Das können nicht nur die knapp 1800 Einwohner von sich behaupten. Unter diesem Motto stand auch ein vielversprechendes Projekt der Gemeinde. Doch seit der Corona-Pandemie befinden sich die Nahversorgung und die Gastronomie in einem Abwärtstrend, dem die Gemeindeverwaltung nun entgegenwirken will. Ziel ist es, wieder mehr Leben ins Dorfzentrum zu bringen. Die BAZ im Gespräch mit dem scheidenden Bürgermeister Armin Gorfer.
von Philipp Genetti
Als Sie 2010 gewählt wurden, sah Gargazon noch ganz anders aus. Es gab lebhafte Gaststätten wie das bekannte Gasthaus „Turmwirt“ und das Restaurant „Grüner Baum“. Wie erklären Sie sich die jüngsten Entwicklungen?
Gargazon hatte früher definitiv mehr Leben im Ortskern. Das muss ich zugeben – das hat stark nachgelassen. Ich denke, das liegt unter anderem daran, dass viele Gastronomiebetriebe geschlossen haben. Ein anderer Aspekt ist die zunehmende Digitalisierung. Nehmen wir die Bank: Früher sind viele Bürger zur Bank gegangen und haben dort ihre Angelegenheiten erledigt. Danach gingen sie oft zur Gemeinde und weiter durchs Dorf, um weitere Dinge zu erledigen. Heute ist das kaum noch der Fall – die meisten nutzen Online-Banking. Solche Entwicklungen haben einen großen Einfluss auf das Leben in einem Dorf.
Das „Dorfcafé“ war ein weiterer wichtiger Treffpunkt in der Nähe der Gemeinde. Wie steht es um dieses Café?
Das Dorfcafé ist seit der Pandemie geschlossen. Kurz davor hatte eine neue Pächterin den Betrieb aufgenommen, musste aber während der Pandemie mangels Einnahmen wieder schließen. Seither ist das Café geschlossen. Wir konnten von der Raiffeisenkasse einen zusätzlichen Raum erwerben, in dem wir das Dorfcafé umgebaut haben. Derzeit sind wir dabei, das Lokal neu auszuschreiben, in der Hoffnung, bald wieder einen Betreiber zu finden.
Wie sieht die Zukunft der Gastronomie in Gargazon aus? Gibt es Projekte zur Wiederbelebung dieses Bereichs?
Ja, es gibt Projekte insbesondere für das Areal „Grüner Baum“. Dieses wurde inzwischen verkauft und wenn das geplante Projekt realisiert wird, könnte dort in Zukunft wieder ein Gasthaus entstehen. Wir als Gemeinde haben dem Projekt grundsätzlich zugestimmt. Es liegt nun am Eigentümer, ob und in welcher Form es umgesetzt wird. Ein weiteres Geschäftslokal könnte gegenüber der Gemeinde Gargazon, am Dorfplatz im Gebäude „Löwenwirth“, entstehen.
Trotz der Probleme in der Gastronomie gibt es in Gargazon eine rege Vereinstätigkeit. Wie sehen Sie die Rolle der Vereine in der Gemeinde?
Wir haben über 20 aktive Vereine und Gruppen, die neben der Feuerwehr und der Musikkapelle eine rege Tätigkeit aufweisen. Wir sind stolz auf unseren Sportverein, zwei Chöre und viele kreative Gruppen, wie zum Beispiel die Töpfergruppe und andere. Vieles ist in Bewegung ist, und das Vereinshaus wird intensiv genutzt. Wir haben auch einen Saal, der derzeit noch der Raiffeisenkasse gehört. Wir als Gemeinde sind aber dabei, die Besitzverhältnisse zu klären, da die Rechte der Gemeinde erloschen sind. Hier passiert schon einiges. Was uns fehlt, ist einfach der Bereich der Gastronomie und die Nahversorgung, der in der Geschichte des Dorfes immer für Austausch gesorgt und das Dorf insgesamt belebt hat.
Gargazon hat sich als attraktiver Wohnstandort erwiesen. Worauf führen Sie das zurück?
Ich denke, wir haben sehr viele gute Angebote. Wenn ich nur an die Spielplätze denke: Für den „Sonnenspielplatz“ wurde Gemeinde um das Jahr 2000 als kinderfreundliche Gemeinde ausgezeichnet. Hier in unmittelbarer Nähe der Gemeinde haben wir das kleinere Pendant, den „Schattenspielplatz“, wo sich auch der Festplatz befindet. Außerdem gibt es relativ viel Grün im Dorf. Auch wirtschaftlich hat sich einiges getan, vor allem in der Gewerbezone nahe der Auffahrt zur MeBo. Seit 2005 haben sich dort mehrere Betriebe angesiedelt in letzter Zeit sind vier weitere, größere und kleinere, hinzugekommen. Die Lage ist logistisch gesehen eine sehr günstig: Durch die Anbindung an die MeBo sind sowohl Bozen als auch Meran schnell erreichbar. Daher ist der Standort vor allem für Pendler sehr interessant.
Ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt für die Belebung des Ortskerns ist auch der Festplatz. Wie sehen Sie die Entwicklung?
Wir haben auf unserem Festplatz vier bis fünf größere Veranstaltungen im Jahr, die sehr gut besucht sind. Das funktioniert insgesamt sehr gut, und deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir einen Weg finden, den Ortskern weiter zu beleben. Es tut sich einiges: Es passiert viel: Der Campingplatz wurde eröffnet, wir haben den Radweg gebaut. Bald wird im Zentrum eine Kindertagesstätte entstehen, die ebenfalls neues Leben in den Ort bringen wird.
Sie haben die Kindertagesstätte erwähnt. Wie ist die Gemeinde im Bildungbereich aufgestellt?
Wir haben in Gargazon zwei deutsche und eine italienische Kindergartensektion mit etwa 60 Kindern. Unsere deutsche Grundschule hat etwa 80 Schüler in fünf Klassen. Die italienische Grundschule ist in Lana, und es gibt einen Schulbus, der die Kinder dorthin bringt. Unsere Grundschule wurde 2018 erweitert und energetisch saniert. Dort ist auch die Dorfbibliothek Für die Mittelschule sind wir dem Schulsprengel Terlan zugeordnet. Die meisten Schüler aus Gargazon besuchen die Mittelschule in Terlan, einige wenige pendeln nach Meran.
Gab es auch Herausforderungen, die Sie während Ihrer Amtszeit meistern mussten?
Ja, eine große Herausforderung war der Erwerb des Spielplatzes, der nicht der Gemeinde gehörte. Das war eine teure und aufwändige Angelegenheit. Jetzt steht der Erwerb des Raiffeisensaals bevor, das wird eine weitere große Aufgabe sein. Aber auch hier haben wir die Voraussetzungen geschaffen und sind zuversichtlich, dass es bald umgesetzt werden kann.
Sie haben auch die Umstellung auf LED-Beleuchtung in der Gemeinde vorangetrieben. Was bedeutet das für Gargazon?
Die Umstellung auf LED-Beleuchtung ist ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. Gargazon hat in dieser Hinsicht eine lange Tradition, nicht zuletzt durch die Bio-Pioniere in der Landwirtschaft und das Biohotel „theiners garten“. Auch das Naturbad spielt hier eine Rolle. Mit der Marke „Natürlich Gargazon – naturalmente Gargazzone“ wollten wir das Bewusstsein für Nachhaltigkeit im Dorf weiter stärken. Leider wurde dieses Projekt durch die Pandemie unterbrochen, aber ich hoffe, dass wir es bald wieder aufnehmen können.
Können Sie uns mehr über das Projekt „Natürlich Gargazon“ erzählen?
Das Projekt wurde kurz vor der Pandemie zusammen mit der Kommunikationsexpertin Monika Gamper entwickelt. Ziel war es, eine eigene Marke für die Vereine und Betriebe im Dorf zu schaffen, um Synergien zu fördern und das Thema Nachhaltigkeit in den Vordergrund zu rücken. Leider ist das Projekt nach dem Unfall von Frau Gamper ins Stocken geraten und wir hatten bisher keine Kapazitäten, es wieder aufzunehmen. Ich hoffe aber, dass wir in Zukunft wieder die notwendigen Voraussetzungen schaffen, um das Projekt weiterzuführen.
Wie hat sich das Naturbad während Ihrer Amtszeit entwickelt?
Schon die vorherige Gemeindeverwaltung war der Meinung, dass der Bau eines herkömmlichen Schwimmbades keinen Sinn ergibt. Dann ergab sich die Möglichkeit, ein Naturbad zu errichten, da im Land die gesetzlichen Voraussetzungen für den Bau von Naturbädern geschaffen wurden. Ich erinnere mich noch gut an meine Zeit als Gemeindeangestellter, als wir verschiedene Naturbäder besichtigten. Das Projekt wurde ein großer Erfolg. Eine weitere besondere Attraktion entstand zwischen 2005 und 2010 mit der Orchideenwelt Raffeiner. Ursprünglich wurde sie als reiner Gärtnereibetrieb eröffnet und wurde in meiner Amtszeit das Freizeitangebot der Orchideenwelt erweitert.
Sie arbeiten seit über 30 Jahren in der Gemeinde, seit 2010 als Bürgermeister. Was wünschen Sie sich für die Zukunft von Gargazon?
Mein größter Wunsch ist, dass der Zusammenhalt in der Gemeinde erhalten bleibt. Es ist mir ein großes Anliegen, dass die Sprachgruppen weiterhin harmonieren und die Nahversorgung gesichert bleibt. Eine gesunde Entwicklung und eine lebendige Dorfgemeinschaft, das ist das Wichtigste.
Das Biohotel theiner’s garten, gelegen in Gargazon, besteht seit 2009 und feiert heuer seine 15. Saison. Die Geschichte beginnt aber schon viel früher: In den 1980er Jahren übernahm Seniorchef Walter Theiner den Bergerhof von seinen Eltern, direkt neben dem heutigen Biohotel. Schon damals erwies er sich als Landwirt mit Weitblick und stellte den Hof auf biologische Landwirtschaft um. Später ging er noch einen Schritt weiter und bewirtschaftete den Hof biologisch-dynamisch, die höchste Stufe der biologischen Landwirtschaft. Bereits vor 40 Jahren erhielt er dafür die Demeter-Zertifizierung – ein Meilenstein, zumal der intensive Obstbau nach biologisch-dynamischen Richtlinien damals noch nahezu unbekannt war. Zunächst wurden die hofeigenen Produkte an einem kleinen Obststand an der Hauptstraße verkauft. Doch Walter Theiner hatte größere Pläne und gründete wenig später die ersten Bioläden unter dem Namen „Pronatura“, die rasch expandierten. Außerdem war er Mitbegründer des größten Bio-Lebensmittelhandels in ganz Italien. Nach dem Ausstieg aus dem Biohandel verwirklichte er gemeinsam mit seiner Familie ein weiteres visionäres Projekt: den Bau des ersten biozertifizierten Vier-Sterne-Hotels Südtirols und später des ersten Klimahotels Europas– theiner’s garten.
Schon beim Betreten des Hotels spürt man, dass hier Bio nicht nur ein Label ist, sondern in allen Bereichen des Betriebes gelebt wird. Von den Lebensmitteln über die Bauweise bis hin zu den Textilien und Reinigungsmitteln – jedes Detail wird nachhaltig und nach höchsten ökologischen Standards umgesetzt. Mittlerweile hat sich theiner’s garten auch für die lokale Bevölkerung geöffnet: Während der zehnmonatigen Saison können Einheimische Kurzurlaube buchen oder Angebote wie Abendessen, Frühstück und das Day Spa nutzen – inklusive Bio-Mittagessen.
Heute ist das Biohotel auch Partner verschiedener Welfare-Programme und beschäftigt stolz einige Mitarbeiter aus dem Dorf. Auch hier zeigt sich, wie ernst es theiner’s garten mit nachhaltigem Wirtschaften ist: Auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter wird großer Wert gelegt, insbesondere darauf, dass Mütter Beruf und Familie vereinbaren können. Was einst als Pionierprojekt begann, ist heute ein Erfolgsmodell, das Gargazon zu einem Vorzeigestandort für Nachhaltigkeit und Klimaschutz gemacht hat.