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2. September 2021
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Neustart in Meran

Fünf Bürgermeisterkandidaten für die Gemeinderatswahlen am 10. Oktober im Gespräch

Drei Gemeinden wählen am 10. Oktober erneut den Gemeinderat:
in Meran und Glurns scheiterten im vergangenen Herbst die Bürgermeister bei der Zusammenstellung des Gemeindeausschusses, in Nals trat der Bürgermeister zurück.
Spannend wird es in Meran auf alle Fälle. Spätestens am 24. Oktober wissen wir, wer das Rennen gemacht hat, denn im ersten Wahlgang wird es wohl keine klare Entscheidung geben.

von Josef Prantl

Wir erinnern uns: Paul Rösch hat beim letzten Treffen der Meraner Parteien im November 2020 den Vorschlag einer Art Übergangs- oder Notregierung auf den Tisch gebracht. Ihr sollten die meistgewählten Vertreter der drei Blöcke angehören. Geworden ist daraus nichts. SVP und die zwei italienischen Bürgerlisten Alleanza per Merano und Civica konnten sich nicht auf einen Kompromiss mit der Liste Rösch/Grüne einigen. Und so leitet seit 9. November Kommissarin Anna Aida Bruzzese offiziell die Amtsgeschäfte im Rathaus. Nach fast einem Jahr unter kommissarischer Verwaltung soll Meran im Oktober eine handlungsfähige Stadtregierung bekommen. Die kommenden Gemeinderatswahlen stellen einen Wendepunkt in der Geschich­te der Stadt dar. Wer wird aber der neue Bürgermeister bzw. die neue Bürgermeisterin sein?

Das Team K schickt zur großen Überraschung einen eigenen Kandidaten ins Rennen: den Kaufmann Joachim Ellmenreich. Ellmenreich führt ein Geschäft unter den Lauben, ist Obmann der Meraner Hds-Ortsgruppe und einer der Väter und Mitorganisatoren des Straßenkunstfestivals „Asfaltart“.
Die Freiheitlichen treten mit ihrem Obmann Otto Waldner an. Otto „Sepp“ Waldner wohnt in Gratsch am Saltnhof, ist Vater von 5 Kindern und von Beruf Bauer. Reinhild Campidell ist die Bürgermeisterkandidatin der Süd-­Tiroler Freiheit in Meran. Bleibt noch Paul Rösch von der Liste Rösch/Grüne und Katharina Zeller. Die Tochter von Julia Unterberger und Karl Zeller wurde im Februar zur SVP-Stadtobfrau gewählt. Wenig Kopfzerbrechen haben Civica und Alleanza: Dario Dal Medico, der Rösch in der Stichwahl am 4. Oktober 2020 knapp unterlegen ist, wird wieder gemeinsamer Bürgermeisterkandidat der Italiener in Meran. Eines wissen alle: Die Chancen stehen äußerst gut, dass ein Italiener nach Jahrzehnten den Bürgermeistersessel in Meran wiedererobert.

Ein BAZ-Sommergespräch mit den 5 Kandidaten auf den Bürgermeistersessel.

Katharina Zeller

Katharina Zeller, SVP

„Bundesdeutsches Altersheim“ bezeichnete der Schriftsteller N. C. Kaser die Stadt Meran in den 1970er Jahren. Was verbinden Sie mit Meran?
Katharina Zeller: Meran ist meine Heimat, hier bin ich aufgewachsen und verwurzelt. In der Oberschulzeit konnte ich es kaum erwarten von hier wegzukommen, weil es für mich als Jugendliche einfach viel zu langweilig war. Nach über 10 Jahren in Rom bin ich seit 2017 wieder fix in Meran, ich liebe die Natur und weiß die Lebensqualität sehr zu schätzen. So richtig spannend ist die Stadt für junge Menschen aber leider immer noch nicht – das soll sich ändern!
Reinhild Campidell: Meran hat für mich überhaupt nichts mit einem Altersheim zu tun, im Gegenteil, ich habe dort meine schönsten Jugenderinnerungen. Meran ist für mich nach wie vor meine Heimat. Leider muss ich jedoch feststellen, dass Meran an Liebenswürdigkeit durch die vielen Vorfälle der letzten Zeit eingebüßt hat.
Otto Waldner: Meran ist meine Heimatstadt, die während meiner Lebenszeit einige Veränderungen durchgemacht hat und wo leider nicht alles gut geworden ist. Bauwut und Spekulation haben meine Stadt in den letzten Jahrzehnten geprägt und gar manche Bürger erkennen ihre Stadt nicht wieder. Dem ist entgegen zu wirken. Die Einwohner müssen sich in Meran wieder wohlfühlen.
Paul Rösch: Meran ist meine Heimatstadt. Ich habe mich immer als Teil dieser Stadt gefühlt und damit auch mitverantwortlich für ihre Gestaltung, seit meiner Zeit als Jungscharführer und später in verschiedenen Vereinen. Was Meran besonders macht, ist die Fähigkeit der Stadt, sich im Laufe der Zeit immer wieder neu zu erfinden und auf jede Krise mit Tatkraft und neuen Ideen zu reagieren – genau das, was wir derzeit brauchen.
Joachim Ellmenreich: Meran ist mir Heimat und meine Lebensstadt. Muss ich noch mehr dazu sagen? Es mag stimmen, „deutschen“ Kaffee gibt’s sicher noch irgendwo in Meran. Aber sonst? Schauen wir uns die Berichte, Artikel, Kommentare zu Meran in den deutschen Medien wie Arte, „Zeit“ usw. an. Hier wird ein anderes Meran-Bild gezeichnet: modern, zeitgemäß und immer eine Reise wert. Mein Motto: „Meran – immer schon!“ geht in diese Richtung. Die Vergangenheit nicht ausblenden und gleichzeitig Zukunftsaussichten aufzeigen und gestalten.

Am 10. Oktober wird in Meran nach fast einem Jahr kommissarischer Verwaltung gewählt. Warum wollen Sie Bürgermeisterin bzw. Bürgermeister der Stadt werden?

Otto Waldner, Die Freiheitlichen

Otto Waldner: Ich will Bürgermeister von Meran werden, weil gegengesteuert werden muss. Zu viele Bauten sind 08/15-Bauten, die Meran nicht schöner und nicht lebenswerter gemacht haben. Wir haben gesehen, dass auch eine ökosoziale Partei dies nicht verhindert hat, sondern solche Bauten weiterhin zugelassen hat. Ich möchte der Stadt eine gewisse „Langsamkeit“ zurückgeben, die eigentlich das Flair von Meran ausgemacht hat. Die Schnelllebigkeit tut Meran nicht gut. Im Sinne von weniger ist mehr.
Paul Rösch: Die fünfeinhalb Jahre als Bürgermeister waren für mich eine sehr positive und unglaublich bereichernde Erfahrung. Ich habe gelernt, dass Politik Spaß machen kann, weil man Dinge bewegen und verbessern kann. Das ist es, was mich motiviert.
Joachim Ellmenreich: Wenn man den Wahlkampf, die Wahlvorbereitung und das schluss­endliche Geplänkel dazu zählt, dann komme ich auf einen fast 2-jährigen Stillstand in Meran. Das ist eindeutig zu viel. Ich denke, hier braucht es eine Alternative für diese Stadt, damit das nicht mehr passiert. Mit Hilfe und den Stimmen der Meraner möchte ich eine funktionierende Stadtregierung auf den Weg bringen. Dafür lohnt es sich mit meinem „Team Meran“ zu kämpfen.
Reinhild Campidell: Ich stelle mich der Wahl aus mehreren Gründen. Zum einen, weil ich meine Ideen und Vorschläge für die Bürger Merans umsetzen möchte. Die Stadt war zu lange führungslos und braucht deshalb wieder mehr Bewegung in der Politik. Zum anderen muss jede politische Partei oder Bewegung einen Bürgermeisterkandidaten vorweisen, sofern sie keinen anderen unterstützt. Die Chancen, tatsächlich den Bürgermeistersessel zu erringen, sind relativ gering, aber ich stelle mich dieser Auf­gabe und möchte mich gemeinsam mit meinem Team im neuen Gemeinderat für die Belange der Bürger einsetzen. Nur so kann man Meran mitgestalten und unsere Programmpunkte voranbringen.
Katharina Zeller: Weil ich überzeugt davon bin, dass ein Generationswechsel nicht nur der Partei, sondern vor allem auch der Stadt guttun würde. Es gilt die Stadtverwaltung zu modernisieren und mehr Raum und Angebot für junge Menschen zu schaffen. Meran hat ein großes Potential, das es auszuschöpfen gilt. Als junges Team sind wir nahe am Puls der Zeit und haben somit einen anderen Zugang bzw. eine geschärfte Sensibilität gegenüber aktuellen Herausforderungen wie Klimaschutz, Digitalisierung und Chancengleichheit.

Was möchten Sie als Bürgermeisterin bzw. als Bürgermeister verändern? Wie würde Meran demnach im Jahr 2025 aussehen?

Joachim Ellmenreich, Team K

Joachim Ellmenreich: Ich hoffe, Sie erwarten jetzt von mir keine großen Versprechungen. „Wahlzuggerlen“ verteilen die anderen. Wir arbeiten – wenn wir dürfen – die nächsten 3,5 Jahre. Denn solange dauert es bis zur nächsten Wahl. Wenn die neue Stadtregierung mit dem 1. Jänner in Amt und Würden sein wird (optimistischer Weise nach Wahl, Stichwahl, Regierungsbildung und kurzer Einarbeitungsphase) werden wir Meran mitgestalten. Vor der Zeit der Veränderungen kommt für mich erst mal jene des Aufräumens und der Sofortmaßnahmen. Corona hat und wird noch Spuren hinterlassen und der politische Stillstand war auch nicht förderlich. In Meran haben viele Menschen unter der Situation gelitten. Im wirtschaftlichen Leben gibt es Härtefälle, die wir uns genauer anschauen müssen und die sozialen Brennpunkte sind mehr – statt weniger geworden. 2025 ist eigentlich schon hinter der Ecke. Die großen Projektbrocken werden noch nicht beendet sein und wir werden noch länger auf die Lösung der dringendsten Probleme hinarbeiten müssen. Neue Verkehrslösungen in Meran selbst können erst umgesetzt werden, wenn der Tunnel da ist. Eine Herausforderung ist auch die Umsetzung des neuen Raumordnungsgesetzes sowie die Eingliederung neuer Zonen, wie das Militärareal oder der Bezirk um die Ex-Solland-Fabrik in Sinich. Unter diesem Gesichtspunkt wird es vor allem eine Vorbereitungszeit werden, in der die Grundlagen für nach 2025 gelegt werden. Deshalb: die Zukunft ist jetzt. Umsetzen bedeutet für mich aber auch, dass wir wieder zu einem konstruktiven Miteinander zurückfinden müs­sen und den politischen Hick-Hack beenden wollen. Ich bin überzeugt, dass mit den neuen Kräften, welche in den Gemeinderat einziehen werden, auch ein neues zwischenmenschliches Klima herrschen wird. Übrigens – dieses Klima muss auch zwischen Politik und Verwaltung wiederhergestellt werden. Nur wenn die Politik es versteht die Menschen mitzunehmen, die in der Verwaltung, den Büros und den Ämtern arbeiten, wird es uns gelingen, Projekte umzusetzen und die Anliegen der Bürger zu erfüllen.

Reinhild Campidell, Südtiroler Freiheit

Reinhild Campidell: 2025 klingt zwar noch weit weg, aber in meiner Zeit als Meraner Gemeinderätin habe ich leider feststellen müssen, dass sich die Räder sehr langsam drehen. Meines Erachtens ist das derzeit vordringlichste Problem jenes der Sicherheit. Dies gilt es, in den Griff zu bekommen! Große Themen sind außerdem die illegale Müllentsorgung, der Schutz der Grünflächen, das Verkehrschaos, das vor allem durch die schlechte Baustellenplanung entsteht, die Wiederbelebung der Altstadt, die aktive Einbindung der Jugend, die Nutzung des Kasernenareals, der Bürokratieabbau und selbstverständlich der Erhalt unserer Sprache und Kultur, um nur einige wenige zu nennen.
Katharina Zeller: Im Vordergrund steht die Frage: Wie gut geht es den Bürgern in Meran? Gibt es attraktive Arbeitsangebote? Was bietet die Gemeinde, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern? Wie gut ist das Bildungsangebot? Ist das Wohnen leistbar? Wie zeitgemäß ist unsere Verwaltung? Fühle ich mich sicher? Ich möchte Meran dahingehend verändern, dass die Lebensqualität für die Menschen in der Stadt so hoch wie möglich ist. Die Stadtverwaltung muss zu einer modernen Dienstleistungsstelle ausgebaut werden. Dadurch wird Meran nicht nur als Lebensraum, sondern auch als Wirtschaftsstandpunkt aufgewertet.
Otto Waldner: Die Bürger von Meran werden in Zukunft unter meiner Regierung wieder zuvorkommender behandelt werden. Es kann nicht sein, dass für ein Ansuchen mehrmals die Gemeinde aufgesucht werden muss. Bürgerfreundlichkeit ist eines meiner Schlagworte. Weiters müssen die Stadtteile gleichwertig behandelt werden. In Meran gibt es mehr als nur die Stadtmitte und Obermais.
Paul Rösch: Wir haben in den letzten Jahren einige Weichen neu gestellt, um Meran nachhaltiger, sozialer und innovativer zu machen: eine Mitdenkstadt, in der die Bürger mitgestalten können. Der Zug fährt also schon in die richtige Richtung – und jede und jeder, der einsteigen will, ist herzlich willkommen. Wir haben zusätzlich ein eigenes Programm mit Maßnahmen zur Bewältigung der aktuellen Krise ausgearbeitet, die wir innerhalb des ersten Jahres umsetzen wollen: Denn gerade jetzt gibt es viele Menschen und Bereiche, die Unterstützung brauchen.

Welche Visionen haben Sie, um Meran als moderner Stadt gerecht zu werden?

Paul Rösch, Liste Rösch/Grüne

Paul Rösch: Alle Städte stehen durch den Klimawandel vor ähnlichen Herausforderungen. Wir müssen sie angehen und langfristig denken, nicht nur bis zur nächsten Wahl. Wo steht Meran in 20 oder 30 Jahren? Ein grünes, nachhaltiges Meran funktioniert aber nur, wenn es auch sozial ist: Wenn wir alle mitnehmen und niemanden zurücklassen.
Katharina Zeller: Eine Stadt ist dann modern, wenn sie den Menschen eine hohe Lebensqualität bietet. Das bedeutet: Ordnung, Sicherheit, Chancengleichheit und Zugang zu Vielfältigkeit. Oder anders gesagt, Meran muss eine Stadt sein, wo ich die Chance habe ein vielfältiges Angebot wahrzunehmen, unabhängig ob wir von Bildung, Kultur, Sozialem oder Wirtschaft sprechen.
Otto Waldner: Die grüne Lunge Merans, gemeint ist der Pferderennplatz, muss mehr für die gesamte Bevölkerung geöffnet werden. Es kann nicht sein, dass nur an bestimmten Tagen dieses Areal für Privilegierte zur Verfügung steht. Wir benötigen schon seit langem eine öffentliche Grünzone, wo alle sich aufhalten und erholen können. Die Antonius-Klinik in Obermais ist für unsere Stadt ausgesprochen wichtig. Wir benötigen dieses Gebäude als Langzeitpflegeheim unbedingt. Die Bevölkerungszahlen Merans bestätigen dies ausdrucksvoll. Meran soll mit dem Wohnbauinstitut ein Pilotprojekt starten, bei dem das Institut als Garant für Mieter eintritt, die man auf dem freien Wohnmarkt vermitteln kann. Damit würde man Vermietern einen Schutz bieten und gleichzeitig jungen Menschen Wohnraum in den Institutswohnungen schaffen, damit wohnen in der eigenen Stadt möglich wird. Der Abzug unserer Kinder in andere Gemeinden soll vermieden werden. Es braucht aber die Zusammenarbeit von Gemeinde, Land und Wohnbauinstitut.
Joachim Ellmenreich: Es geht hier um die Gemeindeverwaltung. Also im 1:1 zu den Meranern. Ich stehe jetzt mal für die Umsetzung im Kleinen. Überschätzen wir uns nicht selbst und bleiben wir auf dem Meraner Boden. Abläufe anschauen, welche durch die Digitalisierung verbessert werden können, wäre schon mal ein guter Anfang. Vergessen wir bitte dabei nicht die Menschen, die täglich hier zur Arbeit gehen, hier produzieren und hier leben. Ich habe auch die großen Themen im Kopf. Aber ich denke, dass wir in der Vergangenheit vielleicht zu dogmatisch und zu wenig pragmatisch gehandelt haben. Dies immer bezogen auf die Lokalpolitik.
Rainhild Campidell: Meran sollte sicherer, mobiler, sauberer, nachhaltiger, jugendlicher, lokaler und bürgerfreundlicher werden und zudem etwas von ihrem alten Charme wiedergewinnen. Mir persönlich liegen der sozia­le Aspekt und die Familienpolitik besonders am Herzen. Als Mutter von vier Kindern weiß ich, wie schwierig es sein kann, alles unter einen Hut zu bringen. Ich arbeite außerdem mit Menschen mit Beeinträchtigung und Lernschwierigkeiten und kenne demnach auch deren Probleme sehr gut.

Stichwort öffentlicher Raum: Welche Veränderungen sind in Zukunft in Meran notwendig?
Paul Rösch: Der öffentliche Raum heißt so, weil er ein Allgemeingut ist. Deshalb muss er auch der Allgemeinheit dienen und für alle zugänglich sein – für alle Generationen von Jung bis Alt und gerade auch für Menschen mit Handicaps. Wie wichtig öffentliche Räume für die soziale Interaktion sind, haben wir in der Pandemie gesehen: Es braucht deshalb Freizeit- und Sportanlagen, Parks und Treffpunk­te für Jugendliche und Seniorinnen und Senioren in allen Meraner Stadtvierteln.
Katharina Zeller: Als erstes müssen wir die Wahrnehmung des öffentlichen Raums verändern. Derzeit fühlen wir uns im öffentlichen Raum oft unerwünscht, unsicher, ja gar fehl am Platz. Der öffentliche Raum und dessen Nutzung ist oftmals geprägt von Verboten und Verwaltungshürden. Wir müssen den Menschen den öffentlichen Raum wieder zurückgeben. Unsere Bürger haben das Recht den öffentlichen Raum zu nutzen, gestalten und zu leben. Davon profitieren auch die Vereine und öffentliche Veranstaltungen.
Joachim Ellmenreich: Das ist ein Lieblingsthema von mir. „Asphaltart“ hat gezeigt, was alles im öffentlichen Raum möglich ist. Es muss wieder ein Begegnungsraum für alle Bürger Merans werden – von Jung bis Alt. Kleine Beispiele zeigen das Potential. Schauen wir uns den Marconipark an. Ist dieses Klein-Versailles mit den abgegrenzten Blumenbeeten noch zeitgerecht? Mit Ex-Minigolfplatz als Blinddarm Anhängsel, wo Kunst, Kultur und Jugend abgeschoben werden. Zusammen mit dem Sissi-Park können wir eine wirkliche grüne Begegnungsoase schaffen, eventuell sogar mit einer Brücke über die untere Cavourstraße. Ich möchte im Park aber kein „Rasen-betreten-verboten-­Schild“ sehen. Überhaupt wird Meran als Gartenstadt bezeichnet und gleichzeitig gibt es nur wenige Bereiche, wo Kinder und Jugendliche Freiräume genießen. Läuft hier etwas falsch? Schön, dass es auf der Promenade einen Kinderspielplatz gibt. Und wo bitteschön ist der nächstgelegene? Das Thema Sicherheit im öffentlichen Raum kann auch aus dieser Warte gesehen werden. Wo Freiräume fehlen, werden sich die Menschen ihre eigenen Freiheiten nehmen und die Regeln und Vorschriften gleichzeitig mit Vorsatz brechen. Mehr Polizei ist hier ein Anfang, aber nicht die Lösung!
Reinhild Campidell: Es braucht ein neues Verkehrsmanagement. Das Verkehrschaos der letzten Jahre muss beendet und die Baustellen müssen besser geplant werden. Die Instandhaltung der Straßen- und Radwege muss ver­bes­sert, die Konfliktzonen müssen abgebaut werden. Auch der Schutz der Baum- und Pflanzenvielfalt wird in der Zukunft immer wichtiger sein. Deshalb muss die fortschreitende Überbauung gestoppt und es müssen neue Erholungszonen geschaffen werden.
Otto Waldner: Spekulationen mit Wohnbau sind zu verhindern. Das Kasernenareal wird immer wieder als Wohnbauzone genannt und wäre für viele ein lukratives Geschäft. Für wen sollten wir aber bauen? Wir haben eine negative Geburtenrate und viele leerstehende Wohnungen. Diese gilt es zu verwerten. Außerdem hat Meran bereits 40.000 Einwohner. Wenn wir neuen Wohnraum schaffen, dann müssen wir auch alle anderen Infrastrukturen (Kindergarten, Schule, Krankenhaus, Heime usw.) neu bauen oder vergrößern. Wollen wir das? Verträgt das unsere Stadt mit ihrem klei­nen Stadtgebiet von 26 km². Dies sind wichtige Fragen, denn damit hängt auch das Verkehrs­aufkommen zusammen.

Was planen Sie, um innovative Klimawandel-Anpassungsstrategien innerstädtisch vorzunehmen?
Otto Waldner: Ganz konkret würde sich sehr kostengünstig eine Zurücknahme der versiegelten Flächen umsetzen lassen. Grünflächen anstelle von Asphalt und Betonplatten. Besonders mit den zunehmenden Niederschlägen wäre dies eine sehr wichtige Maßnahme. Weiters ist das Problem in Sinich vernünftig und nachhaltig zu lösen. Ich habe erst vor kurzem einen Lösungsvorschlag in der Presse veröffentlicht. Auch hier kann mit wenig Geld ein guter Erfolg erzielt werden. Die innovativen Verbesserungen im Energiesektor bei öffentlichen Bauten werden fortgesetzt.
Paul Rösch: Der Meraner Gemeinderat hat schon 2020 den umfangreichen SECAP-Aktionsplan beschlossen, den wir ausgearbeitet haben. Er sieht Maßnahmen für sieben verschiedene Bereiche vor, von der Landwirtschaft bis zum Zivilschutz, von der Mobilität bis zum Tourismus. Wir wissen, was zu tun ist: Wir werden in der Stadt mehr Bäume pflanzen, den Schutz gegen Hoch­wasser ausbauen und Flächen entsiegeln oder mit durchlässigem Asphalt versehen, damit das Wasser versickern kann und Überschwemmungen verhindert werden.
Reinhild Campidell: Für die nächsten Jahre wäre es wichtig eine effiziente und einfache Mülltrennung aufzubauen. Besonders für Plastikartikel gibt es immer noch keine eigene Mülltonne und der Recyclinghof befindet sich auch immer noch außerhalb von Meran. So kann keine umweltfreundliche Politik funktionieren. Deshalb müssen diese Projekte endlich angegangen werden und die Einsetzung von erneuerbaren Energien muss durch die öffentliche Hand ausgebaut werden. Zudem setzen wir uns für lokale und kleine Kreisläufe ein, um die Belastung von außen zu reduzieren.
Joachim Ellmenreich: Diese Frage geht in dieselbe Richtung, wie jene zu den großen Trends und Veränderungen. Ich könnte jetzt hier weit ausholen oder einfach auf unser Wahlprogramm online verweisen: www. team-merano.eu
Katharina Zeller: Klimaschutz ist eine der größten Herausforderung unserer Zeit, die es gemeinsam und parteiübergreifend anzugehen gilt. Die Maßnahmen zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks und zur Anpassung an den Klimawandel ziehen sich wie ein roter Faden durch die verschiedenen Aufgabenfelder der Gemeindeverwaltung. Ob Raumordnung, Energieversorgung, Mobilität, Abfallwirtschaft, Biodiversität, Bildung, Ernährung oder Konsumverhalten – Umdenken ist angesagt und die Gemeindeverwaltung muss dabei mit gutem Beispiel vorangehen. Meran hat bereits unter der Führung von Altbürgermeister Günther Januth einen Klimaplan ausgearbeitet, welcher unter Berücksichtigung der globalen und lokalen Klimaziele 2030 und 2050 bis heute weiterentwickelt wurde. Hier müssen wir ansetzen und die darin vorgegebenen Maßnahmen umsetzen und weiter ausbauen. Außerdem müssen innovative Technologien eingesetzt werden, beispielsweise in der Stadtbeleuchtung, wo intelligente Systeme dafür sorgen, dass Sicherheit gewährt und gleichzeitig die Lichtverschmutzung reduziert werden kann. Es müssen weitere Anreize für die Nutzung nachhaltiger Mobilität geschaffen werden, die Nutzung der Wasserstofftechnologie soll durch die Errichtung einer Tankstelle auch in Meran ermöglicht werden, es müssen Maßnahmen zur Reduzierung der Bodenversiegelung ergriffen werden, Grünflächen gehören geschützt und erweitert, Biodiversität muss gefördert und die Entstehung von Wärmeinseln vermieden werden.

Wie sieht Partizipation in einem Meran der Zukunft aus?
Otto Waldner: Da es die Meraner Bevölkerung nicht stört, dass wir jetzt seit fast 1 ½ Jahren ohne Regierung sind und es keinen zivilen Widerstand dagegen gegeben hat, sehe ich zurzeit schwarz, was die Mitbestimmung in Meran betrifft. Wir würden gern mit der gesamten Bevölkerung zusammenarbeiten, aber wir tun uns schwer Kandidatinnen und Kandidaten für den Gemeinderat zu finden. Der Gemeinderat ist aber der erste Ort in Meran, um partizipativ zu arbeiten. Deshalb werten wir diesen auf und dann können wir besser in anderen Bereichen partizipativ arbeiten.
Reinhild Campidell: Ich bin ein großer Fan von Volksabstimmungen, weil ich der Ansicht bin, dass sich die Bürger Merans an wichtigen Entscheidungen einbringen sollten. Allerdings muss die Entscheidung dann schlussendlich von der Politik auch akzeptiert werden! Deshalb setzen wir uns für mehr Volksabstimmungen und direkter Demokratie ein. In Meran gibt es bereits einen Kindergemeinderat und einen Jugendbeirat, der bei wichtigen Fragen, Kinder- und Jugend­themen betreffend, auch miteinbezogen werden muss. Diese Prozesse müssen verbessert und die Einbindung muss erleichtert werden.
Katharina Zeller: Mitbestimmung wurde in den vergangenen Jahren als „Verantwortung auf die Bürger abwälzen” abgetan. Es gibt derzeit in der Verwaltung weder eine Strategie noch die nötigen Werkzeuge um die Meraner mitwirken, mitgestalten und mitbestimmen zu  lassen. Dies muss geändert werden. Die Verwaltung muss sich als serviceorientierte Dienst­leisterin verstehen und alle in ihrem Recht der Mitbestimmung unterstützen. Informationsflüsse und Beteiligung werden in der Stadt der Zukunft durch die Nutzung modernen Technologien optimiert werden.
Joachim Ellmenreich: Ich war in der letzten Legislaturperiode an verschiedenen Mitbestimmungsprozessen im Namen der Meraner Kauf­leute beteiligt. Nicht alles hat so funktio­niert, wie es der Theorie nach funktionieren müsste. Ich hoffe, dass die Meraner den ersten und wichtigsten demokratischen Partizipationsprozess – den der Gemeinderatswahlen – ernst nehmen. Weitere können folgen, wenn der Gemeinderat diese für nützlich erachtet. Wir werden uns nicht dagegenstemmen. Mitbestimmung funktioniert nur im Miteinander.
Paul Rösch: Wir stehen für eine Mitdenkstadt, in der alle Bürger miteinbezogen werden, nicht nur die üblichen Verdächtigen oder jene, die am lautesten schreien. Wie das geht, haben wir bei der Ausarbeitung des Mobilitätsplans gezeigt. In Zukunft werden wir den Stadtvierteln noch mehr Geld für eigene Projekte vor Ort geben. Bei großen Entscheidungen wie über die Zukunft des Kasernenareals werden wir einen Bürgerrat einberufen. Ein Bürgerhaushalt, bei dem die Meraner über die Verwendung von Geldmitteln entscheiden, ist dann der nächste logische Schritt.

Wie werden sich unter Ihrer Stadtregierung Wirtschaft und Mobilität, das Müllproblem, das soziale Miteinander innerhalb der Stadt neu ordnen?
Otto Waldner: Die Stadt muss verkehrsberuhigt werden. Wenige Elektrobusse bedienen die Stadtmitte (gratis) und alle anderen Busse müssen nicht dorthin. Das Zentrum gehört verkehrsfrei und damit wertet man die Stadt als Einkaufsensemble auf. Die Wirtschaftstreibenden müssen aber in allen Stadtteilen gleichmäßig un­ter­stützt werden. Die Stadtwerke müssen aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt werden und müssen neue und innovative Vorschläge erarbeiten. Der gesamte Verwaltungsrat muss erneuert werden. Dies gilt auch für andere Gesellschaften, bei denen die Gemeinde Beteiligungen hat. Sicherheit ist eines der wichtigsten Themen unseres Wahlkampfes. Die Meraner wollen sich sicher fühlen und dafür braucht es Unterstützungsmaßnahmen für die öffentlichen Sicherheitsorgane. Bevor unsere Polizei in anderen Gemeinden Verkehrskontrollen durchführt, soll sie sich zuerst um die Sicherheit der Meraner kümmern.
Joachim Ellmenreich: Wir haben 3 große Projekte ausgemacht, worin wir genau dieses soziale Miteinander organisieren und neu beleben möchten: 1. Die Meraner Aktivachse zwischen der Meraner Altstadt und dem Bahnhof, 2. das Gemeinde-Hopping und 3. die neue Farbenlehre der Stadtviertel Merans. Wir bauen hier auf etwas auf, was es schon gibt. Und doch ist es nur Flickwerk ohne Beziehung untereinander. An dieser Stelle gehe ich nur kurz auf die drei Projekte ein: Die Aktivachse verbindet die Lauben und die Altstadt. Mit vielen neuen Ideen und baulichen Umänderungen sollen der Bahnhof und das neue Mobilitätszentrum mit der Altstadt verbunden werden. Eine neue Flaniermeile entsteht. Beim Gemeinde-Hopping wollen wir wieder die alten Gemeinden von Obermais, Untermais, Meran und Sinich näher aneinanderrücken lassen, indem Verknüpfungen wieder hergestellt und neue angedockt werden. Auch Nachbargemeinden könnten so miteingebunden werden. Die alten „Satelliten-Gemeinden“ Merans könnten gerade über Jugendprojekte wiederbelebt werden. Denken sie mal an den Schießstand in Meran an der Gren­ze zwischen Obermais und Si­nich. Ein Begegnungsprojekt zwischen Hip-Hop und Blasmusik wäre doch mal was für eine moderne Stadt wie Meran. Bei der neuen Farbenlehre der Stadtviertel ist weniger eine künst­­­­lerische Verschönerung angedacht als mehr eine Aufwertung der Lebenssituation in den verschiedenen Stadtvierteln, welche bunter und schöner – weil zwischenmenschlicher – werden soll.
Katharina Zeller: In Bezug auf die genannten Punkte haben wir ein umfassendes Programm ausgearbeitet, das unser Team zu gegebener Zeit vorstellen wird. Zentral steht für mich auch die Frage der Sicherheit. Es werden immer weniger Delikte der Polizei gemeldet, was nichts mit dem Rückgang krimineller und gewalttätiger Handlungen zu tun hat, sondern mit der Tatsache, dass die Menschen das Vertrauen in die Sicherheitskräfte und das Rechtssystem verloren haben. Hier ist in der Tat eine Neuordnung notwendig. Die Sicherheitskräfte müssen enger verwoben und konstruktiver zusammenarbeiten. Alle Bürger haben ein Recht auf Sicherheit, und es liegt in unserer Verantwortung das sicherzustellen.
Reinhild Campidell: Wir sehen die Zukunft in der lokalen Wirtschaft, deshalb möchten wir diese verstärkt fördern und unterstützen. Besonders die Laubengeschäfte müssen einen immer größer werdenden Druck durch die Online-­Konzerne und Einkaufszentren aushalten. Die öffentliche Mobilität muss nachhaltiger und bes­ser strukturiert werden, durch bes­sere Angebote und längere Fahr­zeiten. Das Müllproblem kann nur mit gezielten Maßnahmen wie verstärkten Kontrollen und einer besseren Mülltrennung angegangen werden. Für ein fried­liches Zusammenleben in Meran sind besonders der gegenseitige Respekt und eine gemeinsame Zusammenarbeit ausschlaggebend. Aber ohne die Einhaltung unserer Rechtsordnung und die richtige Integration in unsere lokale Gemeinschaft kann kein gutes Miteinander gelingen.
Paul Rösch: Alles neu zu ordnen, ist gar nicht nötig. Wie gesagt: Der Zug fährt in Meran schon in die richtige Richtung, auch wenn es Zeit braucht, bis er ans Ziel kommt und noch ein paar Steine auf den Gleisen liegen. Eine lebens- und liebenswerte Stadt muss allen Menschen und ihren Bedürfnissen gerecht werden: Jede und jeder soll sich hier entfalten und glücklich werden können, gerade auch die Schwachen in unserer Mitte. Das ist meine Maxime auf allen Feldern der Politik. Und ich bin überzeugt, dass sie das Rezept ist für eine Stadt mit zufriedenen Bürgern.

Welche Prognosen wagen Sie für den Wahl­ausgang?
Reinhild Campidell:  Es gibt für mich keine Prognosen! Das letzte Wort haben einzig und allein die Wählerinnen und Wähler. Wir haben in den letzten Legis­latur­pe­rioden hart gearbeitet und hof­­fen, dass dies von den Me­ra­nern wert­ge­schätzt wird – und dass wir auch weiterhin im Gemeinderat ver­treten sein wer­den und die Stadt aktiv mitge­stal­ten dürfen.
Katharina Zeller: Wahlprognosen haben bekanntlich einen begrenzten Wert, vor allem wenn sie von den Betroffenen selbst stammen. Unser Ziel ist es in die Stichwahl zu kommen und diese zu gewinnen. Die fortlaufende Zersplitterung der Parteienlandschaft macht eine Regierungsbildung in Meran nicht einfacher. Für mich steht auf jeden Fall eine ausgewogene Zusammenarbeit mit den anderen Parteien im Mittelpunkt, denn Meran regiert man nicht al­lein. Außerdem sehe ich es als parteiübergreifenden Auftrag, die Menschen davon zu überzeugen, ihr Wahlrecht wahrzunehmen und ihre Stimme bei den kommenden Gemeinderatswahlen geltend zu machen, unabhängig davon, welche Partei gewählt wird.
Otto Waldner: Wir haben bei den letzten Wahlen zugelegt, aber zu wenig. Das Wahlgesetz ist leider nur auf große Parteien zugeschnitten. Diese haben aber versagt. 1,5 Jahre ohne Regierung ist nicht richtig und wir sind nicht schuld. Vielleicht haben einige Bürger verstanden, dass es in der Demokratie auch eine gute Opposition braucht. Das bieten wir an und möchten noch stärker werden.
Paul Rösch: Ich bin von Natur aus Optimist und zuversichtlich, dass wir wieder sehr gut abschneiden werden.
Joachim Ellmenreich: Soziale Gerechtigkeit und friedliches Zusammenleben in unseren Herzen. Nachhaltige und innovative Wirtschaft in unseren Köpfen. Unsere Hände für Umwelt, Gesundheit und Kultur. Unsere Bei­ne, um Meran gemeinsam zu bewegen.

Anmerkung der Redaktion: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet.