Gemeinsam mit den Fraktionen Pfelders, Stuls, Ulfas, Platt und Rabenstein bildet Moos in Passeier die flächenmäßig größte Talgemeinde des Passeiertals. Das Gemeindegebiet um Moos in Passeier ist Mitglied der Alpine Pearls und arbeitet seit 2015 mit dem amtierenden Bürgermeister Gothard Gufler an einem innovativen und umweltfreundlichen Gebietskonzept.
Fast ganz am Ende des Passeiertals weitet sich gleich nach St. Leonhard ein schmales Seitental zum Hauptort Moos in Passeiertal und damit ins Hinterpasseier aus. Von hier aus zweigt das 23 km lange Pfelderer Tal nach Westen ab und führt in Richtung Norden zuerst ins Rabensteintal, dann weiter aufs Timmelsjoch. Das hintere Passeiertal hat Hochgebirgscharakter und bietet sich als idealer Ausflugsort für Wanderungen im hochalpinen Gelände an. Hierfür bezeugt nicht nur das Gemeindewappen von Moos, sondern auch der Europäische Fernwanderweg E5, der zum Timmelsjoch auf seine Königsetappe führt.
In Rabenstein erzählt ein neu eröffneter Erlebnisweg nun die Geschichte um den sagenumwobenen Kummersee. Ganze siebenmal war der See ausgebrochen und verwüstete mit seinen Wassermassen das naheliegende Meran. Anlässlich des 700-jährigen Jubiläums der Stadt Meran ein Grund mehr, sich an die traurige Geschichte dieser Umweltkatastrophe aus den vergangenen Jahrhunderten zu erinnern. Für die Überlieferung der Ereignisse war Beda Weber maßgebend.
Zahlreiche Schriften des Theologen und Schriftstellers erzählen, wie sich die gewaltigen Wassermassen durch das Tal hinaus bis nach Meran kämpften. 1852 widmete Beda Weber dem geschichtsträchtigen Passeiertal auch sein Werk „Das Thal Passeier und seine Bewohner“ und schildert darin eindrücklich, unter welchen Lebensumständen die Bevölkerung aus dem Hinterpasseier ihr tägliches Brot verdienen musste. Wir sprachen mit dem amtierenden Bürgermeister Gothard Gufler.
Herr Gufler, die Gemeinde Moos ist für viele Südtiroler vor allem als attraktives Wandergebiet bekannt. Wie sieht es in der Wirtschaft aus?
Die Bevölkerung lebt vorwiegend von der Viehwirtschaft. Gehalten werden Kühe, Kälber, Schweine oder Hühner. In den Sommermonaten laden auch 15 Almen und Schutzhütten zur Einkehr ein. Aber auch im Handwerk haben einige Betriebe das hintere Passeiertal als Wirtschaftsstandort entdeckt. So haben sich hier mehrere Tischlereibetriebe, zwei Schlossereien, Baubetriebe, eine Metzgerei sowie ein Zimmerer und Dachdecker angesiedelt.
Das Genossenschaftswesen spielt in Hinterpasseier eine große Rolle. Erklären Sie uns das?
Um den Hinterpasseirer Haushalten und Betrieben langfristig einen kostengünstigen Strompreis zu sichern, wurde 2002 die EUM-Genossenschaft gegründet. Sie bezieht die für die Verteilung benötigte Energie aus der Beteiligung an den E-Werken „Bergkristall-Stieber“ und „Rabenstein“.
2009 betrat die EUM-Genossenschaft mit dem Pilotprojekt „Internet aus der Steckdose“ neuen Boden. Seitdem wurde dieser Dienst immer weiter verbessert. Inzwischen ist es das erklärte Ziel der EUM, alle Mitglieder mit Breitbandinternet zu versorgen. Die EUM-Genossenschaft führt außerdem die Tankstelle in Moos in Passeier, welche vor allem aufgrund der niedrigen Treibstoffpreise zur Aufwertung des Wirtschaftsstandortes Hinterpasseier beiträgt. 2013 übernahm die Genossenschaft die vier Hinterpasseirer Lebensmittelgeschäfte und wurde mit seinen knapp 30 Beschäftigten zu einem der größten Arbeitgeber in der Gemeinde Moos. Diese „inser Lodn“-Filialen in Moos, Stuls, Platt und Pfelders sollen auch in Zukunft die Nahversorgung gewährleisten.
Wie sieht es mit dem Tourismus aus?
Mit Januar 2010 wurde die Gemeinde Moos gemeinsam mit ihren Fraktionen neues Mitglied des die Alpenregion übergreifenden Vereins „Alpine Pearls“, deren Mitglieder sich vor allem für einen sanft mobilen Urlaub in den Alpen stark machen. Seither beweist auch Moos im Meraner Land, dass „Urlaub ohne Auto“ nicht nur wegen der Umwelt ratsam ist, sondern darüber hinaus auch dem Gast ein neues Erlebnis eröffnet. Vorzeigestandort für den sanften Tourismus von Hinterpasseier ist die Fraktion Pfelders. Bekannt als erstes verkehrsloses Skigebiet Südtirols, ist das Befahren der Straßen ab dem Ortseingang nur der einheimischen Bevölkerung und den Gästen der Beherbergungsbetriebe von Pfelders gestattet. Am Ortseingang regelt eine Schranke die Verkehrsbeschränkung. Dort garantieren der Dorfexpress, ein Zug auf Rädern, sowie zwei City-Busse einen abgasarmen Transfer von den Parkplätzen hin zu den Aufstiegsanlagen.
Welche kulturellen Angebote gibt es?
Mit dem Ziel, die bestehenden und zukünftigen Museen im Hinterpasseier zu betreuen, wurde im November 2016 der Verein Museum Hinterpasseier gegründet. Er verwaltet seither die musealen Einrichtungen des Hinterpasseier. Allen voran das Bunker-Mooseum, in dem vorwiegend regionale Ausstellungen zum Naturpark, zur Siedlungs- und Zeitgeschichte der Region sowie das Bunkererlebnis beheimatet sind. Das Bunker-Mooseum ist gleichzeitig Info-Stelle des Naturparks Texelgruppe.
Sie feiern im kommenden Jahr 50 Jahre Eröffnung des Timmelsjochs. Was planen Sie für das Jubiläumsjahr?
Seit Januar dieses Jahres arbeiten wir gemeinsam mit unseren österreichischen Nachbargemeinden aus dem Ötztal am Interreg- Projekt „Timmel Transit 2018“. Ziel ist die Erhaltung und der Schutz der Umwelt sowie die Förderung der Ressourceneffizienz rund um das Timmelsjoch. In diesem Zusammenhang werden die bestehenden Wander- und Radwege ausgebessert und die verfallenen Bauten sowie der alte Bunker auf dem Pass gemeinsam mit dem Architekten Werner Tscholl saniert. Tscholls Handschrift war bereits bei der Realisierung der Timmelsjocherfahrungen: dem Passmuseum, dem Infopoint Granat und den Erlebnisstationen entlang der Timmelsstraße federführend. Das Projekt soll innerhalb 30. Juni 2019 fertiggestellt werden. Außerdem arbeiten wir derzeit an einem neuen Museumskonzept und werden Südtirols erstes Elektromuseum auf unserem Gemeindegebiet eröffnen.
Welche historischen Persönlichkeiten kommen aus Hinterpasseier?
Am 15. November 1787 wurde am Egghof in Rabenstein/Passeier der spätere Arzt und Wissenschaftler Dr. Joseph Ennemoser geboren. Während seiner Studienzeit waren die Tiroler Freiheitskämpfe, an denen Ennemoser als Geheimschreiber Andreas Hofers und als Offizier der Passeirer Schützenkompanien teilnahm. Nach den Kämpfen in Tirol 1809 zog Ennemoser nach Berlin, von wo aus er vor allem in der psychischen Heilkunde des Magnetismus europäische Berühmtheit erlangte. Eine weitere Hinterpasseirer Persönlichkeit war Josef Pichler, genannt „Pseirer Josele“. Er machte Anfang des 19. Jahrhunderts auf sich aufmerksam. Grund dafür war der von Dr. Gebhard verfasste Bericht über Josef Pichlers gelungene Erstbesteigung des Ortlers an Erzherzog Johann.
Worauf sind die Hinterpasseirer noch stolz?
Es sind in Hinterpasseier gleich drei Musikkapellen angesiedelt: die Musikkapelle Rabenstein, die Musikkapelle Moos und die Musikkapelle Platt. Letztere feierte in diesem Jahr bereits ihr 60- jähriges Bestehen. Auch die Brüder Pamer, allen voran Philipp und Alex, haben weit über die Südtiroler Grenzen hinaus gezeigt, wie viel Talent in Moos zu finden ist. Philipp Pamer als Filmschaffender und Regisseur des preisgekrönten Kinoerfolgs „Bergblut“, Alex Pamer als Sieger der Harmonika-Weltmeisterschaft 2013. Auf ihre sportlichen Leistungen machten zuletzt auch die Hinterpasseirer Sportler Evelin Lanthaler, Weltmeisterin in Naturbahnrodeln, und der Europameister in Kunstbahnrodeln Lukas Gufler auf sich aufmerksam und gaben ihrer Heimatgemeinde allen Grund zur Aufmerksamkeit.
von Philipp Genetti