Seit rund einem Jahr ist das Hochregallager der OVEG in Prad in Betrieb. Damit machte die Genossenschaft einen weiteren großen Schritt nach vorne.
Prad am Stilfserjoch – Die Obervinschgauer Produktionsgenossenschaft landwirtschaftlicher Erzeugnisse, kurz OVEG, ist derzeit jene Genossenschaft im Vinschgau, die am meisten Wachstum hat. 45.000 bis rund 50.000 Tonnen Erntemengen, 245 Genossenschaftsmitglieder, ein Einzugsgebiet von Mals bis Eyrs, wo insgesamt auf rund 730 Hektar Obstbau betrieben wird, 95 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, davon 25 Festangestellte, die direkt für die OVEG tätig sind. Dies sind nur einige der beeindruckenden Zahlen der Genossenschaft, die ihren Rechtssitz nach wie vor in Eyrs hat aber seit einigen Jahren in der Prader Industriezone beheimatet ist. In Eyrs gibt es hingegen das Detailgeschäft und die Warenvermittlung.
Mehr Platz
Um dem großen Wachstum gerecht zu werden wurde vor rund einem Jahr in Prad ein neues Hochregallager in Betrieb genommen. Dadurch, dass die Mengen konstant steigen, wurde verständlicherweise mehr Platz nötig. Die Erweiterung ist bereits 2014, als die neuen Betriebs- und Produktionsstätten, sowie Lagerhallen und Büros in der Prader Industriezone entstanden sind, angedacht gewesen und in das Konzept miteingeflossen. Eigentlich sollte das Hochregallager erst im Jahre 2022 realisiert werden, doch aufgrund des raschen Wachstums wurde der Bau sozusagen vorverlegt. Im Juni 2018 wurden somit die Bauarbeiten gestartet, im September 2019 war das Projekt dann fertig und bereit für die Produktion. Während der gesamten Bauphase ist die Produktion – mit Ausnahme der automatischen Anbindung des Verpackungsraums, wo es zu einer Produktionsunterbrechung von sechs Wochen kam – keinen einzigen ganzen Tag still gestanden. Alles klappte reibungslos, ja schon fast perfekt.
Die Termine konnten stets eingehalten werden, die am Bau beteiligten Unternehmen haben durch gute und kompetente Arbeit überzeugt. Am 23. September 2019 konnte das Hochregallager in voller Funktionalität schließlich in Betrieb genommen werden.
Schnell, effizient, funktional
Im Hochregallager in Prad können 18.480 Großkisten Äpfel (das entspricht in etwa 550 Waggon) gelagert werden. Der Verpackungsraum ist voll automatisch angebunden. Dies bringt zahlreiche Vorteile für die Arbeitsweisen. Diese werden vereinfacht und effizienter. Logistik und Warenmanagement werden damit optimiert. Das automatisierte System garantiert stets die Bereitstellung der richtigen Ware. So wird die ältere Ware als erstes genommen, das logistische System damit nahezu perfektioniert. Auch was die Haltbarkeit der Produkte betrifft erzielt ein solches Hochregallager zweifelsohne eine Verbesserung. Geplant wurde das Hochregallager von Ingenieur Wolfgang Oberdörfer vom Ingenieurbüro Bauteam aus Latsch. Mit dem neuen Hochregallager setzte man ganz auf Funktionalität. Und dennoch fügt es sich optimal in die Landschaft ein und wirkt umgeben von grünen Wiesen nicht wie ein Fremdkörper. Es war 2013 für die OVEG freilich ein großer Vorteil, auf einer grünen Wiese zu bauen. Dennoch war und ist die Fläche natürlich begrenzt und man konnte nicht blauäugig bauen. In weiser Voraussicht wurde schon damals der Bau in die Höhe bereits im Konzept mit eingeplant. Mit dem Hochregallager ging die OVEG somit einen weiteren bedeutenden Schritt in ihrer Geschichte.
Es ist dies übrigens bereits das fünfte Hochregallager einer Vinschger Obstgenossenschaft, nach der GEOS in Schlanders, der Mivor in Latsch, der Texel in Naturns und der Genossenschaft Juval in Kastelbell.
Fest steht: Es ist ein großer und wichtiger Schritt in die Zukunft und die OVEG ist für die nächsten Jahre bestens gerüstet.
Ein Blick auf die Geschichte
Dabei gibt es die OVEG in ihrer heutigen, eigenständigen Form erst seit dem Jahre 2014. Davor gab es eine Zusammenarbeit mit der Laaser Genossenschaft ALPE. Die Geschichte der OVEG reicht freilich viel weiter zurück und zwar auf den Anfang der 1960er Jahre. Die erfolgreichen Tätigkeiten der Obstgenossenschaften – zu dieser Zeit gab es bereits Genossenschaften in Kastelbell-Tschars, Schlanders sowie mit der Ortler und der Mivo gar zwei in Latsch – und die zunehmende Ausdehnung des Obstbaus im mittleren Vinschgau sowie die Verbesserung der Marktsituation und die Unterstützung durch das Landwirtschaftsinspektorat Bozen haben im oberen Vinschgau die Neugier der Bauern angeregt und die neuen Anpflanzungen von Obstbäumen gefördert. So bot es sich auch in Prad an, die Anliegen des Obstbaus zu bündeln und die Interessen der Obervinschger Bauern zusammenzufassen. Am 9. Jänner 1963 entstand in Prad die „Obstbau-Interessensgemeinschaft Obervinschgau“. Initiator und erster Obmann war Elmar Wallnöfer aus Prad.
2. März 1963: Geburtsstunde der OVEG
Am 2. März 1963 haben insgesamt 47 Bauern unter Anleitung von Josef Tappeiner im Gasthaus Alpenblick in Eyrs (heute Raiffeisenkasse) die Obervinschgauer Produktions-Genossenschaft landwirtschaftlicher Erzeugnisse m.b.H. mit Sitz in Eyrs gegründet. Es war dies die Geburtsstunde der OVEG. Der Eyrser Josef Tappeiner war erster Obmann, Manfred Tröger aus Laas erster Obmannstellvertreter. Aus dem Gründungsprotokoll ist ablesbar, dass rund 60 Prozent der Mitglieder aus Eyrs kamen. 1972 löste sich die Tätigkeit der „Obstbau-Interessensgemeinschaft Obervinschgau“ wieder auf, da die Anliegen der Obstbauern immer mehr die OVEG in die Hand genommen hatte. Bis dahin haben Interessensgemeinschaft und OVEG aber gut nebeneinander gelebt, die OVEG kümmerte sich in den ersten Jahren vor allem um die Vermarktung von Feldgemüse. Mit dem weiteren Boom des Obstbaus in den Folgejahren wuchs auch die OVEG immer weiter. Im Jahre 1998 startete man ein Kooperationsmodell mit der 1980 gegründeten ALPE in Laas. Der Vertrag der Zusammenarbeit sah unter anderem vor, dass die Äpfel aus dem Einzugsgebiet der OVEG in der Genossenschaft ALPE sortiert und verpackt wurden.
Historische Entscheidung im April 2012
Im Kulturhaus in Tschengls fiel am 19. April dann schließlich eine historische Entscheidung. Der Großteil der Mitglieder der Genossenschaft OVEG sprach sich auf einer Mitgliederversammlung dafür aus, den Weg der Eigenständigkeit einzuschlagen. Damit wurde der Kooperationsvertrag mit der ALPE in Laas 2013 beendet und die OVEG errichtete in der Handwerkerzone in Prad, wo sie bereits Jahre zuvor ein Außenlager gebaut hatte, eine neue Genossenschaft mit Sortier- und Verpackungsanlagen. Der Standort für den Neubau der neuen Genossenschaft in der Handwerkerzone in Prad ist aus mehrerlei Hinsicht ideal gewesen. Unter anderem wurde die OVEG damit zum natürlichen Ansprechpartner für die landwirtschaftlichen Produzenten im Obervinschgau, wo Jahr für Jahr neue Obstbauflächen angelegt werden. Mit dem neuen Sitz in Prad wurden der Verarbeitungsbetrieb mitsamt Sortierhalle, die Räumlichkeiten für die Kartonagen, der Verpackungsraum, die Kommissionierhalle mit Depotzelle, die Durchfahrt inklusive Anlieferungshalle sowie ein Zellenzubau für 550 Waggon realisiert. Zudem entstanden moderne Büros und Infrastrukturen für die Verwaltung. Im Zuge dieser Ausführungsarbeiten wurde insgesamt eine Nutzfläche von rund 19.000 Quadratmeter realisiert und eine Kubatur von 150.000 Kubikmeter verbaut. Das entspricht einem Bauvolumen von rund 300 Wohnhäusern. Ingenieur Wolfgang Oberdörfer aus Latsch hatte genauso wie das Hochregallager auch die damaligen Infrastrukturen geplant.
von Michael Andres