Ein Rekordwinter geht zu Ende. Der Schnee schmilzt dahin, die Tage werden länger. Die Zeit der Fahrräder beginnt: Egal ob Rennrad, MTB oder E-Bike.
Das Burggrafenamt und die nähere Umgebung sind ein Eldorado für Radfahrer. Der Radtourismus wurde in den vergangenen Jahren zu einem immer wichtigeren Wirtschaftszweig. Kein Wunder, denn die Möglichkeiten sind vielfältig. Mittlerweile auch für jüngere Gäste, die Action suchen. Trails, Enduro und der Downhill-Sport sind schon mehr als ein Trend geworden. Nicht zuletzt haben die elektrischen Bikes, so genannte E-Bikes, für einen weiteren Aufschwung gesorgt. Ein Motor als kleines, oder oft auch größeres Hilfsmittel, kann dabei das Leistungsniveau ausgleichen, und somit der ganzen Familie eine Radtour ermöglichen. Wohin sich der Radtourismus entwickelt, wie man richtig in die neue Saison startet und welche Möglichkeiten es im Burggrafenamt und der näheren Umgebung gibt, darüber haben wir mit Martin Primisser vom Fahrradgeschäft SS 38 Bike in Lana gesprochen.
Die Radsaison steht vor der Tür. Ihre Tipps für einen guten Start in die Saison für Radfahrer?
Martin Primisser: Ein klassischer Saisonsaufbau sieht vor, dass man anfangs viele Kilometer abspult; erst nach und nach kommen intensivere Einheiten und mehr Höhenmeter dazu. Diese so genannte Grundlagenausdauer zu trainieren ist recht eintönig, es werden auf relativ flacher Strecke viele Kilometer gesammelt. Um die Spaßkomponente hinzuzufügen sind E-Bikes neuerdings ein echter Geheimtipp, durch die Unterstützung der Motoren, individuell festlegbar, kann man auch im steileren Gelände trainieren.
Gibt es Unterschiede in der Saisonvorbereitung für „Rennradler“ und für Mountainbiker?
Für beide Disziplinen ist eine solide Grundlagenausdauer von Vorteil. Wenn man viel auf dem E-Bike unterwegs ist, ist keine spezifische Vorbereitung notwendig. Außerdem können alle miteinander Rad fahren: Alter und Leistungsniveau spielen eine untergeordnete Rolle, da der Motor die Unterschiede ausgleicht und alle ihren Spaß haben können.
Wohin entwickelt sich der Radtourismus in Südtirol?
Der Radtourismus trifft den Nerv der Zeit. Das Erlebnis steht im Vordergrund, es sollten Spaß, Panorama, Genuss und etwas Adrenalin verschmelzen und dies alles ohne Stress. Auch die Naturerfahrung und die ökologische Komponente spielen eine immer größere Rolle. Die Entwicklung geht deshalb vor allem Richtung E-Bike: Der Widerspruch „hohe Berge – aber entspannte Touren“ wird für die meisten erst durch die Extrapower möglich. Wer mit hochrotem Kopf über dem Lenker hängt, hat meist unterwegs nicht viel gesehen von der Landschaft. Eine weitere Zielgruppe neben dem Tourenfahrer ist die Familie. Wenn die Strecke gut gewählt ist, sind Kinder die tollsten Biker: ein Kind möchte nicht langweilig durch die Gegend fahren oder gar Höhenmeterrekorde aufstellen. Anspruchsvolles E-Biken, wo es um den Uphill Flow geht, fordert den ganzen Körper. Uphill Flow bedeutet, technisch anspruchsvolle Wege auch aufwärts fahren. Der Motor hilft zwar, trotzdem muss man ein 25-kg-Bike über Stufen, Wurzeln und andere Hindernisse bewegen. Deswegen ist es gerade beim E-Biken wichtig, auch den Oberkörper zu kräftigen.
Stichwort Trail-Verbote: Was halten Sie davon?
Verbote mag niemand. In Italien ist es rechtlich so, dass Wanderwege auch den Radfahrern offenstehen. Ausnahmen sind Waalwege. Bei unserer Dichte an Wegen sollte es kein Problem sein, das Zusammenleben von Wanderern und Bikern zu fördern, weil es meistens je eine Strecke für beide gibt. Da die Anzahl der Biker zunimmt, wäre es sinnvoll, Alternativen auszuschildern anstatt Verbote auszusprechen. Diese Forderung ist ein beträchtlicher Mehraufwand im Vergleich zum Anbringen einer Verbotstafel, aber wenn wir vom Radtourismus profitieren wollen, werden wir um das Investieren von Zeit und Geld nicht herumkommen. Lösungsstrategien gibt es hier einige, wie „Shared Trails“ (Wanderer und Biker teilen sich einen Weg) oder ein Trail wird von beiden Gruppen zeitlich getrennt genutzt. Für Wanderer gibt es rund um Lana einen Skulpturenweg, Panoramawege, Erlebnispfade, einen Filzkunstwanderweg, Glaubenswege, Kreuzwege usw. Mit den gleichen Kriterien müssen auch Radstrecken gebaut oder ausgesucht werden.
Welche Radtouren schlagen Sie im Burggrafenamt vor?
Das Burggrafenamt bietet sich bestens für Rennradfahrer an. Dabei kann man recht flach ohne nennenswerte Höhenmeter ins Vinschgau, ins Unterland und weiter nach Trient und den Gardasee fahren. Bei noch wärmeren Temperaturen kommen dann fast unendlich viele Möglichkeiten dazu: ins Ultental bis nach Weißbrunn, oder auf halber Strecke übers Hofmahd-Joch ins Nonstal. Klassische Strecken wie die Gampen-Mendel-Runde oder die Kehren hoch zum Stilfser Joch sind bei allen Rennradfahrern bekannt. Auch das Martell- und Passeiertal mit seinen Pässen bieten beliebte Touren. Die Mountainbiker können bereits früh in der Saison ins „Mittelgebirge“. Auf der Höhe von Tisens, Völlan, Vellau oder dem Fragsburger Wasserfall gibt es in so schneereichen Jahren wie heuer viele Touren, die Spaß machen. Auch hier gilt: je wärmer, desto höher mit einem großen Variantenreichtum. Während Touren zu den „Stoanernen Mandln“ oder das Vigiljoch bekannt sind, gilt das Ultental als Geheimtipp. Downhiller, die es meist richtig krachen lassen wollen, brauchen eigene Strecken: hier sei der „Stuanbruchtrail“ erwähnt, der von der Schwarzen Lacke auf dem Vigiljoch ab 15 Uhr exklusiv den Bikern zur Verfügung steht.
von Michael Andres