Auf dem Gebiet des nachhaltigen Bauens, ganz gleich ob Ausbau, Umbau oder Sanierung, hat sich Südtirol europaweit einen guten Namen gemacht. Nicht nur, weil Südtirol sehr gute Baufirmen und Handwerker hat, sondern auch durch das innovative Konzept „Klimahaus.
Seit dem Jahr 2002 hat sich der Trend zum nachhaltigen Bauen durchgesetzt und der Gedanke Klimahaus wurde zu einem der Botschafter Südtirols. Rechtzeitig wurde erkannt, dass steigende Energiepreise, gefährliche Abhängigkeiten durch Energieimporte und der kaum noch aufzuhaltende Klimawandel ein rasches, entschiedenes Handeln erfordern.
Energie-effizient Bauen
Vieles, was zum Wohlfühlen in einem Haus beiträgt, wird unbewusst wahrgenommen. Es sind unter anderem das Wohnklima mit der Raumtemperatur, die Akustik, der Schallschutz, die Luft oder die Sicherheit. Energie-effizient Bauen beschränkt sich nicht nur auf den Geldbeutel, es bedeutet vor allem Wohlfühlen. Hier ist ein Umdenken bei Bauherren und Bauunternehmern notwendig.
Es gilt die Möglichkeiten der neuesten Erkenntnisse im Bereich der Energieeinsparung zu berücksichtigen, dabei aber auch die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Es lohnt sich für Bauherren, eine genaue Berechnung anzustellen. Nicht alles, was die Technik heute an Materialien und Anlagen bietet, ist in allen Fällen für eine optimale Energie-Bilanz geeignet. Groß sind die Unterschiede je nach Standort und Gebäudevolumen. Ein Mehrfamilienhaus in der Stadt kann nicht mit einer Hofstelle verglichen werden.
Wohin der Trend geht
Bei der Fassadengestaltung werden Wärmedämm-Verbundsysteme und Wärmeschutzverglasungen deutlich zunehmen. Im Dachbereich sind es die Solarthermie und Photovoltaik. Klare Trends bei der Haustechnik sind die Wärmepumpe und die kontrollierte zentrale Zu- und Abluftanlage, während Heizsysteme auf der Basis fossiler Brennstoffe – mit Ausnahme des Erdgases – wohl zu den Verlierern zählen werden. Pelletheizungen werden dagegen deutlich zulegen. Eine relativ gleichbleibende Verwendung sehen Experten bei den traditionellen Wandbaustoffen wie Ziegel, Kalksandstein, Beton oder Porenbeton. Nur Holz als Wandbaustoff wird sich stärker entwickeln. Weil Holzhäuser lebendig sind, leben sie nicht nur selbst, sondern sind auch zur Belebung ihrer Bewohner in der Lage. Zusätzlich zu diesen Vorteilen ist auch die Ökobilanz von Holzbaustoffen nicht zu unterschätzen.
Gute Luft in den eigenen vier Wänden
Der thermische Komfort eines Gebäudes ist abhängig von einer optimal-behaglichen Raumtemperatur. Diese ist im Winter bei ca. 21°C und im Sommer bei etwa 24°C gegeben. Die Raumluft sollte weder als zu feucht noch als zu trocken empfunden werden. Ein hoher Standard der Luftqualität lässt sich durch die optimale Auswahl der verwendeten Baustoffe erzielen. Bauprodukte wie Farben, Holzschutzmittel, Bodenbeläge, Wand- und Deckenverkleidungen, Abdichtungen, Putz und Zement enthalten flüchtige, organische Verbindungen. Der Einsatz dieser Stoffe wird im nachhaltigen Bauen möglichst stark reduziert. Negative Geruchswahrnehmungen entstehen auch durch die Bewohner selbst, die Sauerstoff verbrauchen und dabei Kohlendioxid produzieren. Deshalb muss die Möglichkeit eines effizienten Luftwechsels gegeben sein. Zwar dient eine hohe Lüftungsrate zur Verbesserung der Luftqualität, ist aber andererseits mit Energieverlusten verbunden. Beim nachhaltigen Bauen geht es also darum, einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Anforderungen zu schaffen.
Hybridtechnik nicht nur fürs Auto
Sowohl Holz- als auch Massivbauten können ökologisch sein. Im Hinblick auf die Anforderungen an die Gebäudedämmung sind traditionelle Massivbauten aus Naturstein der Wärmeschutzleistung und Wärmespeicherfähigkeit von Holzhäusern allerdings unterlegen. Massivbauten sind wiederum in Sachen Schallschutz, geringe Langzeitumweltbelastung und angenehme Wohntemperatur zur Sommerzeit ungeschlagen. Die Vorteile beider Systeme lassen sich durch bestimmte Bauweisen vereinen, sozusagen als Holz-Massivhäuser in Form von Hybridbauten. Häuser aus Baustoffkombinationen können Hybridbauten entsprechen, die klassischerweise Ziegel- und Betondecken auf einem massiven Kern mit Tragewänden aus Ziegel- und Betonmaterialien tragen. Zur warmen Jahreszeit sind die Temperaturen im Haus ausgeglichen. Außerdem ist für Schallschutz gesorgt. Weil alle Außenwände bis auf die tragenden Wände in Holzbauweise oder Holzständerkonstruktion errichtet werden, besitzen Hybridhäuser neben den Vorzügen der inneren Massivbauweise auch eine gut dämmende Gebäudehülle.
Komfort, der sich sehen lassen kann
Auch die visuellen Eigenschaften von Wohn- und Arbeitsräumen spielen bei der Behaglichkeit eine wichtige Rolle. Die Beleuchtungssituation in einem Gebäude setzt sich sowohl aus natürlichem Tageslicht als auch aus Kunstlicht zusammen. Wesentlich für das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Bewohner ist das Vorhandensein von ausreichend Tageslicht. Auch eine gute Sichtverbindung nach außen ist wichtig. Diese Kriterien können z.B. durch ausreichend große Fenster mit optimaler Ausrichtung erfüllt werden. Die natürlichen Lichtquellen sollten dabei mit einer Schutzvorrichtung vor Blendung und Überhitzung ausgestattet sein und für eine ausreichende Beschattung sorgen. Auch das Belichtungssystem für viel benutzte Räume wird im nachhaltigen Bauen in das visuelle Konzept integriert. Hier empfiehlt sich eine Kombination aus direkter und indirekter Beleuchtung.
Walter Werth