Mit einer Kampagne für Respekt will das Land Südtirol dazu aufmuntern, Hassreden im Netz aktiv entgegenzutreten. LH Kompatscher hat heute (18. März) mit den Partnern die Ziele vorgestellt.
Halb Gesicht, halb Emoji: Fotos von realen Menschen, zur Hälfte überdeckt von den aus den sozialen Netzwerken bekannten kleinen runden Symbolbildern prägen die Kampagne ://DIGITAL ist REAL/ des Landes Südtirol. Die Kampagne ist seit mehreren Tagen mit Plakaten im öffentlichen Raum und mit gedruckten und visuellen Auftritten in den verschiedenen Südtiroler Medien sichtbar und weist die Nutzerinnen und Nutzer darauf hin: „Deine Worte, deine Sprache wirken auf die Mitmenschen.“ Am heutigen Freitag (18. März) hat Landeshauptmann Arno Kompatscher die Ziele und Inhalte mit einigen der vielen Partner aus Politik und Gesellschaft in Bozen vorgestellt.
Der Landeshauptmann verwies auf die Kernbotschaft der Kampagne: „Wie wir miteinander umgehen, das macht etwas mit uns.“ Kompatscher betonte, dass Meinungsäußerung nicht nur erlaubt, sondern willkommen sein müsse: „Abweichende Meinung darf und soll man deutlich äußern dürfen. Aber machen wir es mit Respekt und seien wir höflich, auch wenn wir streiten! Digital ist real. Das kann man nicht per Gesetz verordnen, dafür braucht es Bewusstsein. Daher freue ich mich dass so viele Partner unsere Kampagne mittragen.“
Der Vizepräsident des Südtiroler Landtags, Josef Noggler, erinnerte daran, dass die Initiative vor rund einem Jahr ohne Gegenstimme vom Südtiroler Landtag ausgegangen war: „Die Sensibilisierungskampagne soll zu einer respektvollen und gewaltlosen Kommunikation gegen Hass und sexistische Gewalt im Internet führen. Demokratie braucht Dialog. Diese Initiative soll einen Anstoß zur verbalen Mäßigung geben.“
Internetseite gibt Tipps und ermuntert zum Mitmachen
Kernstück der Kampagne ist die Internetseite www.digitalistreal.it. Sie will Internetnutzerinnen und -nutzer ermutigen und dazu befähigen, jeglicher Form von Beleidigung und Gewalt im Netz aktiv entgegenzutreten. Sie erklärt, wie man darauf reagieren kann, was man unter Hassrede (Hate Speech) versteht, und wo man unangemessene Inhalte melden kann. Die Seite zeigt auch auf, wo man in Südtirol Hilfe findet, wenn man selbst Opfer von Hassrede geworden ist. Schließlich bietet sie die Möglichkeit an, Symbolbilder zu teilen und so selbst Teil der Kampagne zu werden.
Koler: „Schweigende Mehrheit aktivieren“
Aktiv an der Kampagne mitgearbeitet hat das Forum Prävention. Direktor Peter Koler erklärt: „Wir haben eine Reflexion dazu gemacht, wie die Kampagne berühren, einbinden und die Zielgruppen, nämlich die schweigende Mehrheit, die Unsicheren und die Betroffenen, aktivieren und ihnen Tipps geben kann. Es ist wichtig zu wissen, dass wir keine zusätzliche digitale Realität haben – der Smilie oder Avatar, der kommentiert, bin also immer ich.“ Wichtig sei es gewesen, die Botschaften so zu setzen, dass die Kampagne selbst nicht erneut Gewalt hervorbringe.
Als Garant für freie Meinungsäußerung in den Medien beteiligt sich auch der Landesbeirat für Kommunikationswesen an der Kampagne, wie Roland Turk berichtete: „Wir setzen als LBK drei Aktionen: Als erste Aktion wollen wir kurze Videos produzieren, um die Verletzungen zu zeigen, die der Hass im Netz verursacht, und zur Gegenrede zu ermuntern. Weiters haben wir dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, also der Rai vorgeschlagen, das Thema auf allen Kanälen immer wieder aufzugreifen und dafür zu sensibilisieren. Als dritte Aktion soll auf regionaler Ebene ein Journalisten-Preis für Beiträge, die Hass im Netz zum Gegenstand haben, ausgeschrieben werden.“
Dass es viele Formen des Hasses im Netz gibt, zeigte die Forscherin für Kommunikations- und Kulturwissenschaften an der Freien Universität Bozen, Alexandra Cosima Budabin, auf: „In meinen Studien beschäftige ich mich mit der Möglichkeit, im Netz Solidarität zu schaffen. Dazu habe ich die Beiträge im Netz zu Flüchtlingen untersucht.“ Sie berichtete, dass Hass auch gezielt eingesetzt werden könne, um Solidaritätsbekundungen zum Schweigen zu bringen. „Es gilt, Hass-Diskurse zu identifizieren, Praktiken zu analysieren und Prozesse der Unterbrechung genauer zu untersuchen sowie mit anderen Organisationen und Kampagnen eine gemeinsame Front zu schaffen, damit sichere Orte im Internet entstehen“, sagte Budabin. (gst)