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Schloss Trauttmansdorff

Happy-End für Trauttmansdorff: Die Gärten sind heute eine der größten Attraktionen Südtirols

Das Schloss in erhabener Hügellage am Ostrand des Meraner Villenviertels Obermais ist heute musealer Mittelpunkt einer einzigartigen Erlebniswelt von Natur, Kultur und mediterraner Gartenkunst.

Die wechselvolle Geschichte der herrschaftlichen Schlossanlage auf dem Hügel hatte bescheidene Ursprünge. Um 1327 belegen erste Urkunden bäuerliche Hofbauten, welche um 1400 zur burg­artigen Festung namens Neuberg samt Bergfried und Kapelle erweitert wurden. Zur Habsburgerzeit um 1543 wird der Tiroler Reichsritter Nikolaus von Trauttmansdorff Besitzer auf Neuberg. Unter dessen Sohn Franz, der wie sein Vater im Dienste des Landesfürsten stand, wurde die Burg zu stattlicher Größe ausgebaut. An der Westwand und im Burg­inneren entstanden aussagekräftige Bibelbilder – als Wandfresken in Seccotechnik gemalt. Sein Erbe Ehrenreich von Trauttmansdorff erwarb als stellvertretender Landeshauptmann an der Etsch öffentliche Verdienste. Ihm war es zu verdanken, dass das nahegelegene Kirchlein zu St. Valentin ein neues vergrößertes Langhaus erhielt. Zum Ende des 17. Jh. jedoch erlischt diese Familienlinie und der verwandte Adel hegt wenig Interesse am Erhalt des ländlichen Anwesens. Burg Neuberg bleibt für längere Zeit unbewohnt und verwahrlost zusehends; 1777 stürzen Mauern des Burgturmes ein und verschütten die Kapelle samt Vorgebäude. Am Berghang nördlich der Burg wurden seit jeher mit wechselnden Schöpfrechten Lehm abgebaut und damit Ziegelsteine gebrannt. Diese gewinnbringende Lehmgrube sollte über Jahrhunderte mit der Schlossgeschichte verbunden bleiben. Ziegeleibetreiber und Bauer Johann Waldner war der letzte Bewohner der halbverfallenen Burg Neuberg, ehe diese um 1847 von Graf Joseph von Trauttmansdorff, einem vermögenden Adelsmann mit Besitztümern in Böhmen und in der Steiermark angekauft wurde. Graf Joseph sah in der Burgruine bei Meran die Wurzeln seiner früheren Ahnen liegen. An dieser romantischen Stelle wollte er mit dem Wiederaufbau des Schlosses – fortan mit dem Namen Trauttmansdorff –  an seine Familiengeschichte vor 170 Jahren anknüpfen.

LANWIRTSCHAFTLICHER MUSTERBETRIEB
Bei der umfassenden Schlosserneuerung ließ er die erhaltenswerte Bausubstanz sichern und diese mit neugotischen Bauelementen ergänzen. So wie der von ihm verehrte Erzherzog Johann im nahen Schloss Schenna wollte er mit landwirtschaftlicher Pionierarbeit einen Musterbetrieb mit Schloss Trauttmansdorff als Zentrum verwirklichen. Dies sollte ihm innerhalb von nur zwei Jahrzehnten mit Tatkraft und zielstrebiger Weitsicht gelingen. Zum Schlossbetrieb samt Handel und Ausschank gehörten Obst- und Weingärten, Weiden, Parks und Wälder über den Freiberg – mit Einbezug der Gutshöfe von Pienzenau, Stadler- und Stegerhof inklusive der Fragsburg. Als Graf Joseph von Trauttmansdorff  im Alter von nur 60 Jahren, unverheiratet, in Wien verstarb, wurde er nach eigenem Wunsch in der Krypta unter der Schlosskapelle beigesetzt. Er hinterließ zudem ansehnliche Sammlungen von Gemälden und Kachelöfen sowie aufgrund seiner Ahnenforschung  historisch wertvolle Urkunden zur Geschichte des Tiroler Adels – darüberhinaus auch ein Testament, welches den erst 24-jährigen Moritz von Leon als den Alleinerben all seiner Tiroler Besitzungen benannte. Dieser aus Böhmen stammende Jüngling sah dem Grafen Joseph auf frühen Porträts erstaunlich ähnlich und aufgrund des Naheverhältnisses zu dessen Mutter Gräfin Nathalie Demestri aus dem Venezianischen war des Rätsels Lösung offenkundig. Während der ersten Jahre der Erbschaftsübernahme um 1867 bewährte sich der neue Schlossherr als weitum geschätzter Landedelmann mit gutem Draht zum Kaiserhaus in Wien.

Foto: Robert Gruber

SISSI AUF TRAUTTMANSDORFF
Trotz politisch unruhiger Zeiten gelang es ihm, Schloss Trautt­mansdorff als Ferienfluchtburg für Kaiserin Elisabeth zu etablieren. Die Sommermonate des Jahres 1870 mussten reichen, um aufwändige Anpassungsarbeiten im oberen Südwesttrakt des Schlosses für die kaiserlichen Gäste durchzuführen – samt neuem Mobiliar, erneuerter Zufahrt und direkter Telegraphenleitung nach Wien. Im Oktober 1870 wurde es wahr: Kaiserin Sissi kam mit Töchtern und Hofstaat mit der soeben eröffneten Brennerbahn nach Bozen und mit Kutschengespannen nach Meran. Für 8 Monate logierten die illustren Gäste samt Gefolge auf Schloss Trauttmansdorff sowie in umliegenden Schlössern. Mehrfach beehrte der Kaisergemahl Franz Josef in der Folge mit Kurzbesuchen die Kurstadt, deren Bekanntheitsgrad und touristische Entwicklung sprunghaft anstiegen. Bis um 1910 erlebte Meran und Umgebung mit der Gründerzeit einen nie dagewesenen Aufschwung. 1889 wohnte Kaiserin Sissi wieder auf Trauttmansdorff – diesmal unter anderem, trauerndem Vorzeichen als die schwarze Frau – nachdem Kronprinz Rudolf aus dem Leben geschieden war.

NEUE BESITZER
Der ehemals so tüchtige Schlossherr Moritz von Leon musste aufgrund von Verschuldung nach und nach alle seine Besitztümer verkaufen, am Ende auch Schloss Trauttmansdorff, wo er 1899 in der Gruft neben seinem Vater die irdische Ruhe fand. Durch Ersteigerung gelangte das Schloss samt umliegenden Gütern 1896 in den Besitz des fränkischen Gutsherrenpaares Justine und Friedrich von Deuster – eine glückliche Fügung für Trauttmansdorff, das um die Jahrhundertwende dadurch neuen wirtschaftlichen wie gesellschaftlichen Glanz erlebte. Bis auf die kaiserliche Wohnetage, die weitestgehend im Originalzustand verblieb, wurde Trauttmansdorff insgesamt in seinem Bestand durch das Wirken der Deusters runderneuert, verschönert, erweitert. Kaum 20 Jahre später zeitigt der Weltkrieg nicht absehbare Folgen. Südtirol wird als Kriegsbeute dem italienischen Staat eingegliedert  –  ehemaliger Feindesbesitz wird enteignet und abgefunden – so auch Schloss Trauttmansdorff mit all seinen Gütern.

IN STAATSBESITZ
Italienische Pächter des staatlichen Hilfswerkes für die Frontkämpfer ONC übernehmen die landwirtschaftlichen Höfe auf Freiberg sowie auf Trauttmansdorff, welches als Ernte- und Warenlager diente. Zum wiederholten Male verfällt das Schloss mit über 40 Zimmern im Laufe der Jahrzehnte, wird ausgeplündert und unbewohnbar. 1977 wird das nationale Hilfswerk aufgelöst und alle bis dahin nicht veräußerten Pachtliegenschaften wurden an das Land Südtirol übertragen.

TOURISEUM UND GÄRTEN
Dies kann als definitiver Glücksfall für Trauttmansdorff bezeichnet werden, denn in Landesbesitz erfährt es seine jüngste und größte Aufwertung als erstes Tourismus-Museum im Alpenraum inmitten eines auf 12 ha  großzügig angelegten botanischen Gartens mit 7 km barrierefreien Panoramawegen durch 80 Gartenlandschaften. Seit Eröffnung der bereits mehrfach prämierten Gärten von Schloss Trauttmansdorff  2001 sowie des Touriseums 2003 ist Trauttmansdorff zu jeder Jahreszeit für Besucher aus aller Welt ein Natur- und Kultur-Erlebnis für alle Sinne und von nachhaltiger Wertschöpfung für Meran und das Burggrafenamt.

von Jörg Bauer