Wie immer um diese Jahreszeit verstärkt das Finanzamt wieder die Kontrollen der Steuerzahler und stellt vermehrt Steuerbeanstandungsprotokolle aus. Dies, weil mit Ablauf des Jahres bestimmte Steuerjahre verjähren und somit das Finanzamt nicht mehr die Möglichkeit hat, diese Jahre zu kontrollieren. Mit 31. 12. 2017 läuft die Steuerfestsetzungsfrist für den Steuerzeitraum 2012 aus sowie jene von 2011 für all jene Steuerzahler, die keine Steuererklärung abgegeben haben.
Bei Erhalt eines Bescheides bis Jahresende ist darauf zu achten, wann dieser dem Steuerzahler zugestellt wurde. Sofern das Steuerbeanstandungsprotokoll erst im November 2017 zugestellt wurde, ist es wahrscheinlich, dass das nachfolgende Steuerfestsetzungsprotokoll, mit dem die Nachzahlung der Steuern und die Strafen verlangt werden, ungültig ist und somit nicht bezahlt werden muss.
Dies kommt daher, dass es im italienischen Steuerrecht eine Schutzklausel für den Steuerzahler gibt, welche dem Steuerzahler das Recht einräumt, sich bei Erhalt eines Beanstandungsprotokolls innerhalb von 60 Tagen zu seiner Verteidigung mit der Hinterlegung eines Schriftsatzes die Beschuldigungen des Finanzamtes zu widerlegen. Wird die 60-Tage-Frist vom Finanzamt nicht eingehalten, wird die verfassungsrechtlich geschützte Möglichkeit zur Verteidigung verletzt. Somit hat das die Ungültigkeit des Festsetzungsprotokolls zur Folge. Das Kassationsgericht hat diese Interpretation letzthin mehrmals bestätigt.
Die einzige Ausnahme für die Nicht-Einhaltung der 60-Tage-Frist gewährt das Gesetz, wenn strafrechtlich relevante Tatbestände, ein Insolvenzrisiko oder eine Wiederholungsgefahr bestehen. Der zeitnahe Ablauf der Verjährungsfrist stellt jedoch niemals einen dringlichen Grund dar.
Für das Finanzamt gilt in diesem Fall: zu spät zugestellt? Alles null und nichtig.
von Walter Gasser, Kanzlei Gasser Springer Perathoner, Eder & Oliva