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2022 – Eine Vorschau

2022 ist eine schöne Zahl. Die Zwei wiederholt sich mehrmals. Die Zahlensymbolik lässt auf ein gutes Jahr hoffen, auch wenn Omikron gleich zu Jahresbeginn Sorge bereitet. 2022 steht ganz im Zeichen des Sports, von Winter-Olympia in China im Februar und der Fußball-WM in Katar, die wegen der großen Hitze im Sommer auf November und Dezember verschoben wurde.
von Josef Prantl

Zwei ist die Zahl des Dualismus, wie es Himmel und Erde sind; sie ist die Zahl der Paarung, der kleinsten Gruppe. In der Bibel steht sie für Polarität. Dazu zählen das Männliche und das Weibliche, Tag und Nacht, hell und dunkel. Die Bibel selbst fällt in diese Kategorie: Sie ist aufgeteilt in Altes und Neues Testament, welche sich gegenseitig bedingen und eine zweigeteilte Einheit bilden. Aber genug der Zahlensymbolik. 2022 wird ein Jahr sein, in dem „vorhersehbare Unvorhersehbarkeit“ das Leben prägt. Das heißt: Alles ist drin. So jedenfalls sieht es die renommierte Wochenzeitung „Economist“.

Omikron, Schulden und Inflation
Die Aussichten für den Beginn des kommenden Jahres sind vor dem Hintergrund der rasanten Ausbreitung der Omikron-Variante gedämpft.  Aber auch der Schuldenberg, vor dem die Welt steht, bereitet Kopfzerbrechen. Corona hat die Verschuldung der Staaten weltweit anschwellen lassen, hinzu kommen steigende Inflationsraten, der Klimawandel und die Bedrohungen, welche die Klimakrise für die Welt langfristig haben kann. Viele Länder sind schon jetzt Opfer von Klimakatastrophen.

China und die Olympischen Winterspiele
Das Jahr geht los mit Olympischen Spielen: die XXIV. Olympischen Winterspiele werden vom 4. bis zum 20. Februar in China ausgetragen. Athleten aus 86 Nationen haben sich dafür qualifiziert. Voraussichtlich werden Haiti und Saudi-Arabien ihr Debüt bei Olympischen Winterspielen geben. Die Wettbewerbe werden hauptsächlich in Peking, Yanqing und Zhangjiakou ausgetragen. Peking ist somit die erste Stadt, die sowohl Olympische Sommerspiele (2008) als auch Winterspiele austrägt. Die Ausrichtung der Spiele ist das wohl wichtigste und größte Entwicklungsprojekt Chinas im 21. Jahrhundert. Aber die Kritik an den Spielen ist weltweit scharf: Es seien Spiele in einem Land, das mit Völkermord in Verbindung gebracht wird, das die Kultur der Tibeter zerstört, die Demokratie in Hongkong zerschlägt. Einige Länder haben inzwischen angekündigt, deswegen keine Regierungsvertreter nach Peking zu schicken.
Die USA machten den Anfang, Australien, Kanada und Großbritannien folgten. Es handle sich „um einen diplomatischen Boykott“, sagte der britische Premierminister Boris Johnson. Pläne für einen „sportlichen Boykott“ gebe es aber nicht. Präsident Wladimir Putin gehört zu jenen, die für Peking zugesagt haben. „Aus unserer Sicht sollten die Olympischen Spiele frei von Politik sein“, sagte ein Kreml-Sprecher. Die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock setzt auf ein gemeinsames europäisches Vorgehen. Mehr ist derzeit nicht zu hören. So oder so aber wird China unsere Wirtschaft und die Weltpolitik auch 2022 prägen, im Guten wie im Bedrohlichen. Chinas Präsident Xi Jingping wird seinen Masterplan einer technologisch überlegenen und autonomen Supermacht mit aller Härte weiterverfolgen.

Ukraine, kalter oder heißer Krieg?
Wir gehen mit dem Szenario eines möglichen Krieges an Europas Grenzen ins neue Jahr. Mit allen Folgen für Gaspreise, Verteidigungspolitik und Sicherheit. Die Vorstellung, man könnte alles lösen, indem man die russische Wirtschaft mal eben finanziell abklemmt, ist eine Illusion. Bleibt zu hoffen, dass die Diplomatie siegt und aus dem kalten kein heißer Krieg im Ukraine-Konflikt wird.

Präsidentschaftswahlen in Italien, Frankreich und Deutschland
Gerade vom „Economist“ zum „Country of The Year“ gekürt, steht Italien vor einer Präsidentenwahl, welche die momentane Stabilität des Landes ins Wanken bringen könnte. Ministerpräsident Mario Draghi, der Italien zu einem verlässlichen Partner und sogar Vorbild im Kampf gegen Corona gemacht hat, könnte den Posten wechseln. Für ein Comeback könnte aber auch Silvio Berlusconi sorgen, der das höchste Staatsamt schon lange anstrebt. Die Präsidentenwahl in Frankreich im April ist noch spannender, hier kann es schmutzig werden, weil sich am rechten Rand ganz neue Gestalten in Stellung bringen. Überlebt Macron das? Wichtige Wahlen sind auch die Kongresswahlen in den USA, die das Comeback von Donald Trump einläuten könnten sowie die Wahl des Bundespräsidenten in Deutschland, wobei Frank-Walter Steinmeier eine zweite Amtszeit bleiben wird.

Ende Jänner läuft die Amtszeit von Sergio Mattarella aus, wer ihm folgen wird, ist ungewiss. Kandidaten gäbe es genug, die mit dem Spitzenamt liebäugeln

Wer folgt auf Mattarella?
Ende Januar läuft die Amtszeit von Italiens Staatspräsidenten Sergio Mattarella aus. Regierungschef Mario Draghi wird seit Monaten als Nachfolger gehandelt. Er ist eindeutig der beliebteste, kompetenteste und seriöseste Politiker, der Italien diesen Moment zur Verfügung steht. Insofern wäre er der natürliche und logische Nachfolger des ebenfalls sehr beliebten und seriösen Staats­präsidenten Sergio Mattarella. Als eventuelle Nachfolger Draghis im Amt des Ministerpräsidenten werden bereits Finanzminister Daniele Franco sowie Justizministerin Marta Cartabia gehandelt. Draghi selbst sagt zu den Diskussionen über seinen möglichen Wechsel ins Amt des Staatspräsidenten: „Ich bin ein Mann, oder wenn Sie wollen: ein Großvater, im Dienst der Institutionen“.
Ende Januar sind die Wahlen jedenfalls fällig: Dann finden sich in einer gemeinsamen Sitzung im Parlament alle Abgeordneten und Senatoren sowie 58 Vertreter aus den Regio­nen – insgesamt mehr als tausend sogenannte „große Wähler“ – zu einem Wahlprozedere zusammen, das an das vatikanische Konklave erinnert. Der Vergleich mit der Papstwahl ist nicht so danebengegriffen, wenn man bedenkt, dass der Staatspräsident jeweils für sieben Jahre lang im schönen Palast auf dem Quirinalshügel wohnt, der früheren Residenz von Königen und Päpsten. Ganz so mächtig wie ein Monarch ist er zwar nicht, vor allem in politisch ruhigen Zeiten hat er eigentlich nur repräsentative Aufgaben. Doch wenn die Politik ins Wanken gerät, dann beginnt die Stunde des Staatspräsidenten. Er beruft Regierungen und Regierungschefs, und wenn es dafür keine Mehrheit im Parlament gibt, dann löst er die Kammern auf und setzt Neuwahlen an.
Silvio Berlusconi, 85 Jahre alt, strebt das Amt schon lange an. Er ist der Gegenentwurf zu einem Landesvater, der über allem schwebt, integer und moralisch ist. Diskutiert wird auch die Frage, ob es nicht endlich Zeit wäre, eine Frau zu wählen. Italien hatte noch nie eine Regierungschefin oder eine Staatspräsidentin. Vor allem drei Frauen werden Chancen eingeräumt: Justizministerin Marta Cartabia, früher Vorsitzende des Verfassungsgerichts; Maria Elisabetta Alberti Casellati, amtierende Präsidentin des Senats und Emma Bonino, einst EU-Kommissarin und später Außenministerin. Aber all das hängt von der zentralen Fragestellung ab: Bringt Draghi Italien mehr, wenn er noch für eineinhalb Jahre die Regierung führt, bis Ende der Legislaturperiode also, oder ist Italien mehr gedient, wenn Draghi sieben Jahre lang in der Rolle des Staatspräsidenten politische Stabilität garantiert? Rein theoretisch gäbe es auch eine Alternative: Mattarella, 80, könnte sich für eine Übergangsphase wiederwählen lassen, etwa bis zum Ende der Legislaturperiode im Frühling 2023, und dann für eine Wahl Draghis den Weg frei machen. So hat es bereits sein Amtsvorgänger Giorgio Napolitano 2013 getan, der war damals 88. Ausschließen kann man in der italienischen Politik doch nie etwas.

Jahresende mit Fußball
Umstritten und die Gemüter immer wieder bewegend ist auch die Fußball-Weltmeisterschaft zu Jahresende in Katar. Kritikpunkte und große Bedenken an der Wüsten-WM gibt es seit langem: Zum einen überschatteten Korruptionsvorwürfe schon 2010 die Wahl des Emirats als Standort für das Turnier. Zehn Jahre später, im April 2020, legte das US-Justizministerium nach langen Ermittlungen Beweise vor, die nach seiner Einschätzung belegen, dass Katar tatsächlich Schmiergelder gezahlt hat. Zum anderen steht es im Land schlecht um die Menschenrechte. Es gibt keine Presse- und Meinungsfreiheit, männliche Vormundschaft schränkt Frauenrechte stark ein, Homosexualität ist verboten. Als rechtelos gelten auch viele der Gastarbeiter. Gekommen aus Ländern wie Indien, Nepal oder Bangladesch, bauen sie in Katar neue glitzernde Stadien für die WM. Sie leben würdelos in unhygienischen Lagern in der Wüste. Hitze und extreme Arbeitsbedingungen setzen den Arbeitern zu, nach Medienberichten sind Tausende von ihnen verstorben. Katar will sich bei der WM aber in bestem Gewand präsentieren. Der Großteil der Fußball-Welt wird voraussichtlich auch wieder Beifall klatschen – spätestens, wenn vom 21. November bis 18. Dezember der Ball rollt. Der ORF wird alle 64 WM-Spiele übertragen.

Die Fußballweltmeisterschaft findet Ende 2022 in Katar statt

Das Nationalstadion in Peking, in dem die Olympischen Winterspiele eröffnet werden

200 Jahre Louis Pasteur
Ist es ein Wink der Hoffnung, dass ein Pionier der Impfungen im heurigen Jahr seinen 200. Geburtstag feiert? Eine Spritze gegen Kinderlähmung, ein kleiner Ritzer in die Haut gegen Röteln, Impfungen schützen Kinder heute weltweit gegen gefährliche Krankheiten. Zu verdanken ist die vorbeugende Methode der Schutzimpfung dem französischen Naturwissenschaftler Louis Pasteur. Am 27. Dezember 1822 in Dôle in Frankreich geboren, hatte Pasteur sich den Kampf gegen Krankheit und Tod zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Er erkannte auch als erster, dass Mikroorganismen bei Fäulnis und Gärung mitwirken. Daraus leitete er folgende Idee ab: beim Erhitzen von Lebensmitteln müssten nicht hitzebeständige Bakterien abgetötet werden. Dadurch könnte man sie keimfrei machen. Dieses Verfahren wird auch heute noch angewendet, z. B. beim Entkeimen der Milch. Man nennt es nach Pasteur „Pasteurisieren“. Pasteur kam durch seine Untersuchungen zu der Überzeugung, dass viele Krankheiten durch Bakterien hervorgerufen werden. Deshalb entwickelte er die Immunisierung mit abgeschwächten Krankheitskeimen wieder, so gegen Hühnercholera, Milzbrand und vor allem gegen die Tollwut.

Neujahrswunsch
2020 und 2021 sind Jahre, die in die Geschichte eingehen. Nach zwei Jahren Pandemie ist es Zeit für einen optimistischen Blick in die Zukunft. Hoffen wir, dass 2022 zum Lichtblick im Kampf gegen die Pandemie wird und die Menschheit gestärkt und gerüstet für die zukünftigen Herausforderungen hervorgeht.