So lautet der Titel des kunstgeschichtlichen Buches von Carl von Braitenberg über die Zenoburg und ihre wechselvolle Geschichte seit prähistorischer Zeit.
Grabungsfunde veranlassen zur Annahme einer wallburgischen Besiedelungsform am Zenoberg bereits zur Bronzezeit, lange vor Christus. Dieser aufragende Felssporn am römischen Handelsweg nach Norden, steil abfallend zur Gilfklamm der Passer, war später strategischer Standort des Castrum Maiense – einer militärischen Festung zwecks Weg- und Zollkontrolle. Mit dem Siegeszug des Christentums in der Spätantike entstand dort eine bedeutende Wallfahrtskapelle mit Doppel-Apsis, dem Kirchenpatron St. Zeno geweiht, als vielbesuchtes Pilgerheiligtum. Darin fanden im 4. Jh. die verehrten Bischöfe Valentin von Augsburg und im 7. Jh. Korbinian von Freising ihre Grabstätten, bis um die Jahrtausendwende der religiöse Einfluss zurückging; Gebeine und Grabreliquien wurden nach Bayern überführt und St. Zeno verlor seinen sakralen Kultstatus.
Das Mittelalter
Um 1237 wird urkundlich erwähnt, dass Ulrich Suppan von Zenoberg als Lehensnehmer von gräflichen Gnaden die Verwaltung der Zenoburg innehatte. Gegen Ende des Jahrhunderts war es Graf Meinhard II., Gründungsvater des Landes Tirol, der die Burganlage zurückerwarb, sie damit wieder in landesfürstlichen Eigenbesitz brachte. Es folgte der Ausbau der Festung als fürstliche Wohnresidenz sowie die Erneuerung der doppelgeschossigen Burgkapelle, welche 1309 durch den Churer Bischof zu Ehren der Heiligen Zeno und Gertrud geweiht wurde – am Bau unterstrichen durch die beiden charakteristischen Rundapsiden. Ein größerer Brand 1301 im Stammschloss Tirol veranlasste das Fürstenhaus, den Regierungssitz vorübergehend auf die nahegelegene Zenoburg zu verlegen. Dies war deren Blütezeit und sie dauerte einige Jahrzehnte lang an. Dadurch verbrachte die Enkelin Meinhards II., die spätere starke Frau Tirols, Margarete (Maultasch genannt) mehrere Jugendjahre auf dem Hügeldomizil der Zenoburg. Aus Erbgründen am Hofe wurde sie als kindliche Prinzessin mit Johann Heinrich von Luxemburg vermählt – eine ungewollte Scheinehe, welche sie als Monarchin um 1340 auflöste samt Vertreibung des Ehemanns. Aus Rache dafür wurde ihr von dessen Bruder Kaiser Karl von Böhmen der Krieg erklärt und 1347 die Zenoburg sowie Teile der Stadt Meran gebrandmarkt. Nur der Kapellenbau auf der Südseite und der Bergfried nordseitig blieben verschont. In den nachfolgenden Jahrhunderten der Habsburger Regentschaft in Tirol wird die Zenoburg als Fürstenresidenz nicht wieder aufgebaut, bis um 1799 der Besitzer des Stemmerhofes am Küchelberg Leopold von Braitenberg den gesamten Burghügel von Zenoberg samt Ruinen käuflich erwirbt.
Von der Neuzeit bis zur Gegenwart
Seit bald 220 Jahren ist diese archaische und geschichtsträchtige Hügelruine Zenoburg auf Tiroler Gemeindegebiet nunmehr im Besitz der Familie von Braitenberg. Dabei wurden die bis zu einem Meter starken Mauerruinen aus gehauenen Natursteinen gefestigt und insbesondere durch den früheren Senator Carl von Braitenberg in den Jahren 1970/1980 in ihrem Bestand gesichert. Beide Ruinentrakte – die hohe Doppelkapelle mit Empore und der einzigartigen Doppelrundapsis wie auch der bewohnbare Turmtrakt sind im Zusammenwirken mit Landesdenkmalamt, dem Landesarchiv sowie dem Museum Schloss Tirol kernsaniert und neu gedeckt worden. Der Wissenschaftler Valentin von Braitenberg füllte die so wiedererstandene Zenoburg während der letzten Jahrzehnte mit intellektuellen Inhalten, wobei sie überwiegend ein privater Rückzugsort blieb. Die derzeitige Besitzergeneration mit Zeno von Braitenberg und Familie hat sich zum Ziel gesetzt, diesen besonderen Ort als historischen Meilenstein der Tiroler Geschichte durch neue musische Kulturinitiativen zu beleben – somit einen Teil der weitläufigen Zenoburg als Begegnungsstätte für nachhaltige kulturelle Inhalte der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Vor zwei Jahren wurde dazu ein fachkompetentes fünfköpfiges Kuratorium Zenoburg gegründet, welches bereits gelungene Veranstaltungen verwirklicht und weitere in Planung hat. Der Kulturverein möchte anhand des besonderen historischen Ortes bewusst einen Beitrag leisten zum besseren Verständnis von Geschichte, von Gesellschaft und Befindlichkeiten im Südtirol von heute – dabei zum Dialog mit offenem Blick in die Zukunft anregen. Ein wichtiges Ziel des Kuratoriums in konstruktiver Zusammenarbeit mit der nahegelegenen Kurstadt und Dorf Tirol ist die baldige Verwirklichung eines direkten Zugangs von Süden her über die Gilfpromenade bis zum prähistorischen Areal der Zenoburg. Diese sinnvolle Investition im Naherholungsgebiet der Kurstadt würde das Gesamtkonzept der Begegnungsstätte Zenoburg als mystischer Platz auf archaischem Boden für kunsthistorisch interessierte Besucher aus aller Welt unterstützen und als wertvolles Kulturangebot im Burggrafenamt ganzjährig sichern.
von Jörg Bauer