Melanie, einige Leser kennen dich durch deine aktiven Facebook-Gruppen, in denen du dich für Klima- und Umweltschutz und auch Tierwohl einsetzt. Wer ist Melanie Plattner?
Melanie Plattner: Beruflich betreibe ich mein Spielwarengeschäft „Pinocchio“ auf dem Pfarrplatz in Meran. Was mich von klein auf stört, ist, wenn irgendwo Müll herumliegt, wo er nicht hingehört. Es ist weniger, dass ich mich davor ekle, sondern mehr das Gefühl, dass Müll einfach nichts in der Natur zu suchen hat. Irgendwie hat dieses Gefühl im Laufe der Jahre nie nachgelassen.
Ist das Müllproblem in Meran so groß?
Im Laufe der Jahre hat sich meines Erachtens die Situation in Meran zunehmend verschlechtert. Wenn ich mich an meine Kindheit erinnere war es anders. Spätestens seit meiner Jugend ist mir aber aufgefallen, dass sich die Müllsituation in Meran zunehmend verschlechtert hat und jetzt ist dringendes Handeln gefragt.
Aber die Innenstadt ist doch gepflegt?
Ich muss sagen, je intensiver ich mich mit dem Thema „Sauberkeit“ in Meran auseinandersetzte, umso schlimmer empfinde ich die Lage. Vielleicht fällt es einem, der hin und wieder durch die Stadt geht und hier und da etwas liegen sieht, gar nicht auf, aber sobald man sich außerhalb der Stadtmitte in Richtung Peripherie und in die Seitenstraßen begibt, wird einem erst bewusst, wie schmutzig es ist. Es wird auf der Staße einfach alles entsorgt, was man nicht mehr braucht, ungeachtet dessen, ob es giftig oder ungiftig, gefährlich oder ungefährlich ist.
Wie erklärst du dir dieses Verhalten einiger Bürger?
Anstatt zur sachgerechten Entsorgung zum Recyclinghof zu fahren, wird der Müll irgendwo hingeworfen. Jemand wird ihn schon einsammeln. Ich denke das liegt an der Erziehung. Von Klein auf wird von den Eltern nicht vermittelt wie mit Müll umgegangen werden soll. Vielleicht spielt auch das Finanzielle eine Rolle. Um Mehrkosten zu vermeiden entsorgt man den Restmüll in der freien Natur.
Was müsste die Stadtverwaltung gegen das Müllproblem unternehmen?
Erstens mehr Mülleimer aufstellen: Das beginnt schon damit, dass wir in der Ferienzeit viel zu wenige Müllkübel speziell im Stadtzentrum haben. Wenn ich morgens zur Arbeit gehe, liegt um den Pfarrplatz meistens schon ein Haufen Müll. Von der Situation in den Lauben ganz zu schweigen. In Meran müssten auch Behälter für die Bioabfälle her. Es muss den Menschen ermöglicht werden, ihren Biomüll auf die Straße zu stellen und dieser muss in regelmäßigen Abständen direkt von Tür zu Tür abgeholt werden. Ein weiterer wichtiger Schritt wäre die Errichtung einer getrennten Sammelstelle für Karton und auch Plastikkontainer fehlen.
Könnte ein Belohnungsprinzip für vorbildliches Verhalten nützen?
Ja, man sollte für jene Bürger, die sich vorbildlich verhalten, ein Belohnungsprinzip einführen oder in irgendeiner Form ihnen mehr Anerkennung schenken. Aber das ist auch schwierig umzusetzen. Auf alle Fälle sollte man mehr für eine fachgerechte Mülltrennung sensibilisieren. Außerdem sollten Kunden achten, wie man plastikfrei einkauft. Ich finde, wenn viele von uns beginnen würden so einzukaufen, dass Müll schon von Beginn an vermieden wird, werden auch die Geschäfte früher oder später darauf reagieren. Ich bin der Meinung, dass viel mehr „offen“ verkauft werden sollte.
Was ist das Hauptproblem bei einer nicht fachgerechten Müllentsorgung?
Ich kann es nur aus meiner Sicht sagen. Nehmen wir die Naherholungszone „Lazag“. In dieser Zone sind oft viele Kinder unterwegs. Allerdings findet man dort gebrauchte Spritzen, kaputte Gläser, kaputte Dosen. Angenommen ein Kind läuft barfuß durch die Wiesen, kann es sich verletzen. Aber auch Tiere, wie Hauskatzen, Hunde oder Wildtiere, sind hier ständig der Verletzungsgefahr ausgesetzt. Hinzu kommt das große Problem der Wasserverschmutzung. Uns ist nicht bewusst, dass Vieles, was wir wegwerfen, irgendwann in unser Trinkwasser oder in die Erde gelangen kann. Allein ein Zigarettenstummel kann bereits vierzig Liter Wasser durch die im Filter enthaltenen chemischen Stoffe vergiften. Die Auswirkungen von unsachgerechter Müllentsorgung auf die Umwelt sind gravierend.
Mit der Initiative „Plastic Free Merano“ setzt du dich inzwischen ganz praktisch für mehr Sauberkeit in der Stadt ein. Wie ist diese Initiative entstanden?
Das ist darauf zurückzuführen, dass ich auf Facebook bereits einige aktive Gruppen angeregt hatte und etwas ins Leben rufen wollte, das möglichst viele Menschen zusammenführt, die gleiche Interessen haben. In erster Linie, um eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung anzubieten. Der erste Name der Gruppe war „Mülleinsammelung in Meran und Umgebung“. Daraufhin sind sehr viele Menschen dieser Gruppe beigetreten. Auf den ersten gemeinsamen Sammelaktionen habe ich gleich Mitstreiter gefunden und im Laufe der Zeit wurden die Gruppen immer größer und das Interesse nimmt stetig zu. Mittlerweile habe ich viele Nachrichten von Menschen erhalten, die mich anhalten weiterzumachen.
Wie kam es zur ersten Müllsammlung?
Das war vor ungefähr drei Jahren. Da habe ich mit meiner Tochter auf dem Tappeinerweg Müll gesammelt. Die Ausbeute war erschreckend. Das Gefühl, das ich bereits nach den ersten Sammlungen hatte, war so gut, dass ich mich entschlossen habe, weiterzumachen. Bald darauf kam es schon zur ersten Gruppen-Sammelaktion in der Naherholungszone Lazag, wo wir 35 riesige Müllsäcke gesammelt haben. Bis heute sind es rund 1,5 bis 2 Tonnen Müll.
Was ist das Ziel von „Plastic Free Merano“?
Vielleicht klingt es ein wenig utopisch, aber mein Traum wäre es, Meran zum neuen Singapur zu machen. Müll hat für die Menschen in Singapur einfach nichts in der Natur zu suchen. Und das hat man eben durch hohe Strafen und vorbildliche Kindererziehung erreicht. Deshalb sollten bei uns die Strafen für Müllsünder erhöht werden. Darüber habe ich auch mit Politikern gesprochen, die mir gesagt haben, es sei momentan nicht machbar. Ich bin der Meinunge, dass wenn man 500 Euro Strafe pro weggeworfenen Müll verlangen würde, würde es sich jeder sehr gut überlegen. Ich würde mir wünschen, dass man eines Tages, egal in welchem Ortsteil man durch Meran spaziert, auf keine unsachgemäße Müllentsorgung mehr trifft.
Als „Plastic Free Merano“ seid ihr in fast ganz Meran bis nach Algund unterwegs. Wie entstehen diese Sammeleinsätze?
Was die nächste Aktion in der „Wolkensteinstraße“ in Meran anbelangt, hat mich ein älterer Herr im Spielwarengeschäft angesprochen, ob ich „die vom Müll“ sei. In der besagten Straße würden die Stadtwerke gewissen Müll einfach nicht abholen, was zunehmend zum Problem für die Einwohner würde. Er fragte mich, ob wir irgendwas dagegen unternehmen könnten. Wir haben uns dann dort getroffen und werden demnächst eine Müllaktion in dieser Straße durchführen. Viele besorgte Bürger schreiben mir, kommen zu mir ins Geschäft oder sprechen mich auf der Straße an. Dort, wo wir mehrere Meldungen bekommen, gehen wir hin und entsorgen den Müll.
Wie reagieren die Menschen, wenn sie euch beim Müllsammeln sehen?
Sie interessieren sich für uns und es gibt auch schon Applaus. In Sinich war das anders. Ich hatte den Eindruck, man begegnete uns eher beschämt und ist uns regelrecht aus dem Weg gegangen. Das galt bis auf einen Busfahrer, der uns vom Bus aus zugejubelt hat. In Sinich braucht es noch sehr viel Sensibilisierungsarbeit. Ich freue mich, dass der Jugendtreff „Tilt“ sich an der Aktion beteiligt hat und einmal in der Woche die Aktion weiterführen wird.
Wie könnt ihr mehr Bürger für eure Sache gewinnen?
Wir werden als „Plastic Free Merano“ eine Gewinnaktion starten, bei der die fleißigsten Müllsammler prämiert werden und Sachwerte gewinnen können. Damit wollen wir auch Menschen ansprechen, die sich bislang nur wenig mit dem Thema „Sauberkeit in der Stadt“ beschäftigt haben und einen zusätzlichen Anreiz schaffen, bei unserer Sammelaktion mitzumachen.
Illegale Müllentsorgung in den Obstwiesen
Auch die Landwirtschaft leidet unter der zunehmenden illegalen Müllentsorgung. „Seit Corona hat sich die Lage in den Obstwiesen verschlechtert“, heißt es von Seiten des Bauernbund-Obmannes von Meran, Michael Höller. Nachdem es nicht mehr möglich war, die eigene Gemeinde zu verlassen, haben einige Bürger die Obstwiesen als Ausflugsziele entdeckt. Leider führte das auch dazu, dass die landwirtschaftlichen Flächen vermehrt als illegale Müllentsorgungsanlagen genutzt wurden. Vor allem entlang der Rad- und Spazierwege und an entlegeneren Stellen fand man Müllablagerungen von Dosen, Plastikflaschen, Masken, Lebensmittel bis hin zu Sperrmüll, gestohlene Fahrräder und sogar Motorräder. „Aber auch Hundekot wird in den Obstwiesen zunehmen zum Problem.“, mahnt Michael Höller. Hinzu gäbe es in Meran ausreichend Möglichkeiten Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen — und beim Recyclinghof Meran könne man eine beachtliche Menge sogar kostenlos abgeben, weist Höller hin.
Philipp Genetti