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Der Gemeindeentwicklungsplan, die Bedeutung des Leerstandsmanagements und die Bedürfnisse im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs: Das sind die großen Themen, die die Gemeinde Hafling besonders beschäftigen. Ein BAZ-Interview mit Bürgermeisterin Sonja Plank.
von Philipp Genetti

Frau Bürgermeisterin, was steht in Hafling momentan auf der Tagesordnung?
Sonja Plank: Ein großes Thema ist derzeit die Erstellung des Gemeindeentwicklungsplans, den wir nach dem neuen Raumordnungsgesetz von 2018 erarbeiten müssen. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die Südtiroler Gemeinden einen Gemeindeentwicklungsplan erstellen. Der Prozess hat bereits begonnen. Am 5. Juni hatten wir eine Bürgerversammlung, bei der wir eine erste Bestandsaufnahme machten und uns fragten, was bereits vorhanden ist und wo die Reise hingehen soll. Wir wollen klären, wie sich die Gemeinde in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten entwickeln soll. Das Programm wird einen zeitlichen Rahmen vorgeben, den die Gemeinde selbst bestimmt, ob 10, 15 oder 20 Jahre. Es wird festgelegt, wo zum Beispiel neue Wohnungen gebaut werden sollen, ob ein Gewerbegebiet ausgewiesen oder erweitert werden soll, was in seinem ursprünglichen oder natürlichen Zustand erhalten bleiben soll. All diese Fragen sind Teil des Gemeindeentwicklungsprogramms.

Was wurde konkret in Bezug auf den Gefahrenzonenplan bereits unternommen?
Was die Planungsinstrumente betrifft, haben wir in den letzten zehn Jahren schon einige Vorarbeiten geleistet. Wir haben zum Beispiel ein touristisches Entwicklungskonzept erstellt, das viele Gemeinden noch nicht haben. Auch der Gefahrenzonenplan wurde frühzeitig erstellt, als das Thema aufkam. Das gibt es also schon. Derzeit arbeiten wir konkret am Ensembleschutzplan und an der Leerstandserhebung. Weiters wird an einem Mobilitätskonzept gearbeitet, da die Mobilität einer der großen Schwachpunkte der Gemeinde ist. Da wir eine Streusiedlung sind, ist es schwierig, Alternativen wie Radfahren oder zu Fuß gehen zu fördern. Auch der öffentliche Nahverkehr ist nicht so ausgebaut, dass man auf das Auto verzichten könnte. Hier müssen wir Lösungen finden.

Gab es konkrete Ideen, die von den Bürgern geäußert wurden?
Ja, es gibt zum Beispiel den großen Wunsch, vor allem von Seiten des Tourismus, aber auch wegen der überfüllten Busse, dass wir für Hafling einen Halbstundentakt bekommen. Das würde den öffentlichen Verkehr attraktiver machen. Wenn alle halbe Stunde ein Bus fährt, überlegen sich die Leute eher, ob sie mit dem Bus zur Arbeit, zum Einkaufen oder sonst wohin fahren.

Auch die mögliche Wiederaufnahme der Haflingerseilbahn ist ein Thema. Was hat es damit auf sich?
Dies ist ein großer Wunsch einiger Einwohner von Hafling. Eine Seilbahn wäre ein von der Straße unabhängiges Verkehrsmittel und könnte die Verkehrsbelastung reduzieren. Vorerst müssen aber Daten gesammelt und fundierte Informationen vorgelegt werden, bevor konkrete Aussagen gemacht werden können. Eine Seilbahn ist teuer. Das haben zuletzt auch die Kostenprognosen für das viel diskutierte Projekt einer Standseilbahn zwischen Meran-Tirol und Schenna gezeigt. Deshalb müssen wir als Gemeinde realistisch sein und uns die Situation erst einmal genau anschauen. Sollten die Untersuchungen tatsächlich eine zu hohe Verkehrsbelastung ergeben, wird man sich zu gegebener Zeit sicherlich über mögliche Alternativen Gedanken machen müssen.

Sie haben vorhin auch den Leerstand und die Leerstandserhebung angesprochen. In Südtirol herrscht akuter Woh­nungs­man­gel. Was macht das Wohnen derzeit so teuer?
Leerstand an sich ist ein komplexes Thema. Einerseits ist es relativ einfach, Leerstand zu erfassen: Wenn eine Wohnung ein Jahr lang nicht genutzt wird oder ein Handwerksbetrieb zwei Jahre leer steht, kann man von Leerstand sprechen. Auch ein Hotel oder ein anderer Gewerbebetrieb, der zwei Jahre leer steht, ist ein Leerstand. Die Erfassung ist also der erste Schritt. Aber dann stellt sich die Frage, was man mit diesem Leerstand macht. Und das hängt stark vom Eigentümer ab. Wenn zum Beispiel eine leerstehende Pension einen Eigentümer hat, der nicht bereit ist, etwas zu tun, ist es schwierig, Anreize zu schaffen. Man kann ihm Sanierungsprämien und andere Förderungen anbieten, um ihn zu motivieren, den Raum in Wohnraum umzuwandeln, aber letztendlich liegt die Entscheidung beim Eigentümer. Das Leerstandsmanagement, d.h. die Umnutzung und Anpassung an den Bedarf, ist sehr schwierig und erfordert intensive Information und Kommunikation. Gleichzeitig muss gesagt werden, dass leistbarer Wohnraum für junge Menschen derzeit in ganz Südtirol ein großes Problem darstellt. Auch in der Gemeinde Hafling, die in der Nähe von Meran liegt, sind wir mittlerweile mit teilweise sehr hohen Wohnungspreisen konfrontiert. Dies betrifft sowohl den freien Markt als auch den geförderten Wohnbau. Das klassische Reihenhaus aus dem geförderten Wohnbau ist heute kaum mehr leistbar. Leistbares Wohnen ist daher auch in Hafling ein zentrales Thema, das angegangen werden muss. Da es sich aber um ein landesweites Problem handelt, sind auch landesweite Maßnahmen erforderlich, wobei verschiedene Faktoren zu berücksichtigen sind.

Was kann man konkret gegen die teuren Wohnungspreise tun?
Diese Frage ist schwer zu beantworten, da an vielen verschiedenen Punkten angesetzt werden muss. Zunächst muss die Frage beantwortet werden, wie es gelingen kann, den Markt dazu zu bringen, Wohnraum günstiger zu machen. Dies ist die große Herausforderung. Hier spielen steuerliche Vergünstigungen und Beitragssysteme eine Rolle. Beitragssysteme führen aber oft dazu, dass es insgesamt teurer wird. Das kann kurzfristig funktionieren, aber nicht langfristig. Man könnte Auflagen machen, die durch bestimmte Materialien oder Kriterien die Kosten senken, aber das steht oft im Widerspruch zu den Klima­hausauflagen, die sich das Land Südtirol selbst gesetzt hat. Denn um die notwendigen Zertifikate zu erhalten, müssen z. B. bestimmte Materialien und Dämmungen verwendet werden, die die Kosten wieder erhöhen. Das Patentrezept, an dem viele Menschen seit über 15 Jahren arbeiten, werden wir von der Gemeinde Hafling sicher nicht liefern können. Es muss eine Zusammenarbeit zwischen der Politik, den Bauträgern und den zuständigen Stellen wie der Raumplanung und der Klimahaus-Agentur geben. Nur so kann es gelingen, dass sich junge Menschen das Wohnen wieder leisten können. Dazu gehört auch die Lohndebatte: Wenn Bürger mit einem „normalen“ Einkommen aus ihrer Arbeit nichts ansparen können, müssen auch die Sparanreize neu gestaltet werden. Wenn man in alle Richtungen aktiv würde, könnte man vielleicht Fortschritte erzielen. Das erfordert aber die Mitwirkung vieler Institutionen und Ebenen bis hin zur nationalen oder gar europäischen Ebene, um dies steuern zu können.

Stimmen behaupten, dass das Gesetz Raum und Landschaft komplett umgeschrieben werden müsse oder sogar auf den Stand des alten Raumordnungsgesetzes zurückgesetzt werden sollte. Wie halten Sie davon?
Ich glaube nicht, dass das Gesetz ganz zum alten Standard zurückkehren wird. Auch die Techniker, die das behaupten, verschließen meiner Meinung nach ein wenig die Augen vor der Realität. Denn unser Raumordnungsgesetz wird in Zukunft weitere Planungsinstrumente auf Landesebene erhalten, die auch im Hinblick auf den Klimawandel erarbeitet werden. Der Bodenverbrauch wird sicher ein Thema bleiben, mit dem wir uns weiterhin auseinandersetzen müssen. Der Grundsatz des Landesgesetzes, dass wir den Bodenverbrauch dringend einschränken müssen und nicht noch mehr fördern sollten, wird sicher bestehen bleiben. Derzeit gibt es einfach gesetzliche Vorgaben, die auch für uns Gemeinden gelten. Wenn sich Fristen ändern, verschiebt sich dementsprechend auch einiges. Das kann immer passieren, auch in der Realität, weil vielleicht von Anfang an unrealistisch geplant wurde. Ich habe heute als Gemeinde nicht die Möglichkeit, weitere Gebiete auszuweisen, wenn ich nicht bestimmte Planungsinstrumente wie das Gemeindeentwicklungsprogramm vorweisen kann. Eine Gemeinde muss also diese Hausaufgabe machen, um weiter planen zu können. Es gibt natürlich einige Gemeinden, die das nicht tun, sondern abwarten. Das sind vielleicht die, die noch genügend Verfügbarkeit im Wohnungsbau oder in den Gewerbegebieten haben und sich deshalb nicht beeilen müssen. Aber wenn ich daran denke, dass immer mehr junge Menschen in ihrer Heimatgemeinde bleiben wollen, aber keine Wohnung finden und wahrscheinlich wegziehen müssen, dann muss sich eine Gemeinde schon auf die Hinterbeine stellen und das geltende Gesetz umsetzen. Darauf zu hoffen, dass sich ein Gesetz, das nicht nur auf Landesebene beschlossen wird, sondern auch vor dem Verfassungsgerichtshof Bestand haben muss, eines Tages ändert, kann ich als Gemeindeverantwortlicher nicht rechtfertigen.

Kommen wir auf Ihre Arbeit als Bürgermeisterin zurück. Sie sind seit vier Jahren als junge Bürgermeisterin im Amt. Auf welche Projekte oder Erfolge sind Sie besonders stolz?
Sonja Plank: Ich denke, dass wir in den letzten vier Jahren, insbesondere zu Beginn meiner Amtszeit, viele Dinge aufarbeiten mussten, die von der vorherigen Legislaturperiode begonnen worden waren. Der Übergang von einer politischen Führung zur nächsten ist nie reibungslos, sei es durch den Wechsel der politischen Führung oder durch das Ende einer Amtszeit. Was wir als Gemeinderat in dieser Periode sicher erreicht haben, ist das schrittweise Setzen von Akzenten. Wir hatten keine großen Bauprojekte, aber wir konnten in kleinen Schritten einige lang ersehnte Themen angehen, die oft aufgrund finanzieller Engpässe nicht umsetzbar waren. Im Bereich der Mobilität haben wir uns mit dem Angebot von E-Mobilität beschäftigt und die Sicherheit für Fußgänger durch den Bau von Gehwegen verbessert. Wir haben uns um eine Verkehrsberuhigung im Bereich Falzeben bemüht und weitere kleinere Gestaltungselemente im Bereich der Talstation der Falzebenbahn sind geplant. Außerdem haben wir uns bemüht, die Klimapläne des Landes umzusetzen, wobei einige Maßnahmen bereits in Arbeit sind und Förderungen beantragt wurden, z.B. für die Sanierung der alten Volksschule und die energetische Sanierung und Installation von Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden. Das sind alles kleine Schritte, die aber für die Gemeinde sehr wichtig sind, um das tägliche Leben zu verbessern und den Bedürfnissen der Bürger und des Vereinslebens gerecht zu werden.

Eine sichtbare Veränderung im Dorfbild brachte die Neugestaltung der Dorfeinfahrt.
Das Dorfeingangsprojekt geht auf meinen Vorgänger Andreas Peer zurück. Er hat es initiiert, geplant und zum größten Teil umgesetzt. Dazu gehören sowohl der Buskreisel als auch die Errichtung des kleinen Dienstleistungszentrums mit Bank, Nahversorger und mittlerweile auch Friseur und Kosmetikerin an der Stelle der ehemaligen Bushaltestelle. Nun entstehen weitere Elemente, wie zum Beispiel das Baulos hinter dem Dienstleistungszentrum. Eines von mehreren Wohnhäusern, die hier entstehen sollen, ist bereits fast fertiggestellt. Ebenso wird die Tourismuszone rund um den Messnerwirt, die zum Teil schon begonnen wurde, weiter ausgebaut. Auch hier hat die Gemeinde ein Grundstück erworben, um weitere Planungen zu ermöglichen. Dies sind alles Teilbereiche, die aus raumplanerischer Sicht auf die Bildung eines Ortszentrums abzielen.

Im Hinblick auf die Gemeinderatswahlen 2025: Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Gemeinde Hafling?
Ich wünsche mir, dass die Gemeinde politisch so kompakt bleibt, wie sie jetzt ist. Wir haben derzeit eine sehr gute Zusammenarbeit im Gemeinderat mit konstruktiven Diskussionen und Austausch. Das wünsche ich der Gemeinde auch über die Legislaturperiode hinaus. Wenn der politische Zusammenhalt stimmt, funktioniert vieles in der Gemeinde besser.

Was gefällt Ihnen an Ihrer bisherigen Arbeit als Bürgermeisterin besonders?
Besonders freut es mich, wenn Menschen von sich aus aktiv werden, eigene Ideen entwickeln und sagen: „Wir wollen etwas Neues ausprobieren. Wir wollen mitplanen, mitreden.“
Dieser ganze konstruktive und partizipative Aspekt macht mir schon Spaß. Und wenn man dann von den Bürgern hört, dass sie gerne in der Gemeinde sind – wenn sie sagen: „Ich als Haflinger, ich als Haflingerin bin hier gerne zu Hause“ – dann hat die Gemeindeverwaltung sicher ihren Beitrag dazu geleistet. Nicht ausschließlich, denn Gott sei Dank hängt nicht alles von uns ab, aber auch, kann man sagen.