Schenna ist vor allem für seinen florierenden Tourismus mit Nächtigungszahlen im sechsstelligen Bereich bekannt. Weniger bekannt ist, dass Schenna früher auch für seine Erzvorkommen und den Kleinbergbau berühmt war. Ein kurzer Blick in die Dorfgeschichte.
von Philipp Genetti
Die Gemeinde Schenna liegt am südwestlichen Hang des Meraner Beckens auf rund 600 m Seehöhe und umfasst eine Gemeindefläche von 48,26 km². Die höchste Erhebung ist der Gipfel des Hirzers mit 2781 Metern. Der Hausberg ist der Ifinger mit 2581 m. Die Einwohnerzahl von Schenna beträgt ungefähr 2900. Die Gemeinde gliedert sich in die Fraktionen Tschivon, Unterdorf, Oberdorf mit St. Georgen, Verdins, Tall und Schennaberg. Schenna ist bekannt für seine schöne Landschaft und die vielen Wanderwege, die jedes Jahr zahlreiche Besucher anziehen.
Erste urkundliche Erwähnung
Als Standort zahlreicher historischer Baudenkmäler, wie unter anderem Schloss Schenna, Schloss Goyen, dem „Uolenturm“, einem ehemaligen Bergfried und den prächtigen Gotteshäusern, der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt und der alten St.-Georgen-Kirche, blickt Schenna auf eine lange und bedeutende Dorfgeschichte zurück. Die erste urkundliche Erwähnung stammt nach Notburga Unterthuner aus dem Jahr 1149. Hier taucht der Name „Schenna“ erstmals als „schennan“ auf. Im folgenden Jahr, 1150 werden die „Herren von Schenna“, Odoricus und Heinricus des Sennano, als Ministeriale der Grafen von Tirol erwähnt.
Ihr Stammsitz wird heute in den Resten der Burg bei St. Georgen, auch „Alt-Schenna“ genannt, vermutet. Dem Namen „Schenna“ wird oft ein romanischer Ursprung zugeschrieben. Er soll sich wie das Wort „Szene“ vom lateinischen Begriff „scaena“ für Bühne oder Schauplatz ableiten. Das kommt nicht von ungefähr. Zahlreiche Funde antiker Münzen auf dem Gemeindegebiet deuten jedenfalls auf eine frühe römische Siedlung hin. Seit dem Mittelalter ist die Geschichte der Gemeinde eng mit der Geschichte des gleichnamigen Schlosses verbunden.
Schenna und die Grafen von Meran
Das Schloss Schenna gilt heute als eines der bedeutendsten, aber auch eindrucksvollsten Schlösser Südtirols und ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Besitz der Grafen von Meran. Ein Teil des Schlosses wird heute als öffentliches Museum von Familienmitgliedern des Besitzers Franz Graf von Meran bewohnt und bewirtschaftet, die aus dem Schloss Stainz in der Steiermark, einem ehemaligen Augustiner-Chorherrenstift stammen. Dem Schloss ging eine erste Burganlage im Ost- und Südflügel der heutigen Anlage voraus, die eng im Zusammenhang mit dem in Schenna geborenen Herren von Schenna, Petermann von Schenna, verbunden ist. Nachdem ihm der Tiroler Landesfürst die Verwaltung des Burggrafenamtes übertragen und ihm die Erlaubnis zum Bau einer Burg auf dem Hügel von Schenna erteilt hatte, übergab Petermann die Burg bei St. Georgen an seine Vettern Reimprecht und Wernher. Wie aus der Chronologie der geschichtlichen Entwicklung des Dorfes Schenna hervorgeht, ist die genaue Lage des Petermannschen Besitzes heute nicht mehr eindeutig feststellbar. Nach der Heirat der zweiten Tochter Petermanns mit Hans von Starkenberg verliert die Schlossherrenfamilie nach und nach ihre Stellung in Schenna. Der ursprüngliche Burgfried stürzt in der folgenden Zeit ein. Erst nach der Verpfändung und dem Verkauf des Anwesens durch Kaiser Maximilian I. an den Tiroler Adeligen Paul von Liechtenstein und dessen großzügigen Umbau der Anlage in seine heutige Form erlangt Schloss Schenna wieder Glanz und Ansehen. Am 30. Januar 1845 ging Schloss Schenna zusammen mit Schloss Thum per Kaufvertrag an den Habsburger Erzherzog und späteren Reichsverweser in der deutschen Nationalversammlung (1848 – 1849) Johann von Österreich über. Er gilt damit bis heute als der wohl bedeutendste Besitzer in der Geschichte des Schlosses.
Das Mausoleum: Letzte Ruhestätte Erzherzogs Johanns von Österreich
Seine Vorliebe für Schenna als Tiroler Familienwohnsitz hielt er in seinem Tagebucheintrag fest, wo er davon schrieb, dass er, „wenn es Gott gefällt“, hier bleiben wolle, um seinem Knaben ein Nest zu bereiten, „inmitten eines Kernvolkes, in einer gesunden Gegend“. In einer feierlichen Zeremonie soll ihn damals das ganze Dorf herzlich empfangen haben. Erzherzog Johann starb im 78. Lebensjahr am 11. Mai 1859 in Graz an einer Lungenentzündung und wurde am 14. Mai 1859 dort beigesetzt. Seinem Wunsch entsprechend ließ sein Sohn Graf Franz von Meran in Schenna das Mausoleum errichten, in das Erzherzog Johann am 21. Juni 1869 übergeführt wurde. Es zählt heute als einer der besten neugotischen Sakralbauten des 19. Jahrhunderts und von namhaften Künstlern seiner Zeit erbaut.
Kleinbergbau in Schenna und Verdins
Die Flurnamen in Schenna wie Kupferlochgasse oder Inner- und Außerknappen weisen auf eine weitere Besonderheit der Dorfgeschichte hin. Wie dem Dorfbuchbericht von Kurt Folie zu entnehmen ist, wurde bis in die 1970er Jahre im Gemeindegebiet, vor allem aber in der sogenannten Masulschlucht bei Tall, im Kleinbergbau teilweise wertvoller Beryll, Feldspat und Glimmer abgebaut. Der gewonnene Beryll wurde vor allem zur Wärmedämmung bei Schutzschilden im Raketenbau verwendet und war ein wichtiger Bestandteil bei der Produktion der deutschen ballistischen Beryllium-„Fernrakete“ V2. Als im Winter 2014/2015 beim Aushub für den Erweiterungsbau des Schennerhofs unterhalb der Verdinser Straße schließlich ein weiterer 15 bis 20 Meter tiefer Stollen im Glimmerschiefer-Paragneis-Gestein zum Vorschein kam, war die Überraschung groß. Wie es auf einer Schautafel in der Nähe des Dorfzentrum zu lesen ist, ist der Stollen etwa 1,7 Meter hoch und bis zu 0,9 Meter breit. Außerdem wurde er offenbar nur von Hand getrieben, d. h. nur mit Schlägel und Eisen und trockenen Holzkeilen, die in Felsspalten geschlagen wurden. Man geht heute davon aus, dass dieser Stollen bereits mittelalterlichen Ursprungs ist und mit ziemlicher Sicherheit schon vor dem 17. Jahrhundert bestanden haben muss. Einige der Erzvorkommen von Schenna sind heute auch in der Mineralien- und Schmetterlingsausstellung des bekannten Mineraliensammlers Sepp Frei in der öffentlichen Bibliothek von Schenna zu sehen. Weitere Kupfer-, Stollenmund- und Knappenlöcher sind heute unter anderem hinter dem Haus Felsenegg in der Nähe der Kupferlochgasse, im sogenannten Schnuggengraben unter dem Baumannhof, im „Kehrer Berg“ in Untertall sowie außerhalb der Schermairhöfe bekannt. Sie sind bis heute Zeugen einer längst vergangenen Zeit, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann.