Im Juli behandelte der Senat einen Gesetzesentwurf, der den 4. November zum Tag der nationalen Einheit und zum Tag der Streitkräfte erklärt.
Für uns SüdtirolerInnen ist dieser Tag kein Anlass zum Feiern, denn er markierte das Ende des Ersten Weltkriegs, als Österreich die Gebiete Trient, Triest und Südtirol abtreten musste.
In einer Atmosphäre großer Einigkeit huldigte im Senatssaal vor allem der rechte Flügel den damaligen militärischen Sieg, und sprach vom Ersten Weltkrieg als der Vollendung des nationalen Einigungsprozesses.
Als VertreterInnen der deutschsprachigen Minderheit, konnten wir uns dieser Feierstunde nicht anschließen. Wir teilten mit, dass wir nicht an der Abstimmung teilnehmen und den Plenarsaal verlassen würden.
Wir erinnerten den Senat daran, dass die Bevölkerung Südtirols gegen ihren Willen an das Königreich Italien angeschlossen wurde. Die versprochene Autonomie wurde anfangs nicht umgesetzt und unter dem faschistischen Regime waren wir Opfer des Versuchs unsere Identität auszulöschen. Zuerst durch die Änderung der Orts- und Familiennamen, die Inhaftierung und Verfolgung derjenigen, die ihre Sprache und Kultur bewahren wollten. Dann durch den Optionspakt zwischen Hitler und Mussolini, der die SüdtirolerInnen vor die Wahl stellte, entweder innerhalb der italienischen Grenzen zu bleiben und eine dauerhafte Italianisierung zu akzeptieren oder in andere Gebiete des Deutschen Reiches zu ziehen.
Erst das De Gasperi-Gruber-Abkommen und die Einführung der Sonderautonomie garantierten den SüdirolerInnen ein erträgliches Dasein im italienischen Staat.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass der 4. November für die SüdtirolerInnen den Beginn eines langen Leidensweges symbolisiert.
Wir haben dem Senat daher mitgeteilt, dass uns andere Daten geeigneter scheinen die italienische Einheit zu feiern, nämlich die Geburtsstunde der Republik oder die Verabschiedung der Verfassung.
Ein Gedenktag der einen vermeintlichen Sieg in einem Weltkrieg symbolisiert, scheint nicht mehr zeitgetreu. Deshalb verließen wir die Aula.