Die Barmherzigen Schwestern verabschieden sich vom Seniorenheim Lorenzerhof. Ehrung von Sr. Christine und Sr. Juliane.
183 Jahre lang haben sich die Barmherzigen Schwestern um die Heimbewohner im Seniorenwohnheim „Lorenzerhof“ in Lana gekümmert.
Am Ostermontag fand um 15 Uhr die Verabschiedung der letzten beiden dort tätigen Ordensschwestern statt. Damit geht eine Ära zu Ende. Dies ist ein willkommener Anlass, um die großen Verdienste der Ordensschwestern für die Altenbetreuung zu würdigen.
Um das Gnadenbrot betteln
Südtirol verfügt heute über 76 Seniorenwohnheime mit 4413 Betten. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass dies alles andere als selbstverständlich ist. Viele Jahrhunderte lang mussten Menschen im Alter um das Gnadenbrot betteln. Nach der Tiroler Landesordnung von 1573 sollten die Gemeinden „ihre armen und dürftigen Leute, die sich Alters, Krankheit und anderer Gebrechen halber ohne das Almosen nicht ernähren können“, in einer Liste verzeichnen und ihnen das Betteln um Almosen gestatten. Arm dran waren früher im Alter vor allem die Dienstboten. Hans Grießmair hat ihr trauriges Schicksal in seinem Buch „Knecht und Magd in Südtirol“ beschrieben: „Es gab keine Sozialversicherung, keine Krankenkasse und keine Altersrente. Die alten Dienstboten mußten von Hof zu Hof ziehen und das Gnadenbrot essen, das wohl recht bitter schmeckte. Fast überall mußten diese Menschen im Stall oder im Stadel übernachten. Wenn einer in der Stube essen durfte, dann aus einem eigenen Schüsselchen auf der Ofenbank. Das einzige Gute war, daß sie in diesem Elend nicht lang lebten; schlechte Nahrung und die Winterkälte machten die zerschundenen Körper für jedes Siechtum anfällig.“ Dabei nahmen die Dienstboten einen großen Teil er Bevölkerung ein. 1869 werden in Tirol 165.000 Dienstboten und 62.000 Taglöhner gezählt.
Spitäler und Versorgungshäuser
Erst mit dem Beginn der Neuzeit übernahmen allmählich öffentliche Einrichtungen Verantwortung für die Dorfarmen. 1781 ordnete Kaiser Joseph II in allen Gemeinden die Anlage von Armenfonds an. Franz I bestätigte mit dem Gemeindegesetz von 1819 die institutionelle Verpflichtung der Gemeinden zur Armen- und Krankenversorgung. Tatsächlich entstanden in den Landgemeinden Südtirols größtenteils erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Unterkünfte für die Dorfarmen, die man als „Spital“, „Armenhaus“ oder „Versorgungshaus“ bezeichnete. Die Pflege der Heiminsassen leisteten bis weit ins 20. Jahrhundert ausschließlich Ordensschwestern. Die meisten von ihnen, 59 Prozent, gehörten dem Orden der Barmherzigen Schwestern an. Diese betreuten ab der Mitte des 19. Jahrhunderts im südlichen Tirol in rund 50 Ortschaften Senioreneinrichtungen. Tertiarschwestern standen in neun Dörfern Südtirols in der Altenpflege im Einsatz. Die Deutsch-Ordensschwestern führten in acht Gemeinden Spitäler. Ohne den Einsatz der Ordensschwestern hätte es in Südtirol noch lange keine menschenwürdige Altersversorgung gegeben.
Barmherzige Schwestern kommen nach Lana
Auch in Lana waren seit dem 29. März 1839 drei Barmherzige Schwestern in der Betreuung der Ortsarmen tätig. Am 8. März 1845 übernahmen sie das „Spital“ am ehemaligen Platzhof, heute Stiftung Lorenzerhof. 1859 wurde beim k. k.-Bezirksamt das Dienstverhältnis der Barmherzigen Schwestern „im Spitale zu Lana bezüglich ihres Kranken- und Pfründner-Warth-Dienstes“ vertraglich geregelt. Darin wird den Ordensschwestern u.a. „die Wahl und Abrichtung eines benötigten männlichen Individuums bei der Pflege der männlichen Spitalskranken in solchen Fällen, wo die Ordensregel dies aus Sittlichkeits-Rücksichten nicht erlauben“ zugestanden. Die Schwestern erhalten täglich eine „halbe Maß Wein oder Milch, sowie eine Entschädigung für die „Leibkleider“. Wie dringend und hilfreich der Einsatz der Schwestern für die junge Einrichtung in Lana war, erhellt ein Schreiben vom Lananer Pfarrer Alois Stuefer, das er am 10. Jänner 1859 an das k. k.-Bezirksamt richtete: „Der Zustand der Betten und Kleider war ein ganz ruinöser, groß die Plage des Ungeziefers, keine Verträglichkeit unter den Kranken und Pfründnern, keine Geduld beim Wartepersonal und darum keine Ordnung und Disziplin im Hause. Besonders arm dran waren die Kranken und Sterbenden, da es ihnen oft an jedem religiösen Zuspruch und Beistand fehlte.“
Eine seltene Gnade…
Deshalb, so Pfarrer Stuefer weiter in seinem Schreiben, „sei es eine seltene Gnade, solche Ordens Personen zu haben.“ Der Einsatz der Barmherzigen Schwestern bezeuge, „wie gut, ja in Anbetracht der überhandgenommenen Armut und der angewachsenen Zahl an Hilfsbedürftigen, wie notwendig Ihr Dienst“ sei. Ein im Stiftungsarchiv aufbewahrtes „Aufschreibebuch“ listet von 1883 bis in die 1930er Jahre alle im „Spital“ untergebrachten und tätigen Personen auf. Demnach wirkten in dieser Zeit stets fünf bis sieben Ordensschwestern im Heim. An zusätzlichem Personal werden nur zwei bis drei Mägde angeführt. 1907 waren sieben Ordensschwester für ungefähr. 50 – 60 Arme im Lananer Spital tätig. 1921 bis 1930 lebten sieben Ordensschwestern, fünf Knechte, zwei „Dirnen“ (Mägde) und zwischen 29 und 33 Männer, sowie 43 bis 47 „Weiber“ (Frauen) im „Spital“. Ab 1910 waren insgesamt 73 Ordensschwestern in Lana tätig. Am längsten stand Sr. Gutberta Aschbacher, geboren 1898 in Mühlwald, in Lana im Einsatz. Sie betreute nicht weniger als 44 Jahre lang von 1931 bis 1975 die Heimgäste. Schwester Elisabeth Marginter leitete das Heim als Oberin und Heimleiterin von 1973 bis 28. 2. 1989. Sr. Adina Kohlgruber war von 1983 bis zum 15. 10. 1997, Sr. Christina Mair ab 1980 und Sr. Juliane Mair seit 2001 in Lana tätig. Mit ihrem Abschied vom „Lorenzerheim“ geht eine Ära zu ende.183 Jahre lang haben die Barmherzigen Schwestern zahllosen Menschen einen würdigen Lebensabend ermöglicht. Für dieses gelebte Zeugnis der Nächstenliebe sind ihnen Lana und die Nachbargemeinden zu bleibenden Dank verpflichtet! Die Stiftung „Lorenzerhof“ möchte zur bleibendem Erinnerung an das segensreiche Wirken der Barmherzigen Schwestern ein passendes Kunstwerk in Auftrag geben, das im Hof des Seniorenwohnheimes aufgestellt wird.