Rosmarie Pamer und Harald Stauder sind keine Leichtgewichte. Beide sind schon ewig in der Politik und sie zu ersetzen, wird nicht einfach. In St. Martin und in Lana kommt es wahrscheinlich im Mai zu Neuwahlen, nachdem es den zwei Altbürgermeistern gelungen ist, in den Landtag gewählt zu werden.
von Josef Prantl
Nach den Landtagswahlen im Oktober 2023 wurden die Gemeinderäte von St. Martin, Lana und Leifers aufgelöst und die drei Bürgermeister haben vor der ersten Landtagssitzung ihr Amt zurückgelegt. Seitdem leiten geschäftsführend die Vizebürgermeisterin Valentina Andreis in Lana und Vizebürgermeister Erich Kofler in St. Martin die zwei Burggräfler Gemeinden. Laut dem Landeshauptmann würden sich die Neuwahlen für den Gemeinderat und das Bürgermeisteramt zeitgleich mit den Europawahlen anbieten und diese finden heuer am Wochenende vom 8. auf den 9. Juni statt. Den Räten in Leifers und vor allem in den Trentiner Gemeinden ist der Termin allerdings zu spät angesetzt, da sie befürchten, dass bei Stichwahlen Ende Juni, zu denen es dort sicher kommen wird, viele schon in Ferienlaune sind und nicht mehr zur Urne schreiten würden. Und so wird wohl am Sonntag, 26. Mai gewählt werden, „denn alle Gemeinden in der Region müssen am gleichen Tag wählen“, erklärt Regionalratsvorsitzender Sepp Noggler. Für Lana und St. Martin wäre es aber sicherlich vorteilhafter, wenn man Europa- und Gemeinderatswahl zum selben Zeitpunkt abhalten könnte und sich so einen Urnengang ersparen würde.
Rückblick
Lana ist eine lebendige Marktgemeinde, auch was die politische Szene betrifft. Gleich 8 Listen bzw. Parteien schafften es bei den vergangenen Wahlen 2020 in den Gemeinderat. Die Südtiroler Volkspartei mit 53,4 % behielt zwar die absolute Mehrheit, musste aber deutlich Federn lassen. Das Abschneiden der Dorfliste mit 12,8 % war solide. Es folgten die Süd-Tiroler Freiheit mit 9,6 %, SVP „kleines Edelweiß“ Pawigl Völlan mit 9,2 %, Lega Salvini mit 5%, die Freiheitlichen mit 4,4 %, Insieme Lana mit 3,7 % und der Partito Democratico mit 1,9 %. Von den 20 Bürgermeisterkandidaten konnte Harald Stauder mit
84,9 % der Stimmen wieder ein starkes Ergebnis einfahren und schlug alle anderen auf der SVP-Liste mehr als weit ab. Auffallend war, dass sich keine weitere Partei der Wahl zum Bürgermeister stellte. Die SVP-Kandidaten blieben alle unter 4 %, Ernst Winkler und Helmut Taber waren vor vier Jahren nach Stauder die nächst Platzierten.
Ruhe vor dem Sturm
Letzterem werden bei den vorgezogenen Neuwahlen im Mai große Chancen auf den Bürgermeistersessel zugeschrieben. Die SVP geht mit zwei Bürgermeister-Kandidaten in die Gemeindewahl: Vizebürgermeisterin Valentina Andreis und Gemeindereferent Helmut Taber, bislang unter anderem für Tourismus und Kultur zuständig. Der SVP-Ortsobmann von Lana Ernst Winkler spricht in einer Pressemitteilung von „zwei äußerst qualifizierten Kandidaten“. „Die Tatsache, dass sich nur zwei Bewerber für diese verantwortungsvolle Position zur Verfügung stellen, unterstreicht die hohe Qualität und das Engagement unserer Kandidaten“, heißt es in der Mitteilung. Gemeinderat mit Sonderfunktion Jürgen Zöggeler hat sich zuvor zurückgezogen, „aus persönlichen Gründen“, wie er sagt. Als Referent für den Verkehr, ein leidiges Thema in Lana, konnte er in den Augen vieler nicht punkten. Es kommt somit zum Rennen zwischen Andreis und Taber. Im Gespräch war eine kurze Zeit auch Olaf Lutz, der allerdings recht schnell abwinkte.
Roland Stauder stellt sich der Wahl
Aber auch die Freiheitlichen möchten diesmal mitmischen, wie Roland Stauder bestätigt. Der Bruder des ehemaligen Bürgermeisters tritt als Bürgermeister-Kandidat an, auch nur „um eine Alternative zur SVP zu bieten“, wie er sagt. Keinen Kandidaten wird die Süd-Tiroler Freiheit ins Rennen schicken, wie es unter vorgehaltener Hand heißt. Dies vielleicht auch deshalb, weil man damit Helmut Taber indirekt unterstützen möchte. So munkelt man in Lana jedenfalls. Dass die Süd-Tiroler Freiheit gut abschneiden kann, hat sie bei den Landtagswahlen bewiesen, erreichte sie in Lana den zweiten Platz. Aber noch herrscht Ruhe vor dem Sturm. Für wirklichen Wahlkampf sei es noch zu früh, bestätigt Roland Stauder. Auch wenn Neuwahlen bereits angesetzt sind, heißt das ja auch nicht, dass nichts passiert. Das würde anders auch nicht gehen, so Stauder, der schon seit zwei Jahrzehnten im Gemeinderat sitzt.
Die neue Grüne Dorfliste – lista verde
Neu aufstellen möchte sich hingegen die Dorfliste, Südtirols älteste Bürgerliste, als „Grüne Dorfliste – lista verde Lana“. Die zweitstärkste Fraktion im Gemeinderat hofft durch die Zusammenarbeit mit den Grünen noch mehr zu punkten. „Wir wollen uns damit klar positionieren und ein Anlaufpunkt für alle Menschen sein, denen öko-soziale Themen und liberale Werte ein Anliegen sind“, erklärt Fraktionssprecherin Verena Kraus. Ob die Liste auch einen Bürgermeister-Kandidaten aufstellen wird, ist unwahrscheinlich. Auf die neue Verwaltung warten jedenfalls reichlich Aufgaben. Das ist in erster Linie das leidige Verkehrsthema. „Es liegt zwar wieder einmal ein neues Mobilitätskonzept vor“, sagt Dieter Oberkofler von der Grünen Dorfliste. Dieses ernsthaft umzusetzen, bedürfe allerdings Mut, so der Gemeinderat. Am Herzen liegen der Grünen Dorfliste neben ihrem Kernthema Umwelt auch der soziale Wohnbau und ein vernünftiges Management der beträchtlichen Leerstände in Lana.
Gemeinderäte mit Sonderfunktion
Ein Lananer Kuriosum ist die Figur des Gemeinderates mit Sonderfunktion: Um die Arbeit im Ausschuss effizienter zu gestalten und die vielen Aufgaben bewältigen zu können, schlüpfen einfache Gemeinderäte in die Referentenrolle, ohne dafür bezahlt zu werden. Zur Halbzeit der Amtsperiode tauschen sie dann mit den ordentlichen Referenten und erhalten deren Entschädigung. Anders könne man das große Arbeitspensum nicht bewältigen, heißt es in der Erklärung der Gemeindeverwaltung. Lana ist mit 12.000 Einwohnern die siebtgrößte Gemeinde Südtirols.
Gerüchteküche in St. Martin in Passeier
Mit rund 3235 Einwohnern ist St. Martin in Passeier deutlich kleiner als Lana. Das Leben in der Gemeinde mit seinen Weilern und Fraktionen Christl, Flon, Kalmtal, Matatz, Quellenhof, Breiteben, Ried und Saltaus ist beschaulich und hat sich unter der Führung der Mittelschullehrerin Rosmarie Pamer in den vergangenen Legislaturperioden gut entwickelt. Dies war mit einem dick ausgestatteten Haushalt auch leicht möglich. 14 Jahre lang stand die mittlerweile zur Landesrätin und stellvertretenden Landeshauptfrau gekürte ehemalige Bürgermeisterin der Gemeinde vor. Im 18. Jahrhundert war es die Passeirer Malerschule, die St. Martin über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt machte. Heute ist es der Quellenhof, das Luxury Ressort, das immer wieder für Schlagzeilen sorgt. So kursierte die Nachricht, dass Quellenhof-Chef und SVP-Ortsobmann Heinrich Dorfer für das vakante Bürgermeisteramt kandidieren möchte. Der antwortete aber prompt: „Politik ist ein Vollzeitjob. Das kann man nicht so nebenbei machen.“ Dorfer blickt allerdings auf eine lange politische Erfahrung zurück: Er war Landesjugendreferent der SVP und 15 Jahre lang Gemeindereferent in St. Martin.
Vorwahlen wahrscheinlich am 24. März
Bei den Gemeinderatswahlen 2020 schnitt die Südtiroler Volkspartei in St. Martin mit 85,7 % gut ab. Die Süd-Tiroler Freiheit erreichte 14,3 %. Einzige Bürgermeisterkandidatin war damals Rosmarie Pamer. Das wird sich diesmal aber ändern. Allein die SVP schickt drei Kandidaten ins Rennen: Dominik Alber, Konrad Pichler und Anneliese Weiss Angerer. Alle drei waren bisher im Ausschuss tätig und haben daher Erfahrung. Neben der Süd-Tiroler Freiheit wird diesmal auch eine Bürgerliste antreten. Ob auch sie Kandidaten für den Bürgermeisterposten aufstellt, ist noch offen. Am 24. März lädt die SVP zu Vorwahlen. Alle können dann zwischen Alber, Pichler oder Weiss Angerer entscheiden. Im Grunde ist so auch entschieden, wer Rosmarie Pamer beerben wird.
Den Gürtel enger schnallen
In den vergangenen 10 Jahren wurden in der Gemeinde mehrere große Infrastrukturprojekte verwirklicht: Fußballplatz und Sportzentrum, Bibliothek, Dorfhaus, Schule. Neben den Infrastrukturprojekten entwickelt die Gemeinde St. Martin zurzeit zusammen mit St. Leonhard und dem Museum Passeier eine digitale Dorf- und Talchronik, in der auch Bürger selbst Fotos und Texte eingeben können. Möglich machte dies alles bisher ein dicker Gemeindehaushalt, der sich über die sogenannten „Grünen Zertifikate“ aus der Wasserkraft finanzierte. Damit sei aber Schluss, wie Gemeindereferent Dominik Alber weiß. Die neue Gemeindeverwaltung wird daher den Gürtel deutlich enger schnallen müssen, sagt der Referent für Jugend und Kultur und Jugendtreff-Geschäftsführer. Er selbst möchte die Bevölkerung bei den zukünftigen Entscheidungen daher mehr einbinden, „was bisher zu kurz gekommen ist“. „Wie die öffentlichen Mittel in Zukunft genutzt werden, sollte nicht über die Köpfe hinweg entschieden werden“, sagt Alber. Das betrifft in St. Martin u.a. die Erneuerung der Trinkwasserleitung ebenso wie die Renovierung des Gemeindehauses, des Mehrzweckgebäudes oder das Parkmanagement. „Wie wir einen attraktiven und sicheren Lebensraum gestalten können, das Miteinander fördern und Perspektiven für Jugendliche entwickeln können, wird ausschlaggebend sein“.
Fakt ist: Der neue Gemeinderat wird deutlich weniger finanzielle Mittel zur Verfügung haben als in den vergangenen Legislaturperioden – neue Wege sind gefragt, um die Lebensqualität aller zu sichern.