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Mehr Zusammenarbeit im Umweltmanagement

Hans Werner Wickertsheim

Im Mai endete das Mandat des langjährigen Stadtwerke-Präsidenten Hans Werner Wickertsheim. Im Hauptberuf Steuerberater und Wirtschaftsprüfer musste Wickertsheim eine Zeitlang auch die Geschäftsführung der Stadtwerke übernehmen.

Herr Wickertsheim, wie fühlen Sie sich, wenn Sie bei den Meraner Stadtwerken vorbeigehen?
Hans Werner Wickertsheim: Einerseits bin ich schon ein wenig traurig, dass diese Zeit nun zu Ende ist, war sie doch für mich sehr intensiv und lehrreich. Andererseits haben wir auch vieles auf den Weg bringen können und das erfüllt mich mit Freude und Genugtuung.

Was waren Ihre Ziele?
Ich bin als Präsident mit dem Ziel angetreten, den Stadtwerken eine klare Leitlinie für die nächsten Jahre zu geben. Das heißt, wir haben 2015 relativ schnell begonnen, Strategieworkshops durchzuführen. Mir ist damals aufgefallen, dass die wenigsten Inhouse-Gesellschaften, die zu 100 Prozent in öffentlicher Hand sind, ein Strategiepapier haben. Das war mein Hauptanliegen, nachdem ich durch mein Studium aus der strategischen Unternehmensführung gekommen war.

Wie würden Sie sagen, haben sich die Stadtwerke in Ihrer Amtszeit entwickelt?
Wir haben neue Abteilungen aufgebaut, was nicht einfach war, wie zum Beispiel die Straßenbeleuchtung. Wir haben auch das Abwasserwerk komplett übernommen. Ich glaube, dass es uns gelungen ist, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass wir einen Mehrwert bieten, indem wir zusätzliche Dienstleistungen anbieten und in wichtigen Bereichen der zentrale Ansprechpartner für die Meranerinnen und Meraner sind. Wichtig war mir auch die Zusammenarbeit. Nicht jede Gemeinde muss sich immer neu erfinden, unser Know-how haben wir auch den umliegenden Gemeinden angeboten.

Das Umwelt- und Müllmanagement wird häufig kritisiert, unabhängig davon wie es betrieben wird.
Leider, weil es in diesem Bereich keine Win-Win-Situation gibt. De facto hat sich hier gezeigt, dass man, egal welche Schraube man dreht, immer einen Nachteil hat. Ich kann mich noch gut erinnern: Unter Bürgermeister Rösch stand die Positionierung der Presscontainer zur Diskussion. Egal, wie wir die Planung aufgezogen haben, es gab immer eine Gegenstimme. Der Umweltbereich ist ein klassisches Thema, wo man es einfach nicht allen recht machen kann. Hier ist unser Ziel, auch im Zusammenhang mit den rund 85 % Kundenzufriedenheit, die wir feststellen, in Zukunft über die 90er Marke zu kommen. Und ich glaube, das ist schon das Höchste, was man in diesem Bereich erreichen kann.

Ein großes Problem ist die illegale Müllentsorgung.
Genau, seit Beginn meiner Amtszeit geben wir doppelt so viel für illegale Müllentsorgung aus. Damals waren es knapp 200.000 Euro, jetzt nähern wir uns den 400.000 Euro, die wir jährlich für die Bürger ausgeben, die sich nicht an die Regeln halten. Sie werfen ihre Müllsäcke einfach weg und stellen alles an den Sammelstellen ab. Das ist wirklich ein Problem.

Was kann man gegen die Abfallsünder tun?
Ich setze stark auf die Einführung von „Wastewatchern“, die Müllsünder sensibilisieren, informieren, aber gegebenenfalls auch bestrafen sollen. Das haben wir auch im Austausch mit den Wiener Stadtwerken erkannt. Vieles kann man durch Sensibilisierung und Information erreichen, aber am Ende müssen wir auch ab und zu diejenigen abmahnen, die sich nicht an die Regeln halten.

Produzieren wir zu viel Abfall?
Je weniger Müll ich produziere, desto besser ist es für die Umwelt. Deshalb war die Einführung der Biotonne aus meiner Sicht eine der strategisch wichtigsten Entscheidungen meiner Präsidentschaft. Ausgehend von den Studien, die wir im Vorfeld gelesen haben, hat sich gezeigt, dass die Biotonne tatsächlich dazu beigetragen hat, das Bewusstsein für mehr Recycling und Abfallvermeidung zu schärfen. Dieser Trend ist auch quantitativ deutlich erkennbar. Wir haben zwar seit Einführung der Biotonne rund eine halbe Million Kilogramm mehr Bioabfall gesammelt, mussten aber gleichzeitig eine Million Kilogramm weniger Restmüll entsorgen. Die Biotonne allein reicht jedoch nicht aus. Es muss weitergehen, sowohl in den Köpfen der Bürger als auch in der praktischen Umsetzung. Es ist bereits deutlich zu erkennen, dass die Bürgerinnen und Bürger zunehmend bereit sind, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Plastik ist ein großes Problem.
Leider haben wir in Italien eine relativ große Plastiklobby. Das bedeutet, dass wir eine hohe Plastikproduktion haben und leider auch unzählige verschiedene Arten von Plastik, bei denen selbst ich nicht immer weiß, was tatsächlich recycelbares Plastik ist und was nicht. Zum Glück gibt es jetzt über unsere Junker-App und unsere Homepage die Möglichkeit, diese Dinge genauer zu überprüfen und gegebenenfalls zu scannen. Das Problem bei einer flächendeckenden Kunststoffsammlung ist allerdings, dass, wenn wir den Bürgern erlauben würden, Kunststoff in einer Tonne zu sammeln, das Kunststoff, das wir über eine normale Sammelglocke sammeln, am Ende eine so schlechte Qualität hat, dass wir es nicht mehr recyceln können.

Und das bedeutet?
Das heißt, es könnte passieren wie in Bozen, wo im letzten Jahr 75% des „frei“ gesammelten Plastiks wieder in die Müllverbrennung gebracht werden mussten. Psychologisch wäre es zwar für den Bürger interessant, wenn er sagen könnte: „Plastik kann ich genauso wie Glas oder Papier in eine normale Sammelglocke werfen“. Die Erfahrung zeigt aber, dass aufgrund der Vielfalt der Kunststoffarten relativ wenig für die Umwelt herauskäme. Deshalb sammeln wir Kunststoffe nur auf speziellen Recyclinghöfen oder auf dem Wertstoffhof, wo Fachpersonal anwesend ist und Anweisungen zur richtigen Entsorgung gibt. Das ist sicher eine der größten Herausforderungen: herauszufinden, wie wir es den Bürgern leichter machen können, Plastik zu recyceln, ohne dass die Kosten für uns explodieren.

Ein weiteres Problem ist auch, dass es kein landesweites Umweltkonzept gibt. Das bedeutet, dass das Umweltmanagement weitgehend den Gemeinden überlassen wird.
Das ist in der Tat ein Problem. Wir als Stadtwerke bemühen uns sehr, uns mit der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt auszutauschen, aber auch da gibt es natürlich unterschiedliche Meinungen. Das Ganze ist nicht so einfach, angefangen von den Tetrapaks, wo wir alle unterschiedlicher Meinung sind, bis hin zur Kartonsammlung, die völlig unterschiedlich gehandhabt wird, oder zur Biomüllsammlung, wo wir in Meran jetzt zweimal die Woche eine Abholung haben und in den Umlandgemeinden teilweise nur einmal. Es gibt derzeit keinen einheitlichen Standard. Ob sich das ändert, wenn die nationale Behörde ARERA landesweit die Federführung im Bereich der Umweltservices übernimmt, wird sich zeigen. Es ist klar, dass sie dann Standards vorgeben kann. Wir werden sehen, welche Auswirkungen die verstärkte Funktion von ARERA im Umweltbereich haben wird, das ist im Moment noch schwer abzusehen.

Neben dem Umweltdienstleistungen haben die Stadtwerke weitere wichtige Aufgaben.
Etwa die Hälfte der Geschäftstätigkeit entfällt auf Umweltdienstleistungen. Dieser Bereich ist sowohl von der Anzahl der Beschäftigten als auch vom Umsatz her bedeutend. Zu den Umweltdienstleistungen gehören nicht nur die Müllabfuhr, sondern auch die Straßenreinigung und der Winterdienst, wie die Schneeräumung. Viele verschiedene Aspekte kommen hier zusammen. Die andere Hälfte der Tätigkeiten ist breit gefächert: Der größte Teil betrifft Abwasser und Wasser und die Verwaltung der beiden Netze. Diesen Betrieb haben wir erst vor drei Jahren übernommen, vorher wurde er indirekt über die Gemeinde geführt und von uns koordiniert. Inzwischen läuft auch der gesamte Umsatz über uns. Wasser ist ein großes Thema, auch für die Zukunft. Man kann unseren Vorgängern nicht genug danken, dass es ihnen gelungen ist, die 24 Quellen rund um Meran – die nicht alle in Meran liegen, sondern auch im Passeiertal und im Vinschgau – zu sichern. Ohne diese externen Quellen hätte sich Meran in den letzten 100 Jahren nicht so entwickeln können.

Die Meraner schätzen ihr Wasser zu wenig ?
Das stimmt. Früher habe ich teilweise auch Plastikflaschen mit ins Büro genommen. Mittlerweile trinke ich nur noch Leitungswasser, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass unser Meraner Quellwasser viel bekömmlicher, idealer und umweltfreundlicher ist. Dieses Bewusstsein ist bei vielen Meranern noch nicht ganz angekommen. Dabei stammt das Wasser, das aus dem Hahn kommt, zu 99 Prozent aus unseren Quellen und man kann es bedenkenlos trinken, es ist von den Mineralstoffen her besser als manches Mineralwasser.

Was machen die Stadtwerke noch?
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Straßenbeleuchtung und zunehmend auch die „Smart City“. Seit sechs Jahren arbeite ich daran, die Köpfe in der Politik für das Thema „Smart City“ zu öffnen, und ich denke, das ist mir gelungen. Wir haben als Stadtwerke seit fünf bis sechs Jahren eine enge Zusammenarbeit mit der Stadt Wien und den Wiener Stadtwerken, die zu einem intensiven Know-how-Austausch geführt hat.

Zusammenarbeit war Ihnen schon immer wichtig?
Ein großes Anliegen war mir immer die Zusammenarbeit, etwa mit den Stadtwerken Brixen und der SEAB in Bozen. Mittlerweile betreiben wir auch eine gemeinsame IT-Gesellschaft, die praktisch die gesamte IT-Infrastruktur der drei Unternehmen im Hintergrund betreut. Außerdem realisieren wir gerade gemeinsam eine Umladestation neben dem Ökozentrum in Bozen. Da sieht man, wie wichtig es wäre, zusammenzuarbeiten, ohne gleich von Fusio­nen zu sprechen.

Nach dem Ende Ihrer Amtszeit werden Sie sich wieder Ihrer Arbeit als Steuerberater widmen. Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Stadtwerke?
Ich wünsche mir, dass der neue Vorstand, der schon im Amt ist, den eingeschlagenen Weg fortzusetzt. Ich glaube, die Stadtwerke sind gut auf Kurs und könnten so weitermachen. Es ist jetzt die Aufgabe des neuen Vorstandes, gemeinsam mit dem Generaldirektor der Stadtwerke Meran, die Themen anzugehen, die für die Menschen wichtig sind, dazu gehört die Presscontainersammlung und die damit verbundenen Fragen, ob sie eine Zukunft hat oder ob sie neu organisiert werden muss. Aber es gibt noch viele andere Aufgaben. Ich kann mir vorstellen, dass man auch eine Umfrage macht, um die Stimmung einzufangen, und dass man den Weg des Ausbaus und der Aufwertung der Stadtwerke weitergeht.