Mit dem erst kürzlich erlassenen Gerichtsurteil Nr. 26510 vom 30. September 2021 hat der Kassationsgerichtshof ein aufsehenerregendes Urteil gefällt in Bezug auf die Trinkgelder, welche ein Arbeitnehmer in Ausübung seiner Tätigkeit erhält: die Trinkgelder müssen laut Auffassung des obersten Gerichtshofs voll besteuert werden.
Konkret ging es um folgenden Sachverhalt: Der Empfangschef eines Luxushotels auf Sardinien hatte auf Jahresbasis einen ansehnlichen Betrag an Trinkgelder erhalten, diese aber nicht besteuert. Dieser Fall führte zu einem langen Rechtsstreit: Vorerst gab die regionale Steuerkommission von Sardinien dem Empfangschef Recht mit der Begründung, dass die als Trinkgeld erhaltenen Beiträge nicht steuerpflichtig sind, da sie zufällig sind und direkt von den Kunden ohne jegliche Beziehung zum Arbeitgeber erhalten werden. Mit diesem Urteil gab sich das Finanzamt aber nicht zufrieden und hat beim Kassationsgerichtshof Berufung eingelegt und argumentiert, dass die Beträge im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erhalten worden seien und somit auf alle Fälle versteuert werden müssen.
Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs ist die Beschwerde begründet: die Richter verweisen auf Artikel 51 des Einkommenssteuergesetzes, der besagt, dass die Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit aus allen Beträgen bestehen, welche der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis erhält. Somit ist klar, dass zum Einkommen des Arbeitnehmers auch das Trinkgeld zählt und versteuert werden muss, auch wenn es sich hierbei um freie Zuwendungen von Seiten Dritter (und nicht vom Arbeitgeber) handelt.
Die Auswirkungen des Urteils sind weitreichend: nicht nur, dass das Einkommen versteuert werden muss (zu einem Steuersatz zwischen 23 % und 43 %) – auf den Einkommen sind zudem die Sozialversicherungsbeiträge fällig!
Fraglich bleibt, wie das Finanzamt das Urteil nun bei den Kontrollen anwenden will: Während es für die Beträge, welche über rückverfolgbare Zahlungsmittel (Kreditkarte, Bankomatzahlungen usw.) bezahlt werden, es zukünftig keinen Ausweg vor der Besteuerung gibt, wird es für die in bar erhaltenen Trinkgelder für das Finanzamt vermutlich sehr schwierig werden, die Steuerzahler zu kontrollieren.