In seinen 90 Renntagen trägt der Meraner Pferderennplatz derzeit über 140 Pferderennen aus und ist ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt der europäischen Reitsportszene. Doch der Meraner Pferderennplatz spaltet die Gemüter. Vor allem in Hinblick auf den geplanten Deal zwischen Gemeinde Meran und dem Land Südtirol.
von Philipp Genetti
Sicher ist, dass die Gemeinde bereits seit etlichen Jahren schon unter den hohen Kosten leidet. Das Land signalisierte schon mehrfach Interesse mit einzusteigen, fand aber mit den bisherigen Stadtregierungen offensichtlich noch nie einen gemeinsamen Nenner. Seit der Regierung Dal Medico/Zeller keimt neue Hoffnung auf.
Die BAZ im Gespräch mit Landeshauptmann Arno Kompatscher und Merans Vizebürgermeisterin Katharina Zeller.
Herr Kompatscher, als Landeshauptmann waren Sie seit Beginn der Verhandlungen mitten im Geschehen. Woran scheiterten diese Verhandlungen mit den Stadtregierungen bisher?
Arno Kompatscher: Bisher war es wohl die Angst des Kontrollverlustes von Seiten der Gemeinde. Es hatte ja schon öfters den Vorstoß gegeben, dass auch das Land mit einsteigen könnte. Das Angebot unterstreicht jedoch, dass wir gemeinsam Verantwortung für den Pferderennplatz übernehmen wollen. Auch wenn das Land die Mehrheit übernimmt, wollen wir die Entscheidungen über Investitionen und die inhaltliche Entwicklung des Pferderennplatzes als Miteigentümer gemeinsam treffen.
Wie muss man sich als Bürger den Einstieg des Landes in das Projekt konkret vorstellen?
Konkret ist geplant, dass das Land 60 % des Eigentums am Pferderennplatz übernimmt. Im Tausch werden dafür Immobilien an das Land übertragen. Zudem verpflichtet sich das Land, die Investitionen zu tragen, auch für jenen Teil, den die Gemeinde Meran als Miteigentümer übernehmen müsste. So ist die Rechnung finanztechnisch stimmig und ausgeglichen. Das ist für Meran die große Chance, kein Geld ausgeben zu müssen und zugleich einen starken Partner zu haben, der auch ein Investitionspaket mitbringt.
Was macht den Pferderennplatz für Südtirol interessant?
Die Bedeutung des Meraner Pferderennplatzes geht weit über die Stadtgrenzen und über Südtirol hinaus. Hier gibt es die Chance, noch mehr daraus zu machen. Wir wollen den Pferderennplatz nicht nur für die Meraner, sondern für ganz Südtirol zu einem Ort machen, mit dem man sich stark identifiziert. Der Pferderennplatz soll immer mehr zum Ort der Bürger werden.
Welche Auswirkungen hätte ein Einstieg auf die Kurstadt?
Die positiven Auswirkungen auf Meran liegen auf der Hand: Man hat einen starken Partner mit im Boot, mit dem es möglich wird, die notwenigen Investitionen am Pferderennplatz zu tätigen und auch gemeinsam das Konzept weiterzuentwickeln, damit die international bedeutenden Galopprennen und der Pferderennsport im Allgemeinen weitergeführt werden. Insofern können die Kurstadt und die Meraner davon nur profitieren.
Welche Chancen sehen Sie als Landeshauptmann im Pferderennplatz?
Der Meraner Pferderennplatz hat ja heute schon eine große Bedeutung im internationalen Pferderennsport. Wir sehen aber alle gemeinsam, inklusive die Betreiberfamilie Martone, als weiteres Ziel, das Haflingerpferd noch viel stärker einzubinden: Dieses ist ja geradezu auch Symbol für Südtirol und die damit zusammenhängende Kultur, Tradition und Identifikation. Somit kann der Pferderennplatz auch neben seiner internationalen Bedeutung noch viel stärker zu einem Ort der Südtiroler Identifikation werden. Und auch das hat nur Vorteile, indem es dann auch gemeinschaftsstiftend wirkt.
Inwieweit hätte die Gemeinde laut letztem Vorschlag des Landes dann noch ein Mitspracherecht?
Wie schon gesagt, haben wir in unserem Angebot deutlich gemacht, dass wir dieses Miteigentumsrecht im Ausmaß von 60 % erwerben wollen, das bedeutet die Mehrheit, aber: Wir wenden die Regelung des italienischen Zivilrechtes der Miteigentumsgemeinschaft an, das heißt, dass Entscheidungen nur gemeinsam getroffen werden. Hier ist also garantiert, dass die Gemeinde Meran bei jeder Entscheidung nicht nur mit am Tisch sitzt, sondern gemeinsam mit demselben Stimmrecht mitbestimmt, auch in Zukunft und deshalb ist hierzu die Besorgnis unbegründet.
Was stimmt Sie optimistisch, dass es zum Deal kommt?
Wir haben das Thema Pferderennplatz bereits ganz am Anfang in den Mittelpunkt unserer Gespräche mit der neuen Stadtregierung gestellt. Ich habe mit Vizebürgermeisterin Katharina Zeller auch genau darüber gesprochen, wie das Angebot des Landes ausschauen könnte, damit es tatsächlich auch zum Erfolg führen kann. Ich bin überzeugt, dass die neue Stadtregierung den notwenigen Mut und Pragmatismus für diesen Schritt aufbringt, der, wie gesagt, große Vorteile für die Stadt Meran und ihre Bürger mit sich bringen wird.
Frau Vizebürgermeisterin, warum soll das Land beim Pferderennplatz einsteigen?
Katharina Zeller: Das Angebot von Landeshauptmann Kompatscher war ja bereits einige Jahre zuvor formuliert worden, jedoch ist es meines Wissens nie zu konkreten Verhandlungen gekommen. Und es wäre eine verpasste Chance für unsere Stadt, wenn dieses Angebot in der Schublade liegen geblieben wäre. Der Einstieg des Landes ermöglicht die angemessene Erhaltung des Pferderennplatzes und eine breitere Nutzung von Seiten der Bürger.
Wie hoch wären die Kosten, welche die Gemeinde aufbringen müsste, um die Anlage selbst zu modernisieren?
Um die Kosten für die Sanierung abschätzen zu können, muss festgelegt werden, welche Arbeiten notwendig sind bzw. durchgeführt werden sollen. Das aktuelle Angebot des Landes sieht eine Investition von rund 15 Millionen Euro in den Pferderennplatz und die Stallungen des dazugehörigen „Borgo Andreina“ vor.
Als Gegenleistung für den Einstieg in den Pferderennplatz würde das Land das ehemalige „Böhler“-Krankenhaus in Obermais. abtreten. Ist das nicht zu wenig?
Das Land bietet als Gegenleistung nicht nur die Übertragung des ehemaligen Böhler-Areals in Obermais, sondern auch einen Teil des ehemaligen Gerichtsgebäudes am Kornplatz an. Außerdem soll am Parkplatz des Meraner Krankenhauses ein Pflegeheim mit Tiefgarage entstehen, wobei die finanzielle Teilbeteiligung der Gemeindeverwaltung in Raten erfolgen kann. Zusätzlich übernimmt das Land in Bezug auf die Investitionen am Pferderennplatz die Quote an Investitionen zu Lasten der Gemeinde Meran bei einem Gesamtbetrag von 15 Millionen Euro.
Inwiefern hat sich das Angebot seitens des Landes verändert? Welchen Nutzen verspricht sich die Gemeinde Meran durch das ehemalige Böhler-Areal?
Soweit ich informiert bin, wurde ursprünglich von einer höheren Investitionssumme für die Arbeiten am Pferderennplatz ausgegangen. Wir haben mit dem Land verhandelt und das Augenmerk vor allem daraufgelegt, dass nicht nur in den Pferderennplatz investiert wird, sondern auch Immobilien an die Stadt übergehen, die öffentlich genutzt werden können, wie eben das Böhler-Areal und das ehemalige Gerichtsgebäude.
Was sind Ihre Vorstellungen für die künftige Nutzung des Pferderennplatzes?
Was die Rennbahn betrifft, ist eine Mehrfachnutzung im Moment nur machbar, sofern die Zweckbestimmung für den Pferdesport dadurch nicht beeinträchtigt wird. Zum einen, weil ansonsten die Beiträge vom Ministerium gekürzt werden und zum anderen, weil die „Merano Galoppo“ die Flächen bis 2030 verwaltet und die vertragliche Verfügbarkeit darüber hat. Ein wichtiges Projekt besteht darin, den Pferderennplatz durch ein Haflingerzentrum zu bereichern. Außerdem sollen die Flächen auch weiterhin für Veranstaltungen zur Verfügung stehen. In Kürze wird auch das Innovationszentrum am Pferderennplatz eröffnet, wo Start-ups und junge, innovative Unternehmen Platz finden werden.
Wann steigt das Land konkret ein?
Die Stadtregierung hat bereits entschieden das Angebot anzunehmen und den Einstieg des Landes in das Eigentum des Pferderennplatzes zu ermöglichen. Wir bleiben nun in Erwartung der Schätzungen, die durchgeführt werden müssen, um dann die Verträge zu den obengenannten Bedingungen gemeinsam mit dem Land ausarbeiten zu können. Es geht somit nur mehr um die Formalisierung des Abkommens und die Klärung einiger Details.
Wo bleibt da die Mitbeteiligung der Meraner?
Sobald der Tausch abgeschlossen ist, muss gemeinsam mit den Meranern entschieden werden, wie die Immobilien genutzt werden sollen. Mit der Übertragung des Böhler-Areals in Obermais und des ehemaligen Gerichtsgebäudes tun sich neue Möglichkeiten für unsere Stadt auf und es gilt gemeinsam mit den Menschen vor Ort abzuwägen, welche Bedürfnisse und Anforderungen es gibt.
Bis wann erwarten Sie sich den Abschluss der Verhandlungen?
Das ist schwierig zu sagen, weil es nicht nur von der Gemeindeverwaltung abhängt. Ich gehe davon aus, dass der Tauschvertrag Anfang nächsten Jahres abgeschlossen werden kann. Sowohl die Gemeinde als auch die Landesverwaltung haben Interesse daran, die Verhandlungen zeitnahe abzuschließen und dieses gemeinsame Projekt zügig weiterzubringen.
Was wünscht sich das Land und was die Stadt bei den anstehenden neuen Verhandlungen?
Kompatscher: Ich wünsche mir, dass wir jetzt nicht nur die Verhandlungen zügig abschließen, sondern auch schnell in die Umsetzung kommen. Im Prinzip ist jetzt klar, wie eine Vereinbarung aussehen kann. Das Land ist bereit, die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen. Deshalb geht es nun darum, dass wir das Thema in den zuständigen Gremien rasch behandeln und auch genehmigen können, um dann vom Wort zur Tat zu schreiten.
Zeller: Die Grundastzentscheidung wurde, wie gesagt, bereits getroffen. Jetzt gilt es alle Aspekte der Vereinbarung bis ins Detail zu definieren und das Abkommen zu formalisieren. Dann steht einer Umsetzung dieses zukunftsweisenden Projektes nichts mehr im Wege!