Italien leidet unter einem erheblichen Fachkräftemangel, insbesondere im Gesundheits- und Ausbildungssektor.
Dies bekommt vor allem eine Grenzregion wie Südtirol zu spüren, die mit den Arbeitsmärkten in Österreich und Deutschland konkurrieren muss. Dort sind die Löhne höher und die Lebenshaltungskosten oft niedriger. Wohnungsnot und mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf tragen zur Problematik bei.
Viele deutschsprachige Südtirolerinnen und Südtiroler entscheiden sich für ein Studium im deutschsprachigen Ausland. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarktförderung, entscheiden sie sich nach dem Abschluss häufig dafür im Ausland zu bleiben. Von 10 SüdtirolerInnen, die im Ausland ein Studium absolvieren, kehren nur 2 nach Italien zurück. Um dieses Problem zu lösen, wären strukturelle Reformen mit mehr Wohnraum für junge Familien, Kinderbetreuungseinrichtungen, aber auch eine bessere Bezahlung z. B. von Pflegeberufe. notwendig. Eine Regelung, die sicherlich dazu beigetragen hat, das Problem der „fuga dei cervelli“ abzufedern, waren die Steuererleichterungen für ArbeitnehmerInnen, die sich zur Rückkehr nach Italien entschlossen haben. Der Staat gewährte all jenen ArbeitnehmerInnen, die nach einem mindestens zweijährigen Auslandsaufenthalt zurückkehrten, über einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren einen Abzug von der Steuergrundlage in Höhe von 70 bis 90 %. Dadurch erhöhte sich ihr Gehalt erheblich. Dass die Maßnahme funktioniert hat, zeigen die Zahlen: allein im Jahr 2021 kehrten 21.200 Personen nach Italien zurück. Die Ausweitung der Maßnahme auf alle Personen, die im Ausland ein Fach studieren, in dem ein Arbeitskräftemangel herrscht, wäre daher der richtige Weg gewesen. Leider hat sich die Regierung für das Gegenteil entschieden, indem sie vorhat die Regelung nur auf so genannte „hochqualifizierte Arbeitskräfte“ zu beschränken und die Steuerermäßigung für fünf Jahre auf 50 % reduzieren will. Über die Frage, wer zu den „Hochqualifizierten“ gehört, werden sich wohl die Gericht den Kopf zerbrechen müssen.
Die Ankündigung der Verschärfung der Steuererleichterungen hat zu heftigen Protesten bei denjenigen geführt, die eine Rückkehr nach Italien geplant hatten und sich plötzlich gezwungen sehen, alle Pläne zu ändern. Rechtssicherheit sieht anders aus. Sollte die Regierung an ihrer Entscheidung festhalten, wird dies für Südtirol und alle Grenzregionen ein besonderes Problem darstellen. Bereits jetzt gibt es in verschiedenen Bereichen, wie der Sanität, einen zunehmenden Mangel an Arbeitskräften. Die Südtiroler ParlamentarierInnen kämpfen daher für eine Überprüfung der Abänderungspläne durch die Regierung.