Der Staat fördert die energetische Sanierung von Gebäuden massiv: je nach Art der Arbeiten können 50 % – 85 % der Kosten von der Einkommenssteuer abgesetzt werden. Bei vielen großen Kondominien, die besonders geeignet wären, besteht nun aber das Problem, dass einige Mitbesitzer diesen Steuerbonus nicht ausnutzen können (z. B. weil es sich um Mindestrentner handelt) oder wollen. In der Praxis ist es dann kaum möglich, die notwendigen Mehrheiten in der Miteigentümerversammlung zu erreichen. Der Staat hat das Problem erkannt und bereits 2016 die beschränkte Möglichkeit geschaffen, den Steuerbonus weiterzugeben. Die Kriterien waren aber so restriktiv, dass kaum Interesse bekundet wurde.
Nun hat der Gesetzgeber endlich auf das Problem reagiert: Ab 2018 kann der Absetzbetrag von allen Begünstigten verkauft werden und nicht mehr nur von Personen mit einem geringen Einkommen. Dabei kann sowohl die Steuerförderung für Arbeiten an gemeinschaftlichen Teilen von Kondominien als auch auf einzelne Immobilieneinheiten übertragen werden. Der Steuerabzug kann an alle Unternehmen, Privatpersonen, Freiberufler, Gesellschaften und Körperschaften übertragen werden! Lediglich Banken dürfen den Steuerabzug weiterhin nur von Personen erwerben, welche aufgrund ihres geringen Einkommens die Steuerförderung nicht geltend machen können.
Es entsteht somit ein komplett neuer Geschäftszweig: Unternehmen können die energetischen Sanierungsarbeiten in großem Stil organisieren und in Eigenregie oder durch Weitervergabe umsetzen. Die Eigentümer zahlen nur einen Teil der Arbeiten direkt und gelten den Rest durch die Abtretung des Steuerbonus ab. Die Unternehmen selbst können den Steuerbonus dann durch Verrechnung im F24 zur Begleichung der eigenen Steuern und Gebühren nutzen oder diesen an Dritte abtreten. Was Südtirol betrifft, so ist in einigen Fällen zusätzlich eine Kombination mit dem von der Provinz gewährten Kubaturbonus möglich, der bei energetischer Sanierung gewährt wird!
Fazit: Es handelt sich sicher um einen interessanten Versuch, einen relativ brachliegenden Geschäftszweig wie die energetische Sanierung von großen Kondominien aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken und damit sowohl Arbeit für Handwerks- bzw. Bauunternehmen zu schaffen und gleichzeitig die Zahl der energetisch ineffizienten Gebäude zu reduzieren. Dies ist alles schon in Kraft. Die Veröffentlichung einiger operativen Anleitungen durch die Agentur der Einnahmen wird in Kürze erwartet.
von Walter Gasser, Kanzlei Gasser Springer Perathoner, Eder & Oliva