In Meran blüht es in allen Farben, zumindest dort, wo die Gäste hinschauen. Die Blumenbeete entlang der Promenaden sind wahre Kunstwerke. Eine Blütenpracht wetteifert darum, den Gästen das farbenprächtigste Lächeln zu entlocken. Jeder Blumenkübel ein Statement, jede Hecke ein Meisterwerk. Es scheint fast, als würde die Natur selbst wissen, dass sie die Wirtschaft ankurbeln muss. Doch abseits der gepflegten Blumenoasen, genauer gesagt vor den Schulen im Schulzentrum, entfaltet sich ein anderes Bild. Dort, wo Schüler jeden Tag vorbeigehen, um Bildung für die Zukunft zu erlangen, verdorrt das Gras. Man könnte meinen, es sei ein geheimer Versuch, die Schüler auf die Wüsten unserer sich erwärmenden Welt vorzubereiten. Vielleicht lernt man ja besser, wenn der Anblick von braunem, trockenem Gras die Konzentration fördert. Oder aber die Gemeindeverwaltung hat schlicht und ergreifend erkannt, dass die Schüler von Meran hart im Nehmen sein müssen – schließlich wachsen sie nicht in den gepflegten Blumengärten der Promenade auf.
Es stellt sich natürlich die Frage, warum genau hier das Grün nicht sprießt. Vielleicht glaubt die Stadt, dass verdorrtes Gras die Kreativität anregt. Es ist ja viel einfacher, sich Innovationen auszudenken, wenn der Anblick der eigenen Schule an eine post-apokalyptische Landschaft erinnert. Die Schüler werden in der Lage sein, das Überleben in widrigsten Umständen zu trainieren, während die Touristen am Kurhaus bewundern, wie die Natur durch menschliche Hand perfektioniert werden kann. Oder aber, und das wäre die wahrscheinlichste Erklärung, hat die Gemeindeverwaltung schlicht und ergreifend andere Prioritäten. Schließlich sind es die Touristen, die das Geld bringen, nicht die Schüler. Blütenpracht für die Gäste, Dürre für die Zukunft. Ein Gleichgewicht, das nur wahre Lokalpolitiker zu schätzen wissen.