Es kommt nicht alle Tage vor, dass die Biographie einer bekannten Persönlichkeit von einem Autor geschrieben wurde, der den gleichen Namen trägt. Auf Mathias Ladurner, einen der Mitkämpfer Andreas Hofers, trifft dies jedoch zu.
Als die Witwe Anna Egger am 22. Oktober 1809 im Alter von 70 Jahren an „Wassersucht und Schlagfluß“ verstarb, stand es um das Land Tirol nicht zum Besten. Die Tiroler waren zwar siegreich aus der August-Schlacht am Bergisel hervorgegangen, aber die meisten wussten, dass es die Bayern und Franzosen nicht dabei bewenden lassen würden. Wenige Tage vor dem militärischen Erfolg der Tiroler war bereits Annas ältester Sohn Josef „in der feindlichen Affair am Kuhberg ob Sterzing durch eine Kugel in die Ewigkeit geschickt worden“. Auch Josefs Bruder Mathias war an den Kampfhandlungen beteiligt. Dieser hatte schon in jungen Jahren maßgeblich die Gemeindepolitik seines Heimatortes mitbestimmt. 1803 wurde ihm beispielsweise das Amt des Gemeindeanwalts übertragen. Damit war er der höchste Vertreter der Gemeinde, gleichzeitig eine Art Rechtspfleger und Hilfe des Landrichters. Er hat dieses Amt drei Jahre lang sehr gewissenhaft geführt, wie seine Aufzeichnungen heute noch dokumentieren. Ihn aber auf seine politischen und militärischen Tätigkeiten zu reduzieren, würde dem Mann in keiner Weise gerecht werden – wie Mathias Ladurner Parthanes in seinem Buch „Der Oberdorner“ nachzeichnet.
Hof und Familie
Mathias Ladurner wurde zu Lichtmess 1772 in Algund getauft. Seine Eltern waren der Bauer Luzius und dessen Ehefrau, die eingangs erwähnte Anna Egger. Die Familie lebte bereits seit mehreren Generationen auf dem Oberdorner-Hof und Mathias‘ Vater hat gut gewirtschaftet. Bei seiner Verlassenschaftsabhandlung 1792 hinterließ er ein für die damalige Zeit beachtliches Vermögen – fast sieben Mal so viel, wie Franz Raffl für den Verrat an Andreas Hofer erhalten haben soll. Als Erben setzte Luzius nicht seinen ältesten, sondern seinen jüngsten Sohn Mathias ein, ein Vorgehen, das damals im Burggrafenamt keineswegs üblich war. Der Älteste Josef hatte kurz zuvor die Unterdorner Erbtochter geheiratet und kam daher als Nachfolger nicht in Frage. Über die Gründe, warum an seine Stelle nicht der Zweitgeborene Anton trat, darüber können wir nur spekulieren. Beim Tod seines Vaters war Mathias erst 19 Jahre alt und damit minderjährig; die Verwaltung der Güter übernahm vorerst seine Mutter. Sechs Jahre später ehelichte Mathias die 21-jährige Maratschertochter Anna Sonnenburger. Der Ehe entsprangen acht Kinder: Josef, Maria, Anna, Elisabeth, Mathias, wenige Tage vor der 2. Bergisel-Schlacht Johannes Nepomuk Urban, schließlich Alois und als Nachzüglerin 1818 eine weitere Elisabeth. Der Oberdorner wurde zwar als Familienmensch beschrieben, aber sein Einsatz und seine Kraft galten noch anderen Aufgaben.
Voller Tatendrang
Mit dem Frieden von Pressburg 1805 wurde Tirol an Bayern abgetreten. Viele von der Bevölkerung nicht nachvollziehbare Neuerungen, zusätzliche Steuern und die Missachtung des Tiroler Landlibells von 1511 führten letzten Endes zu den Aufständen von 1809. Im April war Mathias Ladurner das erste Mal mit der Schützenkompanie Algund am Widerstand beteiligt – als Hauptmann von Anfang an als einer der Vertrauten des Sandwirts. Nach dessen Tod übernahm er wichtige Aufgaben in der Gemeinde und machte sich als Landespolitiker einen Namen, besonnen im Umgang, aber klar in seinen Überzeugungen. In Algund setzte er sich für die Notleidenden ein. Er war zudem ein geschickter Geschäftsmann, verlieh Geld, kaufte Güter hinzu und stiftete 1837 in seinem Heimatort mit dem „Spital“ das erste Altersheim. 1996 wurde der Neubau eingeweiht, der seither seinen Namen trägt. Als Mathias 1850 im Alter von 78 Jahren verstarb, war dies keine besondere Meldung wert. Heute ist ihm in Algund eine Straße gewidmet.
Christian Zelger