Die Covid-Beschränkungen fallen langsam. Man wird freier. Das gilt auch für die großen Parteien. Die Parlamentswahlen im kommenden Februar werfen bereits die ersten Schatten voraus. Jeder will langsam seine Fähnchen aufstellen und fühlt sich nicht mehr an die Notwendigkeit des Zusammenhalts wie in Covid-Zeiten rund um Draghi und Mattarella gebunden. Die sogenannte „riforma fiscale“ zu IRPEF, Ausweitung der „Flat Tax“, „Cashback“ für den digitalen Abzug von Steuerfreibeträgen (z. B. Arztspesen), die langsame Abschaffung der IRAP, Vereinfachungen bei der Mehrwertsteuer, den Akzisen und der IRES-Kapitalrendite und Kataster stecken fest. Lega und Forza Italia wollen ihre Interessen durchsetzen und sind nun schon fast bereit, die Mehrheit in diesen Fragen platzen zu lassen. Wenn einmal der Dammbruch erfolgt, dann ist die politische Katastrophe nicht mehr aufzuhalten.
Unsicher ist auch die Reform des obersten Richterates (CSM). Justizministerin Marta Cartabia ist sehr flexibel und demokratisch vorgegangen. Aber auch in dieser Angelegenheit hat man das Gefühl, dass es nicht um die Sache geht, sondern dass man nur etwas ausreizen will. Diese Spielchen sind im Parlament voll im Gange. Dazu kommt, wenige Monate vor den Neuwahlen, eine neue Initiative der 5-Sterne-Bewegung zum Wahlgesetz, zu mehr Verhältniswahlrecht und weniger Mehrheitswahlrecht. Das sogenannte „Germanicum“ des 5-Sterne-Kommissionspräsidenten Brescia hat man aus der Schublade herausgeholt und auf die politische Agenda gesetzt. Kurzfristiges Interesse an Änderungen haben viele Parteien, die sich irgendeinen Vorteil erwarten. Da wird jetzt schon richtig gepokert.
Beim DL „caro bollette“ (es geht um Hilfsmaßnahmen zur Abfederung der finanziellen Belastung der Familien und Betriebe durch die horrenden Energiepreiserhöhungen) war wenig zusätzliches Geld zu finden und somit wenig Platz für weitere Verbesserungen. Wir konnten lediglich durchsetzen, dass die verschiedenen staatlichen Hilfen an die Lokalkörperschaften nicht direkt, sondern wie bei uns üblich, über die für die Gemeinden zuständigen Regionen oder Provinzen zu erfolgen hat. Alles andere ist viel zu aufwendig.
Ansonsten ist von Interesse ein Treffen in Bozen mit dem Südtirol-Unterausschuss im Österreichischen Parlament zu Fragen der Autonomie sowie mit dem österreichischen Parlamentspräsidenten Wolfgang Sobotka in Rom.