Die Baubranche hat vielfältige Auswirkungen auf Klima und Umwelt. Wie kann sie nachhaltiger werden?
von Markus Auerbach
Nachhaltigkeit ist ein Thema, das uns alle betrifft. Die Stabilisierung des Klimas durch eine Veränderung unserer Lebensweise ist ein Prozess, der noch Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende andauern kann. Weltweit ist die Bauindustrie einer der größten Verbraucher natürlicher Ressourcen wie Holz, Sand, Kies oder Gestein. Der Abbau dieser Ressourcen schädigt die Umwelt und das Klima. Mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung steht die Baubranche daher vor großen Herausforderungen. Beim nachhaltigen Bauen geht es um den Schutz allgemeiner Güter, wie Umwelt, Gesundheit, Kultur und Kapital. Aus diesen leiten sich die klassischen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit, Ökologie, Ökonomie und soziokulturelle Aspekte ab, an denen auch die Qualität eines Gebäudes gemessen wird.
Ein Gespräch mit dem Meraner Architekten Andreas Zanier:
Herr Zanier, ein zentrales Ziel der Nachhaltigkeit ist ein zukunftsfähiger und nachhaltig gestalteter Lebensraum von hoher Qualität. Was bedeutet für Sie nachhaltig bauen?
Andreas Zanier: Den Bodenverbrauch möglichst einzuschränken und die bestehende Kubatur zu nutzen. Jeder zusätzliche Verbrauch sorgt für Bodenversiegelung und trägt damit zur Beeinträchtigung der Umwelt bei.
Immer mehr wird versucht, Nachhaltigkeit ganzheitlich zu erfassen. Stehen wir am Anfang eines neuen ökologischen, sozialen und Umwelt-Bewusstseins in der Baubranche? Wenn ja, wird sich dieser Trend fortsetzen?
Es gibt bereits erste Überlegungen zu diesem Thema, aber es werden noch viele weitere Schritte folgen müssen. Auch in der Baubranche muss ein Umdenken stattfinden, insofern reden wir hier nicht von einem wollen, sondern von einem müssen. Die Möglichkeiten und Instrumente dazu sind jedenfalls vorhanden.
Baumaterialien haben Auswirkungen auf das Raumklima, auf die Arbeitswelt und auf die Umwelt. Wie lässt sich überprüfen, wieviel Energie die Herstellung und der Transport (graue Energie) erfordert haben?
Bei einer jeden Baumaßnahme, jedem Material und jeder Lieferung lässt sich der CO2-Abdruck genau messen und wird festgehalten. In Zukunft wird nicht nur die Ökologie der Baumaterialien, sondern auch deren Herstellung und Langlebigkeit sowie die Transportwege eine immer wichtigere Rolle spielen.
Während die meisten Materialien Treibhausgase produzieren, leistet jeder verbaute Kubikmeter Holz einen wichtigen Beitrag zu einer Wertschöpfungskette der kurzen Wege. Viele Architekten und Bauherren setzen deshalb verstärkt auf den Bau von Holz- oder Holzhybridgebäuden. Aber auch Recycling-Beton ist zunehmend ein Thema. Wann ergibt es Sinn, darauf zurückzugreifen?
Es hat immer Sinn, darauf zurückzugreifen, soweit Statik und Bauweise dies zulassen. Dieser Trend ist in Südtirol und im gesamten Alpenraum bereits seit Jahrzehnten zu beobachten. Was wir sehr begrüßen. Südtirol hat darin viel Erfahrung und eine lange Tradition im Holzbau.
Welche Herausforderungen sehen Sie in Anbetracht der aktuellen Lage mit steigenden Rohstoffpreisen, insbesondere beim Baustoff Holz? Die Kosten für nachhaltiges Bauen liegen etwa 2 – 6 % über dem konventionellen Bauen. Sind nachhaltige Gebäude automatisch teurer?
Durch die Nutzung bestehender Volumen und intelligenter Herangehensweise bei der Planung lassen sich die Kosten einschränken. Man muss sich immer vor Augen halten, was es bei der Entstehung des Bauprojektes wirklich braucht, d. h. im Entwurfsansatz, in Umgang mit der Form, in der Art des Planens und am Spielraum, der den Gestaltern eingeräumt wird. Stets sind Mut und Kreativität gefragt.
Eine letzte Frage: Was raten Sie privaten Bauherren für die Planung ihres Bauvorhabens?
Genügend Zeit für die Planung einzurechnen, weil sich dadurch Ressourcen und Kosten sparen lassen sowie ein offenes Denken, weil sich dadurch viele Möglichkeiten ergeben, denn durch eine kurzsichtige Denkweise bei der Planung schränkt man sich unnötig selbst ein. Die Zeit bleibt nicht stehen, weder beim Haus, seiner Technik oder seinen Bewohnern. Deshalb ist es ratsam, wenigstens ein bisschen Zukunft in das Gebäude zu vereinen, das in der Gegenwart gebaut wird.