Auch im Jahr 2025 wird die Tradition fortgeführt, dass die ItalienerInnen jedes Jahr wegen irgendetwas zur Wahl gerufen werden. Rund 400 Gemeinden wählen im Mai, sechs Regionen im Herbst – und am 8. und 9. Juni, dem ersten Wochenende, an dem die Schulen in den meisten Teilen Italiens geschlossen sind, stehen landesweite Referenden an. Vier dieser Referenden betreffen das Arbeitsrecht und die Arbeitssicherheit, eines die italienische Staatsbürgerschaft. Es geht immer darum Teile bestehender Bestimmungen wieder aufzuheben.
Die ersten vier Referenden befassen sich mit dem sogenannten Jobs Act, der Arbeitsmarktreform der Regierung Renzi aus dem Jahr 2015. Im Zentrum der Kontroversen steht damals wie heute die Abschaffung von Artikel 18 für neu eingestellte Mitarbeiter. Vor der Reform konnten Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitenden nur aus „triftigem Grund“ entlassen werden. Das Referendum fordert nun die Wiederherstellung dieses Kündigungsschutzes auch für Personen, die nach 2015 eingestellt wurden.
Die zweite Frage betrifft unrechtmäßige Entlassungen in kleinen Unternehmen: Selbst wenn ein Gericht diese als ungerecht einstuft, müssen Betroffene bislang nicht wiedereingestellt werden – sie erhalten maximal sechs Monatsgehälter als Entschädigung. Das Referendum will diese Obergrenze abschaffen und den Gerichten mehr Handlungsspielraum einräumen.
Die dritte Frage betrifft befristete Arbeitsverträge: Derzeit muss bei Verträgen mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten kein Grund für die Befristung angegeben werden. Das Referendum will die Angabe eines sachlichen Grundes auch für kurzzeitige Verträge verpflichtend machen. Dies um dem Missbrauch prekärer Beschäftigungsverhältnisse entgegenzuwirken. Die vierte Frage dreht sich um Arbeitssicherheit bei der Vergabe von Aufträgen. Aktuell ist der Auftraggeber nur eingeschränkt für Arbeitsunfälle verantwortlich. Das Referendum schlägt vor, dass künftig auch das ausschreibende Unternehmen haftbar gemacht werden kann, selbst wenn der Unfall durch einen Auftragnehmer oder Subunternehmer verursacht wurde.
Die fünfte Frage betrifft die Staatsbürgerschaft und zielt auf eine frühere Einbürgerung von Migrantinnen und Migranten ab. Ausländerinnen und Ausländer sollen die italienische Staatsbürgerschaft bereits nach fünf statt zehn Jahren rechtmäßigen Aufenthalts beantragen können.
Es handelt sich also um Fragestellungen die durchaus Auswirkungen auf das tägliche Leben haben. Trotzdem bleibt das sogenannte Quorum ein entscheidendes Nadelöhr: Damit ein Referendum gültig ist, muss mindestens die Hälfte der Wahlberechtigten an der Abstimmung teilnehmen. Ein Ziel, das schwer zu erreichen ist. In den letzten 25 Jahren wurde dieses Quorum bei aufhebenden Referenden nur ein einziges Mal erreicht.