Das plötzliche Ende der Assad-Diktatur in Syrien hat gezeigt, wie schnell sich alles ändern kann. Über Nacht wurde das Regime gestürzt, kein Experte hatte dies vorhergesagt. Dass in Österreich die FPÖ unter Herbert Kickl die Regierung wohl übernehmen wird, war bis dato auch unvorstellbar. Bleiben wir also bei den Fakten, wenn es darum geht, einen Blick auf das neue Jahr zu werfen.
von Josef Prantl
Schon der Auftakt hat es in sich. Am 20. Januar wird Donald Trump ins Weiße Haus einziehen. Die Zeremonie findet vor der Westfassade des Kapitols statt und die Übertragung seiner ersten Rede wird viele vor die Bildschirme locken. Alles deutet darauf hin, dass der neue Präsident das „Project 2025“ tatsächlich umsetzen wird. Das 900 Seiten starke Regierungskonzept, das bereits 2022 von mehreren rechtskonservativen „Think Tanks“ entwickelt wurde, sieht eine „autoritäre Übernahme des Staatsapparates“ vor. Zehntausende Beamte sollen in zentralen Positionen der Behörden und Ministerien entlassen und durch stramme Trumpisten, „konservative Krieger“, wie sie sich selbst nennen, ersetzt werden. Zu diesem Zweck hat „Project 2025“ zweieinhalb Jahre lang eine Datenbank mit Namen und Qualifikationen solcher Trump-Loyalisten aufgebaut. Für die einen ist Trump eine Art Messias gegen alles Schlechte in der Welt, für die anderen ist er das personifizierte „Böse“. 2025 wird in dieser Hinsicht mehr als spannend.
Wendepunkt für Deutschland
Weniger dramatisch, aber nicht weniger spannend geht es im Februar in Deutschland weiter. Nach dem Bruch der Ampelkoalition im vergangenen November steht das Land am 23. Februar vor vorgezogenen Neuwahlen. Die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP war Anfang November nach wochenlangem, öffentlich ausgetragenem Streit über den richtigen wirtschaftspolitischen Kurs spektakulär zerbrochen. Für das Scheitern wurde die FDP verantwortlich gemacht. Ihr werden in der neuen Regierung kaum Chancen eingeräumt, es ist sogar fraglich, ob die Lindner-Partei überhaupt den Sprung in den Bundestag schafft. CDU/CSU-Kanzlerkandidat und wohl auch neuer Bundeskanzler Friedrich Merz betont zwar, mit allen zusammenarbeiten zu wollen, also mit SPD, FDP oder den Grünen, während CSU-Chef Markus Söder einer schwarz-grünen Koalition eine klare Absage erteilt. Auch eine Koalition aus CDU/CSU und SPD ohne Olaf Scholz wird häufig als wahrscheinliche Option diskutiert. Spannend bleibt die Rolle der kleineren Parteien. Während die FDP eine klassische schwarz-gelbe Koalition ins Spiel bringt, bleiben Koalitionen mit extremen Rändern wie der AfD oder der Linkspartei ausgeschlossen. Inzwischen werden die Stimmen laut, die vor einer ähnlichen Situation wie in Österreich warnen. Die Neuwahlen könnten nicht nur die politische Landkarte Deutschlands neu ordnen, sondern auch einen Richtungswechsel in der Europapolitik einleiten.
Auch Südtirol wählt
Auch bei uns stehen Wahlen an. Am 4. Mai werden in den meisten Gemeinden die Bürgermeister und Gemeinderäte neu gewählt. Die letzten Gemeinderatswahlen vor fünf Jahren fanden im Herbst statt. Wegen der Pandemie wurde damals im September gewählt, jetzt will man wieder zur alten Tradition zurückkehren und die Gemeinderatswahlen im Frühjahr abhalten. Der Termin für die Stichwahlen wurde auf den 18. Mai festgelegt. In Gemeinden mit bis zu 5000 Einwohnern wurde die Mandatsbeschränkung für Bürgermeister aufgehoben. In Gemeinden mit 5001 bis 15.000 Einwohnern bleibt die Beschränkung auf drei aufeinanderfolgende Amtszeiten bestehen. Für Großgemeinden mit mehr als 15.000 Einwohnern wurde die Amtszeit auf zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten begrenzt. Bürgermeister Ulrich Ladurner kann zum Bedauern vieler Algunder nicht mehr antreten, denn nicht die aktuelle Bevölkerungszahl (Algund hat momentan weniger als 5000 Einwohner) zählt, sondern ein früherer Stichtag.
80 Jahre Kriegsende
Ein zentrales Thema des neuen Jahres wird das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 80 Jahren sein. Am 8. Mai 1945 kapitulierte Nazi-Deutschland bedingungslos. In Italien etwas früher, am 2. Mai 1945. Am 30. April 1945 beging Hitler Selbstmord, am 29. April wurde im Hauptquartier der Alliierten in Caserta der Vertrag über die bedingungslose Kapitulation der deutschen Truppen in Italien unterzeichnet. „Da Zeitzeugen kaum noch am Leben sind, müssen Gedenken und Erinnerungskultur aus der Perspektive der Gegenwart gedacht werden, um den jungen Generationen die Bedeutung von Freiheit, Toleranz und Menschenrechten zu vermitteln“, sagt der Meraner Geschichtslehrer Ewald Kontschieder. Die Jubiläumsveranstaltungen wollen umso mehr die Bedeutung von Frieden, Freiheit und Verantwortung in einer zunehmend polarisierten Welt in den Mittelpunkt stellen. Am Realgymnasium und der Technologischen Fachoberschule Meran ist am 27. Jänner, dem internationalen Holocaust-Gedenktag, eine Tagung mit Zeitzeugen geplant unter dem Motto „Was wir bisher nicht zu fragen wagten“.
Gedenken an die Opfer der Atombombenabwürfe
Vor 80 Jahren, am 6. und 9. August 1945, kam es in Japan zum bisher einzigen Einsatz von zwei Atomwaffen durch das US-Militär. Die Explosionen töteten insgesamt rund 100.000 Menschen sofort – fast ausschließlich Zivilisten und von der japanischen Armee verschleppte Zwangsarbeiter. An den Spätfolgen starben bis Ende 1945 weitere 130.000 Menschen. „Den 80. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima und Nagasaki sollten wir zum Anlass nehmen, uns lautstark gegen das weltweite Atomwaffenarsenal zu wenden, mit dem sich die Menschheit selbst auslöschen könnte“, fordert die japanische Anti-Atomwaffen-Organisation Nihon Hidankyō, die 2024 den Friedensnobelpreis erhielt. Denn statt nach Hiroshima und Nagasaki alle Atombomben sofort weltweit zu ächten, horten heute immer mehr Staaten immer mehr Atomwaffen.
Immer komplexere Welt
Experten sagen es schon lange voraus: Die Welt wird zunehmend global und multipolar, wobei der Bedeutungsverlust der USA durch den Aufstieg neuer Mächte und die Globalisierung begünstigt wird. Die wirtschaftliche Machtverschiebung von West nach Ost, angetrieben durch steigende Rohstoffpreise und die Verlagerung von Industrien nach Asien, stärkt insbesondere die sogenannten BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika). China ist mittlerweile zur zweitgrößten Volkswirtschaft aufgestiegen, während Indien weiterhin rasant wächst. Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcenknappheit und eine alternde Bevölkerung belasten die globale Stabilität. Auch der Einfluss nichtstaatlicher Akteure nimmt zu. Elon Musk ist bestes Beispiel dafür. Terrorismus, nukleare Verbreitung und Ressourcenkriege bleiben zentrale Sicherheitsrisiken. Regionale Konflikte um Wasser und Energie sowie geopolitische Spannungen könnten 2025 eskalieren. Die Besorgnis über den Einsatz von Atomwaffen wird im kommenden Jahr weiter zunehmen.
Vier Szenarien
Szenario 1: Eine Welt ohne den Westen: In diesem Szenario übernehmen aufstrebende Mächte die Führung und verdrängen den Westen.
Szenario 2: Ein unerwarteter Klimaschock verändert die internationalen Handlungsmöglichkeiten.
Szenario 3: Zwischen den BRICS-Staaten, insbesondere Indien und China, könnte ein Konflikt um Ressourcen ausbrechen.
Szenario 4: Nichtstaatliche Akteure gewinnen so viel Einfluss, dass sie die globale Umweltagenda bestimmen und Staaten in den Hintergrund treten.
Gedenktage 2025
Ob 1945 oder 1525 – Das neue Jahr wird ein kriegerisches Jahr, wenn man den Kalender der runden Gedenktage betrachtet. Denn vor 500 Jahren fanden auch bei uns die Bauernkriege statt. Tiroler Bauern und Knappen wehrten sich gegen Ausbeutung und Unterdrückung, ermutigt unter anderem durch die Schriften Martin Luthers. Einer, der sich an ihre Spitze stellte, war Michael Gaismair aus Tschöfs bei Sterzing. Sein Entwurf für ein freies Tirol ist einzigartig. Gaismair propagierte eine christliche Republik, in der das Volk seine Regierung und seine Richter frei wählt. Alle Gesetze basieren auf Gottes Wort. Die Gemeinden sollen sich selbst verwalten. Arme und Kranke werden vom Staat unterstützt. Brixen wird Hauptstadt, Trient Zentrum des Handwerks. Die Binnenzölle werden vollständig abgeschafft, dafür werden an den Landesgrenzen Außenzölle erhoben. Bildung soll für alle kostenlos sein und die Stände werden abgeschafft, denn alle Menschen sind gleich. Michael Gaismair konnte seine Landesordnung zwar nie durchsetzen, aber er hat gezeigt, wie eine gerechtere Gesellschaft aussehen könnte – 500 Jahre vor unserer Zeit.
100 Jahre Quantenmechanik
Was haben ein Smartphone, ein Barcode-Scanner und ein Magnetresonanztomograph gemeinsam? Keine dieser Technologien gäbe es ohne die Quantenmechanik, deren Anfänge auf das Jahr 1925 zurückgehen. Die Vereinten Nationen haben 2025 zum „Internationalen Jahr der Quantenwissenschaften und Quantentechnologien“ erklärt. Der Physiker Werner Heisenberg entdeckte 1925 das Modell der Quantentheorie, das die Physik revolutionierte und dessen Auswirkungen bis heute in Technik, Wissenschaft und Alltag spürbar sind. Eine weltweite Initiative würdigt die bahnbrechenden Beiträge der Quantenwissenschaft zum technologischen Fortschritt der letzten hundert Jahre. Ohne Zweifel gehört die Quantentheorie zu den großen grundlegenden Erkenntnissen der Menschheit über die Welt, in der wir leben.
2025 ist ein „Heiliges Jahr“
Und wie jedes Jahr gibt es auch 2025 wieder Jubiläen und runde Geburtstage zu feiern. Zum Beispiel Thomas von Aquin, der vor 800 Jahren geboren wurde, oder Johann Strauß Sohn, der vor 200 Jahren das Licht der Welt erblickte. Wien feiert seinen Sohn mit einem rauschenden Festjahr. Papst Franziskus hat das neue Jahr zum „Heiligen Jahr“ unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“ ausgerufen. Es soll dazu ermutigen, Hoffnung zu schöpfen und Verantwortung für die Welt zu übernehmen. Millionen Menschen werden nach Rom pilgern und ein Zeichen der Solidarität setzen. Denn in einer Zeit von Kriegen und Krisen ist die Besinnung auf gemeinsame Werte und Hoffnung nicht nur eine religiöse, sondern auch eine gesellschaftspolitische Botschaft. Bei uns wurde das „Heilige Jahr“ mit einem feierlichen Gottesdienst schon am 29. Dezember 2024 im Brixner Dom eröffnet. Vom 27. bis 30. Oktober ist eine große Diözesanwallfahrt nach Rom geplant.