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Fleißige Holzbaumeister für das Tischlerhandwerk

Eine qualitativ hochwertige betriebliche Ausbildung stellt sicher, dass junge Menschen die notwendigen Fertigkeiten und Kenntnisse erwerben, um qualitativ hochwertige Produkte herstellen zu können, denn nur so können sie den Anforderungen des Marktes gerecht werden und auch in Zukunft erfolgreich am Markt bestehen.
von Markus Auerbach

Ein Interview mit Cäcilia Baumgartner, Direktorin des Landesamtes für Lehrlings- und Meisterausbildung.

Frau Baumgartner, können Sie uns etwas über die Herausforderungen in der betrieblichen Lehrlingsausbildung im Südtiroler Tischlerhandwerk erzählen?
Tischler müssen heute mit einer Vielzahl von Materialien und modernen Maschinen umgehen können. Die digitalen Technologien in der Fertigung entwickeln sich rasant: von der CNC-Fräse bis hin zum 3D-Druck in der Holzbearbeitung. Zudem gilt es, auf spezielle Kundenwünsche einzugehen und maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. Gleichzeitig gibt es immer mehr spezialisierte Betriebe: Manche Tischlereien stellen nur Fenster oder Türen her, andere konzentrieren sich auf Treppen. In größeren Betrieben gibt es oft nur noch Stationenarbeit: Die Lehrlinge haben dann nicht mehr die Möglichkeit, alle Techniken des Handwerks zu erlernen. Der Praxisunterricht in der Berufsschule kann das nicht ausgleichen. Unter diesen Bedingungen junge Menschen umfassend auszubilden, ist an sich schon eine Herausforderung. Dazu kommen Aspekte, die den Lehrling betreffen: Durch den demografischen Wandel ist es längst nicht mehr einfach, den richtigen Lehrling zu finden. Auch die Vorstellungen der „Generation Z“, also zwischen 1997 und 2012 Geborenen, von Führung, Leistung sowie dem Verhältnis von Arbeit und Freizeit sind mitunter herausfordernd. Besondere Unterstützung brauchen einige Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie Lehrlinge, die in bestimmten Bereichen wie etwa im Fachrechnen Schwierigkeiten haben. Entscheidend für eine gute Lehrlingsausbildung ist, dass der Arbeitgeber den richtigen Mitarbeiter mit der Ausbildung betraut und ihm dafür Zeit einräumt.

Wie wird die Qualität der betrieblichen Ausbildung im Tischlerhandwerk sichergestellt?
Unternehmer, die in ihrem Betrieb Tischlerlehrlinge ausbilden wollen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, die von meinem Amt überprüft werden. Es muss eine geeignete Werkstatt zur Verfügung stehen, und es muss ein Lehrlingsausbilder mit einer soliden fachlichen Ausbildung vorhanden sein, der auch einen 2-tägigen Grundkurs zum Thema „Lehrlingsausbildung“ besucht haben muss. Reine Montagetischlereien dürfen zum Beispiel keine Lehrlinge beschäftigen. Während der Lehre ist der sogenannte „betriebliche Ausbildungsrahmen“ der Fahrplan, der für jedes Lehrjahr auflistet, welche Kompetenzen der Lehrling erwerben soll. Mein Amt kann nur die formalen Pflichten kontrollieren, z. B. dass der Lehrling für den Berufsschulunterricht freigestellt wird. Letztlich liegt es im Interesse jedes Arbeitgebers selbst, auf die Qualität der betrieblichen Ausbildung zu achten: Schließlich geht es um die künftige Fachkraft für seinen Betrieb.

Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit zwischen den Ausbildungsbetrieben und den Berufsschulen?
Die Lehre wird nicht umsonst auch als „duale“ Ausbildung bezeichnet: Im Idealfall ergänzen sich die schulische und die betriebliche Ausbildung. Meine Erfahrung ist, dass die Lernortkooperation in Südtirol vor allem von den Personen abhängt: Oft gibt es sehr gute persönliche Kontakte zwischen Fachlehrern und Ausbildern, in anderen Fällen interessieren sich die Arbeitgeber wenig oder gar nicht für das, was in der Berufsschule passiert. Engagierte Mitarbeiter und Ausbilder erkundigen sich beim Lehrling, was er gerade in der Schule lernt, informieren sich im digitalen Register, besuchen Sprechtage und bereiten den Lehrling gezielt auf die Lehrabschlussprüfung vor. Das Image als guter Ausbildungsbetrieb ist heute mitentscheidend dafür, ob man gute Lehrlinge findet oder nicht.

Welche Bedeutung hat die Lehrlingsmappe für Jugendliche beim Einstieg ins Berufsleben?
Die Lehrlingsmappe ist ein Instrument, das der Landesverband Handwerk und Dienstleister LVH mit Unterstützung des Landes entwickelt hat: In dem Ordner sammelt der Lehrling alle Ausbildungsunterlagen und hält darüber hinaus seine Lernfortschritte fest, vor allem was das Lernen im Betrieb betrifft. Durch das Arbeiten mit dem Ordner wird auch die Zusammenarbeit zwischen den beiden Lernorten Betrieb und Schule intensiviert – in der Schule soll darüber gesprochen werden, was im Betrieb gerade Thema ist und umgekehrt. Die Initiative startete 2015 als Pi­lotprojekt der Berufsgemeinschaft der Tischler, einer in Ausbildungsfragen besonders aktiven Berufsgruppe.