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Ein großer Meister mit kleiner Straße

Eine schmale Verbindung führt in Meran von Otto Huber zu den Alpini: die Franz-Pendl-Straße. Hinter ihr steht – mit vollständigem Namen – der bedeutende Künstler Franz Xaver Pendl.
Manchmal strahlt der Glanz einer Person weit aus und stellt sogar deren Nachkommen ins Blickfeld. Im Juli 1926 druckte „Der Burggräfler“ unter den lokalen Meldungen zwischen Motorradunfällen, einem herrenlosen Pferd und einem gestohlenen Fahrrad den folgenden Aufruf: „In einem dumpfen, feuchten Keller zu wohnen verurteilt ist derzeit Frl. Maria Pendl, die Tochter des bekannten Künstlers, des verstorbenen Meraner Bildhauers Franz Xaver Pendl. In diesem Keller muß nicht nur ihre Einrichtung, sondern gesundheitlich auch sie selber zugrunde gehen. Frl. Pendl ist eine tüchtige Störenschneiderin und arbeitet sich als solche mit ihrer Hände Arbeit durchs Leben, solange sie gesund bleibt. Aber in dem Keller kann sie nicht gesund bleiben. Wäre es keinem Hausherrn möglich, irgend eine, wenn auch noch so bescheidene Wohnung ihr zur Verfügung zu stellen, damit sie weiterhin imstande bliebe, ihrer Arbeit nachzugehen?“ Wer war ihr Vater, dass sich die Presse dem Schicksal der Tochter widmete?

Franz Xaver Pendl stammte aus einer sehr produktiven Künstlerdynastie. Er wurde am 5. Mai 1817 in Meran auf den Namen Franz Johann (!) getauft. Sein Vater, ebenfalls Bildhauer, wurde in Aschau im Zillertal geboren und hieß Johann Baptist Pendl, seine Mutter, eine Meranerin und Weißgerberstochter, Maria Valentina Tausch. Schon als Kind zeigte sich sein kreatives Talent und im Alter von neun Jahren erhielt er erstmals einen Preis. Er wurde durch seinen Vater unterrichtet und begann Krippenfiguren zu schnitzen. Kopierte er zunächst bereits Bestehendes, arbeitete er bald freier und schuf eigene Werke. Mit 21 Jahren kam er an die Akademie der bildenden Künste in Wien und verfeinerte dort einige Jahre lang seine Technik. Auch hier wurden seine Fähigkeiten erkannt und gefördert. Durch seine Arbeiten war es ihm möglich, sein Studium selbst zu finanzieren, eine Unterstützung von zuhause wollte er ohnehin nicht annehmen. Seine Kompositionen wurden mit mehreren wichtigen Preisen bedacht und begründeten seinen Ruf, einer der besten Schüler der Akademie zu sein. Nach weiteren Lehrjahren, u.a. in München, übernahm er nach dem Tod seines Vaters 1859 dessen Meraner Atelier. Hier entstanden Meisterwerke des Historismus. Pendl war ein begnadeter Bildhauer, mit besonderem Eifer widmete er sich dem Altarbau, aber auch Kruzifixe, Skulpturen, Reliefs und Grabmäler gehörten zu seinem Schaffen. Am Gymnasium unterrichtete er zudem als Zeichenlehrer. Als er 1873 im katholischen Gesellenverein in Meran einige seiner Werke, die er für die Wiener Weltausstellung bestimmt hatte, zusammen mit Porträts und Reliefs seines Vaters ausgestellt hatte, wies die „Meraner Zeitung“ darauf hin, man solle sich diesen Kunstgenuss auf keinen Fall entgehen lassen. Am 23. Juni 1896 verstarb er 79-jährig in Untermais an Altersschwäche und wurde auf dem dortigen Friedhof bestattet. Franz Xaver war drei Mal verheiratet und zeugte insgesamt 16 Kinder. Aus seiner ersten Ehe mit Maria Elisabeth Goldbacher stammte Sohn Emanuel, der das künstlerisch-kreative Erbe von Vater und Großvater in die dritte Generation führte.

Im Burggrafenamt befinden sich viele bedeutende Werke Pendls, so beispielsweise in Schloss Trauttmansdorff, in der evangelischen Christuskirche und in der Spitalskirche zum Heiligen Geist in Meran, in den Pfarrkirchen von Lana und Dorf Tirol, auf dem Friedhof in Algund und im Mausoleum in Schenna. Die bekannte Südtiroler Kunsthistorikerin Maria Hölzl Stifter widmete sich dem Werk Franz Xaver Pendls, das im In- und Ausland geschätzt wird, ausführlich in mehreren Publikationen, u.a. in einer Ausgabe der Kulturzeitschrift „Der Schlern“ (2017) und im hochinteressanten und ansprechend gestalteten Buch „Das Mausoleum von Erzherzog Johann in Schenna“ (2019).

Christian Zelger