Sie sind unsportlich? Sie haben Ihr Leben lang nie einen Sport gefunden, der Ihnen wirklich gefällt? Der Jüngste sind Sie auch nicht mehr. Versuchen Sie es doch einmal mit einem E-Bike!
Wer einmal auf den Geschmack gekommen ist, wird nicht mehr davon loskommen: Elektrofahrräder bieten die Möglichkeit auszubrechen. Sie führen uns hinaus in die Natur, sie geben uns dazu die Motivation, die uns oft fehlt. Sie erwecken den Spieltrieb und Entdeckergeist in uns wieder.
Sie geben uns die Sicherheit, den steilen Anstieg zu schaffen. E-Bikes sind Hybride, sie funktionieren als Mensch-Maschine. Sie werden nie langweilig. Heute hier, morgen dort … allein, mit Freunden, mit den Kindern, mit den Großeltern. Lange Strecken sind kein Problem mehr; auf dem Fahrradweg zur Arbeit, mit dem E-Mountainbike schnell mal auf die Alm.
Drei E-Bike-Typen
Das Elektrofahrrad ist nicht erst seit Corona trendig. Ob als City-E-Bike, Trekking-E-Bike oder E-Mountainbike, immer mehr Menschen entdecken die Liebe zum Fahrrad wieder. Fahrrad ist dabei etwas untertrieben, denn die neueste Generation der Elektro-Bikes ist weit mehr als ein Fahrrad. Mit einem Unterstützungsmotor ausgestattet, lassen sich lange Strecken problemlos meistern, und auch der noch so steile Anstieg ist ohne große Anstrengung zu schaffen. Mehrere Motorenhersteller bestimmen den Markt: Bosch, Yamaha, Brose, Giant, Shimano. Die Energie holen sich die Motoren, die vorne, hinten, bei den meisten Modellen aber in der Mitte montiert sind, von den Batterien. Der Energiegehalt eines hochwertigeren Akkus liegt derzeit bei rund 500 Wattstunden (Wh). Wie weit man damit kommt, hängt von mehreren Faktoren ab: der Unterstützungsstufe, dem Fahrverhalten, Luftwiderstand, Fahrergewicht, Reifendruck und natürlich dem Terrain. Die meisten Motoren haben drei Unterstützungsstufen: wenig, mittel, viel. Wer ausschließlich auf der höchsten Stufe fährt und kaum mit den Gängen schaltet, wird als Erster seinen Akku leer haben. Übrigens dürfen die Elektromotoren nur bis 25 km/h unterstützen. Danach ist Schluss, da bremst der Motor sogar. Illegal wäre es, den Motor zu „tunen“, sodass er bis zu 50 km/h erreichen kann. Im Internet gibt es dazu reichlich Anregungen. Man spricht daher im deutschen Sprachraum auch von Pedelecs und nicht von E-Bikes, die führerschein- und versicherungspflichtig sind.
Tourismus setzt auf E-Biker
Die Mountainbiker haben Südtirol schon lange entdeckt. Der Tourismus mittlerweile auch. Mit ihren Motoren erobern aber auch immer mehr Elektro-Mountainbikes die Bergspitzen und Almen. Nicht alle sind glücklich damit. Naturschützer, Bauern, Wanderer ärgern sich: problematisch ist, dass durch die Elektromotoren Wege für die Biker zugänglich werden, die zuvor nicht befahren wurden. Sogenannte „Trails“ locken Gäste und Einheimische in die Höhe. Mountainbiken ist in Südtirol grundsätzlich noch auf jedem eingetragenen Weg erlaubt, und das sind rund 2800 km. Tourismusexperten sehen beim Thema MTB/E-MTB eines der größten Potenziale im Alpenraum. Ein Viertel der Deutschen zwischen 14 und 69 Jahren nutzt in ihrer Freizeit ein MTB; Skifahren und Mountainbiken halten sich mit rund 15 Millionen Aktiven die Waage. Fazit: Der Fahrrad-Tourismus verspricht einen großen Zukunftsmarkt. Das MTB-Streckennetz ist in den Augen vieler Touristiker bei uns aber ausbaufähig. Und so wundert es nicht: Auf unseren Berghütten trifft man immer häufiger Alt und Jung mit E-Mountainbikes, die aus eigener Kraft niemals da hinaufgekommen wären. Die E-Bikes unterstützen ihre Lenker mit einer Leistung, die in etwa der Ausdauer eines Spitzensportlers entspricht.
Fahren will gelernt sein
Mit einem Elektro-Bike zu fahren, ist zwar schon wie Fahrradfahren, aber nicht nur. Das kann ich ja von Kindesbeinen an, ist die geläufige Meinung. Wer aber in den Bergen ohne Erfahrung mit einem E-Mountainbike unterwegs ist, sollte sich vorbereiten. Denn was bei den heutigen E-Bikes an Brems- und Motorpower geboten wird, liegt weit über dem, was ein Normalverbraucher handhaben kann. Dies verleitet zu Leichtsinn und hat zur Folge, dass viele in einer unerwarteten Situation, beispielsweise bei der Begegnung mit Wanderern, keine korrekte Notbremsung machen können. Falsche Bewegungsabläufe, die man sich so angewöhnt hat, können Stürze mit üblem Ausgang regelrecht provozieren. Das korrekte Bremsen und die Kontrolle über das E-Bike muss man erlernen, sodass gefährliche Situationen und damit Stürze verhindert werden können, wissen Südtirols Bikeguides aus Erfahrung. Seit 2006 gibt es den Verein „Südtiroler Bikeguides“ mit Dutzenden erfahrenen Mitgliedern. Nicht das E-Bike ist die Gefahr. Die Gefahr entsteht durch unerfahrenes und leichtsinniges Verhalten. Also unbedingt einen Kurs belegen, bevor man sich auf einen Trail macht. Im Meraner Raum gibt es drei Bikeschulen: „Bike and Hike“ in Algund , „Ötzi Bike Academy“ in Naturns und „Bikeacademy“ in Lana.
500 Kilometer Radwege
Es muss aber nicht immer ein Action-Trail sein. Im Gegenteil: Die Radwege in der Talsohle versprechen unvergessliche Natur- und Fahrerlebnisse. Ein fast 500 Kilometer langes Radwegenetz umspannt das ganze Land. Die großen Radrouten sind nummeriert und sehr gut ausgeschildert. Wer von Meran aus startet, hat drei sehr schöne Routen zur Wahl: der Vinschgauer Radweg (86 km) von Reschen bis Meran gilt als einer der schönsten und führt der Etsch entlang durch das Tal. Am 10. Juli im vergangenen Jahr wurde an der Zählstelle in Rabland der jährliche Spitzenwert von 2613 Radfahrern gezählt. Die zweite Route (19 km) führt ins Passeiertal bis nach St. Leonhard. Am 1. Mai 2019 waren auf der Strecke entlang der Passer 2479 Radfahrer unterwegs. Zwischen Etsch und Obstwiesen geht es nach Bozen auf dem Radweg Etschtal. Von dort aus gibt es eine Reihe von Anbindungen an weitere Radrouten im Südtiroler Radwegenetz. Mit der Bahn & Bike-Karte lassen sich auch längere Tagestouren unternehmen, indem man einen Teil der Strecke, die Hin- oder Rückfahrt im Regionalzug macht. Der Deutsche Fahrradclub hat Südtirol 2017 zur zweitbeliebtesten ausländischen Radreisedestination gewählt. Zu genussvollen Pausen laden zahlreiche Rastplätze und eine Vielzahl an Einkehrmöglichkeiten – vom urigen Wirtshaus über den Weinbauern bis zum Gourmetlokal – entlang der Strecken ein.
Vorbildliche Radwege
Das Radwegenetz im Burggrafenamt umfasst rund 55 Kilometer. Verantwortlich für dessen Bau und Instandhaltung ist die Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt.
Die BAZ sprach mit dem Leiter der Abteilung Umwelt und Mobilität, Martin Stifter.
Die Bezirksgemeinschaft ist für die übergemeindlichen Radwege im Bezirk Burggrafenamt zuständig. Wie sieht dieses aus?
Martin Stifter: Im Burggrafenamt sind wir für rund 55 km Radwegenetz zuständig. Das reicht von Staben in Naturns bis Vilpian, geht ins Passeiertal bis St. Leonhard und endet vor den Toren Merans. Die Radwege im Stadtgebiet und in den Gemeinden gehören zum Kompetenzbereich der Stadt- bzw. Gemeindeverwaltungen. Die Bezirksgemeinschaft kümmert sich somit um alle übergemeindlichen Radwege, wir bauen sie und sind für deren Instandhaltung verantwortlich.
Welche Bedeutung haben die Radwege für den Bezirk?
Eine sehr große Bedeutung und nicht nur für den Tourismus. Es ist ganz in unserem Sinn, wenn immer mehr Menschen vom Auto auf das Rad umsteigen. Mit dem E-Bike lassen sich problemlos auch größere Strecken etwa zur Arbeit zurücklegen. Mit diesem Ziel haben wir zum Beispiel auch die Strecke von Meran nach Lana gebaut und würden uns wünschen, dass sie von den Radfahrern auch als Pendlerstrecke angenommen wird.
Wie müssen gute Radwege gestaltet sein?
Einen Radweg zu bauen ist das Eine. Ihn instand zu halten aber das Andere. Einen Kilometer Radweg zu bauen, das kostet rund 1 bis 1,5 Millionen Euro. Damit ist es aber nicht getan. Ein Radweg ist ständig zu warten, qualitativ zu erneuern. Die Schotterpiste ins Passeiertal zum Beispiel muss nach einem Starkregen wiederhergerichtet werden. Bäume und Hecken entlang der Strecken sind zu schneiden usw. usw.. Im Bezirk Burggrafenamt kümmert sich darum eine Wartungsgruppe von 10 Mitarbeitern, unter anderem auch im Rahmen eines Sozialprojektes. Wenn es um außerordentliche Wartungsarbeiten geht wie das Erstellen von Zäunen arbeiten wir sehr gut mit dem Amt für Wildbachverbauung zusammen. Aber es steckt wirklich sehr viel Arbeit dahinter, damit unsere Radwege nicht nur sicher, sondern auch attraktiv bleiben.
Ein Nadelöhr ist die Stadt Meran. Gibt es Lösungen für eine bessere Anbindung an die Radwege, die hier weiterführen?
Wir sind dabei, eine geschlossene Verbindung zwischen der Vinschgau- und Etschtal-Route herzustellen. Dazu werden wir von Algund kommend unter dem Kreisverkehr der „Marlinger Brücke“ durchstechen und weiter bis nach Sinich fahren. Beim Kreisverkehr „Marlinger Brücke“ entsteht ein attraktiver Knotenpunkt, zumal dort der Radweg nach Lana angebunden wird. Geplant ist weiters, den Untermaiser Bahnhof mittels einer Unterführung anzubinden. Leider sind wir derzeit noch in der Planungsphase und auch die notwendigen Geldmittel müssen erst vom Land zur Verfügung gestellt werden. Wir rechnen aber mit einer Realisierung in den nächsten zwei bis drei Jahren. Neben der Fertigstellung der genannten Projekte ist es uns aber genauso wichtig, die Lücken auf der Strecke Meran-Lana vollständig zu schließen (Tscherms Dorf und Agathaweg).
Die E-Biker nehmen zu. Wie sehen Sie diesen Trend?
Martin Stifter: Radfahren ist gesund, hat einen großen Erholungswert und schadet nicht der Umwelt. Das Elektro-Fahrrad ermöglicht es, dass auch ältere Menschen wieder gern mit dem Rad unterwegs sind und auch längere Strecken damit zurücklegen. So haben wir an unseren vier Zählstellen in Rabland, Gargazon, Riffian und Marling im vergangenen Jahr insgesamt 900.204 Radfahrer gezählt, in beiden Richtungen versteht sich. Spitzenwerte wurden auf der Vinschgauer Route im Juli, auf der Passeirer und Bozner Route im Mai gezählt. An erster Stelle steht seit Jahren schon der Vinschgauer Radweg, 2019 waren hier 294.126 Radfahrer unterwegs.
von Josef Prantl