Die Landesregierung reagiert mit strengen Maßnahmen auf die stark steigenden Infektionszahlen.
Der Anstieg der Sars-CoV-2-Infektionen und die Entwicklung in Südtirol und in Italien haben die Entscheidungsträger im Land auch heute (2. November) den ganzen Tag über beschäftigt. Am Vormittag kam die Landesregierung zu einer Corona-Sondersitzung zusammen, die am Nachmittag fortgesetzt wurde, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Zudem gab es sowohl am Wochenende als auch am heuten Montag virtuelle Aussprachen mit der Regierung in Rom sowie einen Informationsaustausch mit dem Landtag.
Im Rahmen einer Pressekonferenz berichteten Landeshauptmann Arno Kompatscher und Landesrat Thomas Widmann am heutigen Montagabend über die von der Landesregierung vereinbarte Vorgehensweise und die neuen Regeln, die am morgigen Dienstag in eine Verordnung gegossen werden und mit Mittwoch in Kraft treten sollen und vorerst bis zum 22. November gelten.
Im Dialog mit der Regierung in Rom
„Die zweite Welle hat die Experten, was den Zeitpunkt und ihre Heftigkeit angeht, überrascht“, fasste Landeshauptmann Kompatscher die Lage zusammen. „Südtirols Sanitätswesen ist zwar jetzt besser gerüstet als im Frühjahr; dies gilt auch für die Seniorenwohnheime. Wir haben jetzt aber ein Infektionsgeschehen, das es notwendig macht einzugreifen, und zwar stark einzugreifen.“ Der Landeshauptmann berichtete über die Gespräche mit der Regierung und verwies auf das gemeinsame Dokument, das auf wissenschaftlicher Grundlage erarbeitet und am 8. Oktober von der Staat-Regionen-Konferenz genehmigt worden war. Es sehe verschiedene Szenarien vor samt entsprechender Maßnahmen auf regionaler Ebene. Die Regionen seien dann weiter gefordert, die lokale Situation zu beobachten und angemessen zu reagieren. „Das jetzige Geschehen macht somit weitere einschneidende Maßnahmen notwendig“, unterstrich der Landeshauptmann.
Gesundheitswesen unter Druck
Gesundheitslandesrat Widmann lieferte die Zahlen zum Infektionsgeschehen und sprach von dem zunehmenden Druck unter dem sich Südtirols Gesundheitswesen befinde. Handlungsbedarf sei gegeben. Schritt für Schritt würden neue Corona-Betten bereitgestellt. Dabei sei man bemüht, die essenziellen Gesundheitsdienste aufrecht zu erhalten. Aber die exponentielle Entwicklung mache es notwendig, auch unangenehme Maßnahmen zu setzen. Widmann rief zu verantwortungsvollem Verhalten auf. „Die Entwicklung der nächsten zwei Wochen können wir nicht mehr beeinflussen, und sie wird das Gesundheitssystem an seine Grenzen bringen. Wir können aber heute soziale Kontakte einschränken und uns an die Schutz- und Hygienemaßnahmen halten, damit die Infektionsketten unterbrochen werden und die Kurve in 14 Tagen abflacht.“
Ausgangssperre von 20 bis 5 Uhr
Die heute vereinbarten Maßnahmen fließen in eine neue Verordnung ein, die morgen unterzeichnet und veröffentlicht wird. Sie tritt am Mittwoch um null Uhr in Kraft und gilt vorerst bis zum 22. November. Ab Mittwoch soll somit eine Ausgangssperre zwischen 20 und 5 Uhr gelten. Im Gastgewerbe bleiben Bars, Restaurants, Eisdielen und Konditoreien geschlossen. Ein Abhol- und Zustellservice ist erlaubt. Hotels dürfen keine neuen Gäste mehr annehmen, nur mehr Gäste, die sich aus Arbeitsgründen im Beherbergungsbetrieb aufhalten. Fitnesscenters, Schwimm- und Thermalbäder, Wellnessbereiche bleiben in dieser Zeit geschlossen.
Geschäfte geschlossen
Weitere Einschnitte gibt es auch im Handel: Der Detailhandel bleibt nur im Lebensmittelsektor und für den Verkauf der Güter des täglichen Bedarfs geöffnet. Zustellservice und E-Commerce bleiben möglich. Am Sonntag bleiben auch diese Geschäfte geschlossen. Offen bleiben jedenfalls Apotheken, Paraapotheken und Trafiken.
Untersagt ist jegliche Form von öffentlichen oder privaten Events und Veranstaltungen sportlicher, kultureller, gesellschaftlicher Natur, bei denen mehrere Menschen zusammenkommen. Musik, Chor- und Theaterproben (ausgenommen Profitheater und -orchester) dürfen nicht stattfinden. Sitzungen und Versammlungen sollen, wo immer das möglich ist, als Videokonferenzen stattfinden.
Öffentlicher Verkehr für berufliche und schulische Zwecke
Oberschulen und Universität stellen auf Fernunterricht um, außer in spezifisch vorgesehenen Ausnahmefällen. Über zusätzliche Schutzmaßnahmen für den übrigen Schulbereich wird die Landesregierung aufgrund der epidemiologischen Entwicklung im Laufe der Woche entscheiden. Der öffentliche Nahverkehrsdienst kann nur zu beruflichen, schulischen Zwecken oder sonstigen dringlichen Erfordernissen genutzt werden. Damit soll die Auslastung auf die Hälfte reduziert werden.
Erlaubt ist Individualsport im Freien, während Mannschafts,- Kontakt- und Hallensport untersagt sind. Eine Ausnahme bilden das Training und die Wettkämpfe der Athleten, die an nationalen und internationalem Meisterschaften teilnehmen.
Unnötige Ortswechsel vermeiden
Zudem hat die Landesregierung eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen. Sie plädiert für das Smart Working, auch im privaten Sektor, wo immer möglich. Sie ruft weiters dazu auf, unnötige Ortswechsel zu vermeiden. Soziale Kontakte mit Personen, die nicht zum eigenen Haushalt gehören, sind auf das absolut notwendige Minimum zu reduzieren.
Drei Wochen Disziplin gefordert
Landeshauptmann Kompatscher sprach abschließend von einer ernsten Lage, die drastische Maßnahmen erfordere. „Wenn wir uns jetzt drei Wochen konsequent an diese strengen Regeln halten, werden wir es schaffen, die Infektionswelle zu brechen und die Kurve nach unten zu drücken“, zeigte sich der Landeshauptmann zuversichtlich. (jw)