Warum denn in die Ferne schweifen? Das Gute liegt so nah! Mit diesem Goethe-Zitat machen wir uns heute auf den Weg in unsere Landeshauptstadt.
Wer noch nie die Promenaden rund um Bozen erlebt hat, wird über deren Vielfalt staunen!
von Christl Fink
Am Grieser Platz, gegenüber der barocken, dem heiligen Augustinus geweihten Stiftskirche steigen wir aus dem Bus und wenden uns gleich nach links zu der Alten Pfarrkirche.
Tropfsteinsäule und Guntschna-Promenade
Da diese meist geschlossen ist, begnügen wir uns mit einem Spaziergang durch den Friedhof, gehen auf der anderen Seite hinaus und gleich wieder nach rechts bis zur Michael- Pacher-Straße, wo die Guntschna-Promenade beginnt. Als erstes entdecken wir eine Tropfsteinsäule, daneben die Erklärungstafel. Die 1891 – 1903 erbaute Anlage, die einst nach dem österreichischen Erzherzog Heinrich benannt wurde, diente ursprünglich als „Heilweg“ für Herz- und Kreislauferkrankungen. Um den Erholungssuchenden den Weg zu erleichtern, gab es die Guntschna-Standseilbahn, die 1963 eingestellt wurde. Aufgrund der geschützten Lage sollte hier mit mediterranen Pflanzen eine botanische Attraktion für den aufstrebenden Kurort Gries geschaffen werden. Feigenkakteen, Olivenbäume, verschiedene Palmen und Zedern gedeihen hier prächtig.
Uralter Pflasterweg und schöne Ausblicke
In weiten Serpentinen geht es nun bergauf. Der unterste Teil der Promenade berührt mehrmals den alten Pflasterweg nach Glaning. Rastbänke und Informationstafeln laden zum Verweilen und Schauen ein. Immer öfter geben die Bäume den herrlichen Blick auf den Rosengarten frei und die späte Novembersonne entfaltet noch einmal ihre Kraft. Wir überqueren die Straße nach Jenesien und erreichen bei einem Wegkreuz den höchsten Punkt. Von hier aus hat man einen herrlichen Blick nach St. Anton und über Schloss Runkelstein ins Sarntal.
Nun geht es nur noch bergab, der Weg wird zur schmalen Zufahrtsstraße. In einem Bogen kommen wir zur Jenesier Straße, folgen dieser ein kurzes Stück und gehen dann vor dem Tunnel links hinunter und durch die Unterführung.
Die romantische Fagenschlucht
Wir folgen nun immer der Markierung 5 und nähern uns dem Wasserfall, den der Fagenbach hier bildet. Über Stahltreppen geht es hinunter zur stark befahrenen Jenesier Straße. Jenseits grüßt der Gscheibte Turm und das fast versteckte St.-Oswald-Kirchlein. Ersterer ist kein Römerturm, wie viele irrtümlich meinen, sondern der letzte Rest der ehemaligen Burg Treuenstein. Ein kurzes Stück müssen wir die Straße abwärts gehen. Dort, wo die Markierung nach Georgen weist, überqueren wir den Bach und kommen an der Villa Fortuna, dem Geburtshaus des Südtiroler Schriftstellers Franz Tumler, vorbei. Weiter geht es geradeaus, vorbei am uralten Mauracherhof, der zur Zeit renoviert wird und zwischen den Häusern hindurch. Die kleine Straße biegt links ab und führt zur St.-Antons-Brücke.
Zur Oswald – Promenade
Wir überqueren die Talfer. Gleich links erhebt sich der Ansitz Klebenstein mit der St.-Anton- Kapelle, von der der Brückenheilige, Johannes Nepomuk, grüßt. Dahinter führt eine schmale Straße zum Schloss Runkelstein. Wir gehen geradeaus weiter bis zur Oswaldpromenade, die hier beginnt. In Serpentinen wandern wir zunächst über Asphaltplatten stetig aufwärts, unter uns große Weinberge. Im Rückblick sehen wir noch einmal den Weg, den wir gerade gegangen sind: den Gscheibte Turm, die Fagenschlucht mit dem Wasserfall und der hohen Brücke, die sich über die Schlucht spannt. Etwas höher dann der Rückblick auf den grünen Turmspitz von St. Peter in Karnol sowie auf der gegenüberliegenden Talseite St. Georgen, etwas versteckt rechts darunter St. Jakob im Sand und gleichsam als Wächter über Bozen und das Sarntal die Ruine Rafenstein.
Durch brüchigen Fels
Flaumeiche, Zürgelbaum, Blumenesche und Hopfenbuche begleiten uns. Plötzlich türmen sich vor uns talseitig zwei Felsnasen auf – fest gesichert und verankert. Vorbei am Denkmal des Pionier des Bozner Tourismus Karl Ritter von Müller, durchqueren wir nun eine brüchige Felslandschaft. Nur der Perückenstrauch und der Feigenkaktus scheinen diese Felsen zu lieben. Über einen Holzsteig erreichen wir bald das Hotel Eberle, das durch den riesigen Felssturz Anfang Jänner 2021 schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde und noch immer auf seinen Wiederaufbau wartet.
St. Magdalena in Prazöll
Von hier aus hat man einen herrlichen Blick auf St. Magdalena und St. Justina bis hin zum Rosengarten. Rund um diesen Hügel wächst der bekannte „Magdalener“. Über die Zufahrtsstraße wandern wir hinunter zum Weiler mit seiner freskenreichen, kleinen Kirche. Nur wenige Schritte sind es zurück zum Weg Nr. 6, der uns kurz und steil an einigen alten Weinhöfen vorbei zum Traditionsgasthaus „Schwarze Katz“ und zum Bahnhof Bozen führt.
Info:
Ausgangspunkt: Alte Pfarrkirche in Gries
Ziel: Rentsch
Gehzeit insgesamt: rund 2,30 – 3 Std.