„Das Pendeln zwischen zwei Welten ist mir wichtig, um Lebensinhalte zu füllen.
Der Ahrntaler Michael Knapp lebt in München und ist von Beruf Diplominformatiker. Für den 33-Jährigen zählt eine gute Mischung zwischen Zielstrebigkeit im Job und Abschalten in der Freizeit, zwischen beruflicher Verantwortung und totalem Ausknipsen davon. Was ihm dabei hilft sind die Musik und der Sport.
Erzählen Sie uns über Ihren beruflichen Werdegang…
Mit meinem Zwillingsbruder Stefan habe ich die Gewerbeoberschule in Bruneck besucht und wechselte dann in jene in Bozen, da dort auch Informatik angeboten wurde. Die Zeit in Bozen war cool, ich fühlte mich sehr wohl. Zum Weiterstudium hab ich mich für die Technische Universität München entschieden, weil München nicht allzu weit weg vom Ahrntal ist, damit ich daheim meine Hobbys, vor allem die Musik, weiterhin ausüben kann. Zufällig traf ich einmal auf dem Oktoberfest einen Kollegen, der bei der BMW Car IT GmbH arbeitete, und er erzählte mir, dass dort eine Stelle für eine Diplomarbeit frei sei, die ich dann auch bekam. Bei meiner Diplomarbeit ging es um den formalen Nachweis des zeitlich exakten Auslösens der Sicherheitssysteme in einem Auto. Anschließend bekam ich einen fixen Job und arbeite seit 2008 bei der Firma.
Was ist Ihr Arbeitsbereich?
Ich beschäftige mich ausschließlich mit der Software für Autos. Aktuell geht es um Algorithmen für die Verarbeitung großer Datenmengen und die dazu gehörigen Infrastrukturen. Im Team, wo ich dabei bin, beschäftigen wir uns aber auch mit Forschung, wobei es um Prototypen für Autos der nächsten Generation geht. Die Technologie der Softwaresysteme eines Serienautos wird durchschnittlich alle drei Jahre überholt, eine komplett neue Serie zu entwickeln braucht es etwa sieben Jahre. Es ist wirklich so, dass der Konsument das Ausmaß der Technologie seines Autos bzw. der Software, die darin verbaut ist, gar nicht mehr ermessen kann. Da hat sich in den letzten Jahren unheimlich viel getan, auch wenn die Karosserie mehr oder weniger die gleiche ist. Wenn man den ganzen Aufwand an Forschung, Entwicklung und Technik bedenkt, der in einem Auto steckt, ist es eigentlich ein „kostengünstiges“ Gerät, was nur durch die hohen Stückzahlen möglich ist. Und die Entwicklung geht ständig weiter, da heißt es immer in vorderster Front zu bleiben und nie den Anschluss zu verlieren. Die Herausforderung vor allem die Software betreffend ist verantwortungsvoll und riesengroß.
Sie pendeln wöchentlich zwischen München und dem Ahrntal…
Ja, fast jedes Wochenende bin ich hier. Der Grund sind meine Hobbys, vor allem die Musik, die mir sehr viel bedeutet und für die ich ganz viel in Kauf nehme. Ich spiele Bariton in der Musikkapelle Luttach, dort bin ich schon seit 20 Jahren dabei, und außerdem Posaune bei der „Teldra Tanzlmusig“, wo wir echte Volksmusik machen. Ich hab eine Vorliebe dafür und ich denke es ist sehr wichtig, diese zu pflegen und auch jungen Leuten näher zu bringen. Somit sind viele Wochenenden schon allein mit Proben und Auftritten besetzt. Im Winter bin ich hier auch auf den Skiern und im Sommer mit dem Mountainbike oder wandernd unterwegs.
Ist das alles nicht ziemlich stressig?
Nein, im Gegenteil! Mein Job gefällt mir super und Musik und Sport sind mein Ausgleich dazu. Die paar Stunden des Pendelns zwischen München und Luttach sind nicht schlimm, es ist alles eine Sache der Einstellung. Und gerade die räumliche Veränderung hilft mir beim Abschalten. Denn mein voller Einsatz und Ehrgeiz im Job sind mir sehr wichtig, ich bin zielstrebig und ein kleiner Perfektionist, habe aber gelernt, mir Grenzen zu setzen und abzuwägen, was wirklich im Leben zählt und das auch nicht zu kurz kommen zu lassen.
Wie fühlt man sich im Schatten einer berühmten Schwester?
Meine Schwester Karin ist weltweit im Tennis unterwegs. Bereits durch das Studium haben wir Geschwister uns relativ früh aus den Augen verloren. Stefan treffe ich öfters, Karin selten. Aber wir haben ein prima Verhältnis.
Was bedeutet für Sie das Ahrntal?
Auch wenn ich gegenwärtig wegen des Berufs die meiste Lebenszeit in München verbringe, kommt mir vor, dass ich vom Ahrntal nie wirklich weg bin. Und vielleicht kann ich mich ja auch beruflich wieder nach Südtirol orientieren, man weiß ja nie. Die Wochenenden, die ich im Ahrntal verbringe geben mir sehr viel, ich mag die Gegend und die Leute. Das Leben hier ist einfacher und ruhiger als in einer Millionenstadt. Auch wenn eine Stadt größere Unterhaltungsmöglichkeiten bietet, vermisse ich hier überhaupt nichts. (IB)