismus und Lebensmittelbereich lebt, ist man hier natürlich stark betroffen. Im Gespräch mit verschiedenen Unternehmern scheinen mir die Touristiker bei uns relativ ruhig geblieben zu sein. Sie versuchen einfach das Beste aus der Situation zu machen. Alle hoffen darauf, dass sich die Lage bald wieder normalisiert und die Grenzen zur Schweiz und Österreich wieder geöffnet werden. Wir können als Gemeinde von Glück reden, dass wir alles solide und gut aufgestellte Betriebe haben, die sich in solchen Krisenzeiten etwas leichter tun als anderswo.
Welche Auswirkungen wird die Krise auf die Projektplanung der Gemeinde haben?
Was die Projekttätigkeit der Gemeinde anbelangt, mussten wir alle Vorhaben, die mit laufenden Ausgaben zusammenhängen, auf unbestimmte Zeit verschieben. Dazu gehören zum Beispiel Studien, wie die vom „Messnerhaus“ in Plars, das wir als Gemeinde für die Feuerwehr und die Plarser Vereine adaptieren wollen. Die untere Etage des Hauses soll zum Umkleideraum für die Freiwillige Feuerwehr umfunktioniert werden und den oberen Teil möchten wir zu einer kleine Vereinsstube für die Plarser Vereine und Interessentschaften machen. Ein weiteres Projekt, das in Algund ansteht, ist das letzte Baulos beim Spielplatz nahe des Minigolfplatzes, bei dem die Fläche zwischen Minigolf, Beachvolleyballfeld und Spielplatz fertiggestellt werden soll. Dann haben in diesem Jahr auch noch die Ausschreibungen und Realisierungsarbeiten an der Erweiterung des Schulzentrums angestanden, die wir in diesem Sommer in Angriff nehmen wollten.
Was passiert nun mit diesen Projekten?
Das ist aktuell schwer abschätzbar, da wir als Gemeinde laufende Ausgaben nur tätigen dürfen, wenn wir auch Einnahmen zu verbuchen haben. Für jedes dieser Projekte müssen wir eine Studie in Auftrag geben, was aber momentan nicht möglich ist. Deshalb können wir nur abwarten, bis sich die Lage wieder bessert.
Mit welchen Aufgaben beschäftigt sich die Gemeinde stattdessen zurzeit?
Die primäre Aufgabe der Gemeinde liegt darin, die Bürger darin zu unterstützen, wieder in die Routine zurückzufinden. Im Konkreten bedeutet das Hilfe der Familien durch das Angebot von Sommerbetreuung für die Kinder, soziale Abfederung von Notfällen und die Schaffung von Sport- und Bewegungsmöglichkeit.
Wie sehen Sie die Zukunft?
Ein zentraler Punkt ist die Digitalisierung. In der aktuellen Situation haben wir gesehen, wie schwierig es ist, bestimmte Gemeindedienste in Anspruch zu nehmen ohne persönliche Kontakte. Ein Schritt in die richtige Richtung war in diesen Tagen die Veröffentlichung unserer neuen Gemeindewebseite. Eine große Herausforderung für Verwaltung und Politik werden in Zukunft langfristige Planungen. So lehrt uns die Krise, wie wichtig es ist, in nicht vorherzusehenden Momenten schnell und flexibel reagieren zu können. Die Gemeinden müssten in diesem Zusammenhang von seiten des Staates viel mehr Spielräume erhalten. Man kann sich als Außenstehender nur schwer vorstellen, für wie viele banale Angelegenheiten es einen enormen Bürokratieaufwand benötigt.
Das Vereinsleben leistet in Algund seit jeher einen wertvollen Beitrag für das Gemeinwohl. Die Maßnahmen zur Eindämmung von Corona erschwerten die Vereinsarbeit. Wie wird das im heurigen Sommer sein?
Im Moment ist es sehr schwierig einzuschätzen, wie sich die Situation in diesem Sommer und vor allem im Herbst verändern wird. Entscheidend ist nun die Entwicklung der nächsten Wochen, in denen auch weitere Dringlichkeitsmaßnahmen verordnet werden. Das Algunder Dorffest, das im Juli hätte stattfinden sollen, musste wie viele weitere Veranstaltungen im Dorf abgesagt werden. Für den Sommer und Herbst sehe nicht ganz so schwarz, da sich einige kreative Köpfe in unserer Gemeinde trotz Einschränkungen etwas einfallen lassen werden, um den gemeinschaftlichen Austausch auch in dieser Zeit zu ermöglichen. Ein Vorteil von Algund sind die vielen freien Flächen, auf denen wir die Mindestabstände zwischen den Personen gewährleisten können.
Eine bemerkenswerte Aktion der Algunder Musikkapelle war der Flashmob gegen Corona, bei dem die Musikanten zu Hause vom Balkon aus musizierten. Gab es noch weitere Initiativen?
Es ist erstaunlich, auf welch vielfältige Weise während Corona verschiedene Bürgerinitiativen entstanden sind, welche die Gemeinde in dieser schwierigen Zeit unterstützen. So konnten wir im Seniorenheim relativ schnell reagieren, nachdem zahlreiche Bauern der Einrichtung ihre Schutzausrüstungen zur Verfügung gestellt haben. Den ausreichenden Vorrat an Desinfektionsmitteln verdanken wir als Gemeinde dem Algunder Heinrich Erlacher. Als Betriebsleiter der Obstgenossenschaft Cafa war es seine Idee, die Produktion der hauseigenen Desinfektionsmittel anzukurbeln, um sie dem Zivilschutz und zahlreichen öffentlichen Einrichtungen in Algund kostenlos zur Verfügung zu stellen. Andere Bürger haben beim Einkaufen geholfen. Es gab sogar eine Initiative, bei der sich einige Algunder zusammengetan haben, um Schutzmasken anzufertigen, die anschließend in der Gemeinde verteilt wurden. Ich bin stolz auf den Zusammenhalt in Algund, der in solchen Zeiten unabdingbar ist.
Ein wichtiges Projekt ist nach wie vor die Erweiterung des Lidos von Algund. Dafür trat das Land Südtirol im April dieses Jahres eine Grundfläche von insgesamt 910 m2 an die Gemeinde ab. Was konkret ist damit geplant?
Diese Information wurde in einigen Medien falsch dargestellt. Es ist am neuen Algunder Lido keine Umgestaltung bzw. Erweiterung geplant. Wir hatten das Freibad in den vergangenen Jahren bereits neu gebaut und damit eines der wenigen reinen Soleschwimmbäder in der gesamten Alpenregion geschaffen. Nachdem ein Teil der Schwimmbadfläche allerdings seit jeher in Landesbesitz war, hat das Land nun diese Fläche an die Gemeinde abgetreten. Das betrifft einerseits einen großen Teil der Archemauer und einen weiteren Teil unterhalb des Lidos, der künftig für Tauschverfahren interessant werden könnte.
Die geltenden Vorsichtsmaßnahmen werden in diesem Sommer eine große Herausforderung. Erwin Götsch, Betreiber der Freibäder in Lana und Algund, machte den Vorschlag, nur Besuchern mit Wohnsitz in der Gemeinde Zutritt zum Schwimmbad zu gewähren. Wie denken Sie darüber?
Das Algunder Lido hat inzwischen bereits geöffnet. Nachdem wir die Lage aber zurzeit ohne notwendige Personeneinschränkungen gut unter Kontrolle haben, haben wir als Gemeinde noch keine zusätzlichen Regelungen vorgesehen. Wir werden aber die Entwicklungen der nächsten Wochen abwarten und gegebenenfalls darauf reagieren.
Geplant sind in Algund Arbeiten am Fahrradweg entlang der Josef-Weingartner-Straße.
Das Teilstück des Radweges „Lackner – Löwen“ wurde mittlerweile fertiggestellt und wird nur noch begrünt. Dann würde plangemäß der nächste Abschnitt „Löwen – Bahnhof“ anstehen, um das Areal bis zum neuen Einkaufszentrum fahrradfreundlicher zu gestalten. Auch diese Arbeiten werden sich aufgrund der aktuellen Lage nach hinten verschieben.
Wie gehen die Arbeiten am neuen Einkaufszentrums „ALGO“ voran?
Aufgrund der geltenden Schutzmaßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 stehen die Arbeiten am „ALGO“-Center momentan still. Gleichzeitig klären die Betriebe gerade, inwieweit man die neuen Sicherheitsbestimmungen in dem weiteren Baufortschritt berücksichtigen kann und muss. Die Inhaber stellen sich auch ganz grundsätzliche Fragen, ob die Realisierung eines Kinos für die Zukunft überhaupt noch interessant ist und welche Sicherheitsbestimmungen damit zusammenhängen. Das gleiche gilt für die Kegelbahnen. Wir werden auch grundsätzlich darüber diskutieren müssen, wie man die Kundenströme so lenken kann, dass die Abstände zwischen den Menschen gewährleistet sind. Vielleicht ist es auch an der Zeit, jetzt verstärkt auf nachhaltige Mobilität zu setzen, die sich durch die unmittelbare Nähe zum Bahnhof, Bushaltestellen und die Erreichbarkeit mit dem Fahrrad anbietet.
Was erwarten Sie sich von diesem Großprojekt?
Mit dem neuen „ALGO“-Center wird das Sport- und Freizeitangebot in Algund vor allem auch für die Jugend erweitert. Außerdem tun uns die 300 bis 400 neuen Arbeitsplätze, die durch das Einkaufszentrum geschaffen werden, gut. Nachdem Algund bislang eine Auspendlergemeinde war, könnte sich das dadurch ändern.
Ein besonderes Ereignis war Anfang 2020 der Besuch von Bischof Ivo Muser.
Der Pastoralbesuch des Bischofs Ivo Muser war für die Pfarrgemeinde ein großes Ereignis. Vor allem der persönliche und direkte Kontakt mit dem Bischof ist gut angekommen. Ich bin mir sicher, dass viele Menschen in dieser Krise einen neuen Blick auf die Dinge in ihrem Leben gewonnen haben und ihr bisheriges Lebensmodell überdenken werden.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft Ihrer Gemeinde?
Als Bürgermeister wünsche ich mir in erster Linie Gesundheit und Zufriedenheit für meine Bürger, dass Algund diese Krise gut übersteht und dass wir die Erfahrungen, die wir alle daraus ziehen, für unsere persönliche Entwicklung positiv nutzen können.
von Philipp Genetti