Großraubtiermanagement: Alpenregionen wollen gemeinsamen Weg gehen
30. Januar 2019
Armes Schwein
30. Januar 2019
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Buhmann Diesel

Ich gestehe, ich fahre einen Diesel und dazu noch einen SUV.
Muss ich mich dafür schämen? Geht es meinem fünfjährigen Wagen
bald an den Kragen? Dieselfahrer haben den Schwarzen Peter
gezogen. Seit geraumer Zeit gelten sie als „DIE Luftverschmutzer“.

Tausende vorzeitige Todesfälle wegen viel zu hoher Abgaswerte. Verkehr ist eine Hauptquelle für Luftverschmutzung in den Städten. Täglich atmen wir zwischen 10.000 bis 30.000 Liter Luft ein. Die Qualität der Luft, die wir einatmen, wird immer wieder zum Reizthema.

In letzter Zeit stand dabei Stickstoffdioxid NO2 im Fokus, das anscheinend überwiegend von Dieselmotoren ausgestoßen wird. Bei keinem anderen Schadstoff wird so oft die von der EU vorgeschriebene Marke von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten. Stuttgart, Essen, Hamburg, bald auch München & Co. verhängen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 4 und darunter. In Meran lag der Wert laut Messung der Landesumweltagentur am 12. Jänner in der Trogmannstraße bei 65 Mikrogramm.

Das Elektro-Auto ändert nichts am Rohstoffverbrauch

Sind Grenzwerte fragwürdig?
Ich möchte wissen, ob Diesel wirklich so gefährlich sind, wie es heißt. Natürlich weiß ich, dass Autos nicht gut für die Umwelt sind und ihre Abgase die Luft nicht gerade verbessern. Bis zum Dieselskandal hätte ich aber weder gedacht, dass Diesel an sich besonders schlimm wäre, noch hätte ich damit gerechnet, dass ausgerechnet mein SUV besonders schlimm sein sollte. Ehrlich gesagt glaube ich das immer noch nicht. Dass man nun möglichst schnell alle Diesel, die nicht über die neueste Abgastechnik verfügen, von der Straße verdrängen möchte, folgt – so erscheint es mir jedenfalls – einem Muster. Beim Neukauf eines Diesels wird geraten, dass dieser die modernsten Normen Euro-6d-TEMP oder 6d bietet. Bei Benzinfahrzeugen mit Direkteinspritzung werden Partikelfilter und mindestens Euro-6c-Norm empfohlen. Umweltschützer und Autohersteller sind da eine interessante Allianz eingegangen. Wenn die einen erfolgreich dabei sind, technisch ältere Autos zu verbieten, profitieren die anderen durch den Verkauf neuer Autos. Die Autofahrer zahlen den Preis dafür. Ist ein Diesel aber, der fünf oder etwas mehr Jahre und gerade einmal 100.000 Kilometer auf dem Rücken hat, wirklich schrottreif? Ist es nicht eine viel größere Sünde an der Umwelt, diese Autos zu verschrotten oder – was wohl häufiger vorkommt – nach Osteuropa zu verfrachten und sie dort weiterfahren zu lassen?

Ein Fernflug schadet der Umwelt mehr
Beim Diesel-Skandal geht es vor allem um die Stickoxide (NO). Autobauer haben systematisch betrogen und stehen zu Recht am Pranger. Doch was ist mit CO2, Feinstaub und anderen Schadstoffen? Sind Dieselmotoren Dreckschleudern und Benziner besser? Wie gefährlich sind die Autos von VW und Co. für unsere Gesundheit? Was ist mit dem Schadstoff-Ausstoß aus unseren Heiz- und Industrieanlagen, mit dem Flug- und Schiffsverkehr? Ein einziges Kreuzfahrtschiff zum Beispiel stößt bei einer mittleren Kreuzfahrt rund 450 kg Feinstaub pro Tag aus. Das ist die Menge, die knapp 21,5 Millionen PKW vom Typ VW Passat 1,9 TDI ausstoßen. Wer einmalig in die Ferien weiter wegfliegt, produziert so viel CO2 wie ein Auto während eines ganzen Jahres durchschnittlich. Wissenschaftler halten die strengen Feinstaubwerte für Autos sogar für kontraproduktiv. So argumentiert Matthias Klingner vom Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme Dresden, dass etwa 90 % der Feinstaubbelastung in der Luft natürlich sei, also durch das Wetter verursacht werde.

Elektroauto ist nicht der Heilsbringer
Nach allen Vorhersagen werden im Jahr 2030 mehr Verbrennungsmotoren weltweit gebaut werden als heute, weshalb eine intensive Forschung und ehrliche Weiterentwicklung der Technologien, die die Schadstoff-Emissionen auf das Minimum reduzieren, sinnvoller wäre als Verbote auszusprechen. Nur auf Elektromobilität zu setzen, ist für viele Wissenschaftler eine Sackgasse. Das Elektroauto wird gerne als Hoffnungsträger gepriesen, das helfen soll, einige der drängendsten Umweltprobleme in den Griff zu bekommen. Vor allem in Hinblick auf die Klimakrise sehen viele die Stromer als rettende Mobilitätslösung. Doch vieles spricht dafür, dass sich die E-Mobilität in Hinblick auf den Klima- und Umweltschutz als Trugbild entpuppen könnte. Wer sich einmal genauer ansieht, wie und unter welchen Bedingungen die Batterien für unsere E-Fahrzeuge hergestellt werden, wird seine vorbehaltlose Meinung ändern. Allein der Energiebedarf zur Herstellung einer Batterie entspricht der Menge Treibstoff, mit der konventionell angetriebene Autos gut und gerne 50.000 bis 80.000 Kilometer weit fahren können. Zumal der Strom zum Antrieb eines Elektroautos auch noch in vielen Jahren überwiegend aus klimaschädlichen Quellen stammen wird. Zwar fahren die E-Mobile lokal emissionsfrei, doch in ihrer Gesamtbilanz sorgen sie für schädliche Emissionen, vor allem auch für einen hohen CO2-Ausstoß. Dennoch darf sich ein Tesla mit einem grünen Image schmücken, wenngleich die Ökobilanz für dieses Fahrzeug in Wahrheit schlecht ausfällt. Das ist aber eine andere Geschichte.

Warum nicht gratis mit Bus und Bahn?
Ich frage mich ernsthaft, ob die gesamte Diesel-Debatte nicht in die falsche Richtung geht. Viel sinnvoller erscheint da doch die generelle Verminderung des Straßenverkehrs. Würde man beispielsweise den öffentlichen Nahverkehr für Pendler kostenlos machen, das öffentliche Verkehrsnetz kostengünstig und flächendeckend optimieren, würden viele Autos von der Straße verschwinden. Statt in Hysterie zu verfallen, sollten wir nachdenken und umdenken. Doch das scheint zu viel verlangt, wie ein Blick in die aktuellen Medien zeigt. Ein Leben ohne unser Auto scheint schier unmöglich zu sein.

 

680.000 Fahrzeuge bei 520.000 Einwohnern

Markus Kolhaupt

Der Meraner Markus Kolhaupt ist stellvertretender Amtsdirektor im Kraftfahrzeugamt und Koordinator der Landesprüfstelle für Fahrzeuge. Ob Neuzulassung, Fahrzeugabnahme etwa eines importierten Gebrauchtwagens, Hauptuntersuchung oder Unter­wegs­kontrolle, Kolhaupt und sein Team haben dafür geradezustehen, dass alles passt. Auch der Umweltschutz. Wir sprachen mit ihm über die aktuelle Hysterie bei der Hatz auf Dieselmotoren.

BAZ: Sie  haben tagtäglich mit Autos zu tun. Wie steht es um den  „Autopark“ der Südtiroler ?
Markus Kolhaupt: In Südtirol sind ca. 680.000 Fahrzeuge zugelassen, schätzungsweise über 500.000 davon verkehren in unserem Land. Knapp 60 % aller Fahrzeuge sind dieselbetrieben. Nur 53.000 Diesel-Fahrzeuge haben Schadstoffklassen von 0 bis 3 und sind somit vom Dieselfahrverbot in der Innenstadt wie Bozen, welches am 1. Juli 2019 in Kraft tritt, betroffen. Das Fahrverbot gilt an Werktagen außer samstags und in den Stoßzeiten von 7 bis 10 und von 16 bis 19 Uhr.

Autos und Luftverschmutzung sind wie Katz und Maus. Überschreiten wir häufig die Grenz­werte?
Laut dem NO2-Programm (NO2 steht für Stickstoffdioxid, ein giftiges Gas) der Landesregierung gilt es, Überschreitungen des Jahresmittelwertes für NO2 durch verschiedenste Maßnahmen einzudämmen. Nur eine davon ist die Verkehrsbeschränkung. Den sogenannten „Smog-Alarm“ bei punktuellen Überschreitungen gibt es nicht mehr.

Dieselfahrzeuge stehen wegen des Ausstoßes an Stickstoffdioxid am Pranger. Aber was ist mit Feinstaub, spielt er keine Rolle?
Die Ergebnisse der Messungen im Lande zeigen seit 2007 keine Grenzwertüberschreitungen für PM10 oder PM 2,5, also Fein­staub. Das wird in der Beurteilung der Luft­qualität der Landesumwelt­agentur bestätigt. Wer will, kann im Internet unter „umwelt.provinz.bz.it/luft/mehrjaehrige-beurteilung-luftqualitaet.asp“ nachschauen.

Welches Auto würden Sie heute noch kaufen?
Die Auswahl ist derzeit riesengroß. Das hängt ganz vom individuellen Gebrauch ab: Für viele ist der gut ausgebaute öffentliche Per­sonennahverkehr oder der Um­stieg auf das Fahrrad eine umweltschonende Alternative. Für die regelmäßige Verwendung im Kurzstreckenbetrieb ist ein modernes Elektrofahrzeug ideal, für die sporadische Verwendung kann auf Car-Sharing zurückgegriffen werden. Braucht jemand regelmäßig das Auto und kann er nicht die An­schaffungskosten oder Mietkosten eines Elektroautos aufbringen, so wird er einen Ben­ziner (oder Benzin-Gas) anschaffen. Für Personen, die regelmäßig weite Strecken bewältigen, ist der Diesel weiterhin eine kostengünstige Alternative zu den teureren Elektro- oder Hybridmodellen von Mittelklassefahrzeugen.

Experten zweifeln die verwendeten Mess­verfahren für Feinstaub und Stick­stoffoxid in den Innenstädten an. Wie sehen Sie das?
Die EU-Richtlinie, welche die Grenzwerte festlegt, gibt genau vor, wie die Messungen zu erfolgen haben. Laut Landesumwelt­agentur erfolgen die Messungen auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen und das Messnetz wird vom Umweltministerium überprüft.

Schnell ausgesprochene und wissenschaftlich nicht haltbare Fahrverbote könnten zu einem der millionenschwersten Irrtümer in der Geschichte führen. Stimmen Sie dem zu?
Eine schrittweise Erneuerung des Fuhrparks ist, wenn es um die Gesundheit geht, sicherlich lohnenswert, zumal die vom Dieselfahrverbot betroffenen Fahrzeuge bei uns mindestens um die 15 Jahre alt sind. Wenn man bedenkt, dass sich die Anschaffung eines Diesels ohnehin nur bei großer Nutzung lohnt, sprich bei mindestens 20.000 km/Jahr, so haben diese Fahrzeuge schon mindestens 300.000 km auf der Uhr.

Ist der moderne Diesel wirklich so umweltverschmutzend?
Laut Beurteilung der Luftqualität der Umweltagentur und dem NO2-Programm der Landesregierung werden rund 70 % der Stickoxid-Emissionen vom motorisierten Straßenkehrer verursacht. 92 % der NO2-Emissionen des Straßenverkehrs kommen aus Diesel-Fahrzeugen.

 

 

Der Diesel ist nur ein Vorwand

Ronnie Mittermair ist der Obmann der Kfz-Mechatroniker im Wirtschaftsverband Handwerk und Dienstleister. Mittermair hat Elektro- und Informationstechnik studiert und kritisiert die einseitige Verurteilung des Diesels, der als Sündenbock für unsere Umweltprobleme herhalten muss.

Ronnie Mittermair: Obmann der KFZ-Mechatroniker

Autos sollen die schlimmsten Luftverschmutzer sein. Der Diesel soll besonders gefährlich sein. Stimmt das?
Ronnie Mittermair: Seit die Heizungen in den Städten modernisiert wurden, hat sich die Luftqualität beträchtlich verbessert. Aber schon damals wurde den Autos die Schuld der schlechten Luft ge­geben. Damals war es das Kohlenmonoxid und der Ruß, nun sind es die Stickoxide und der Feinstaub. Es gibt bestimmte Grenzwerte, die meiner Meinung nach zu tief angesetzt sind. Somit finde ich nicht, dass der Diesel so gefährlich ist.

Immer mehr Städte verhängen Fahrverbote auf Dieselfahrzeuge. Macht das Sinn?
Solange die Grenzwerte in Wohnungen, Bars, Betriebsstätten, Schulen und Kindergärten bedeutend höher angesetzt sind als unmittelbar neben Ampeln an vielbefahrenen Straßen, dann muss ich ein klares NEIN aussprechen. Wenn man in einer Küche den Gasherd für 15 Minuten mit zwei Flammen betreibt, dann würde man den Grenzwert, der auf der Straße gilt, um das 40-fache überschreiten. In den USA hat jeder Bundesstaat andere Grenzwerte. Würde die EU den Grenzwert vom „grünen“ Kalifornien übernehmen, dann hätte Deutschland nur 3 Städte, in denen dieser Wert überschritten wird.

Hat der Diesel noch eine Zukunft?
Ich denke, jedes Fahrzeug hat aktuell seine Berechtigung. Für weite Strecken ist der Diesel immer noch die beste Wahl, da er am sparsamsten ist und die beste CO2-Bilanz hat. Aktuelle Dieselfahrzeuge halten mit Abgasfilter und Reduktionsmittel auch alle vorgegebenen Grenzwerte ein und sind von keinem Fahrverbot betroffen.

Ist das Elektroauto die Lösung?
Das Elektroauto würde sicher einige Probleme lösen, erzeugt aber auch neue. Für reinen Stadtverkehr und Betankung mit erneuerbaren Energien und nicht mit Atomstrom klingt es sicher sehr interessant. Hauptproblem sind die Akkumulatoren, die gar nicht umweltfreundlich sind und man bei einem Brand nicht löschen, sondern nur ausbrennen lassen kann. Bei der Herstellung benötigt man Rohstoffe, deren Gewinnung beträchtliche Umweltschäden hervorruft.

Wie sehen Sie den Trend zu den Hybriden, also den Elektro-Verbrennungsmotor-­Autos?
Hybridfahrzeuge sind sehr interessant, da sie beim Bremsen die Batterie laden und beim Losfahren diese Energie nutzen. Bei höherer Geschwindigkeit fahren sie mit dem Verbrennungsmotor und laden den Akkumulator wieder auf.

Sollten wir nicht unser Mobilitätskonzept radikaler überdenken?
Ich denke, dass die ganze Diskussion darauf hinzielt, den individuellen Stadtverkehr drastisch zu reduzieren. Aktuell wird der Diesel als Vorwand genommen. Natürlich ist das Mobilitätskonzept das Um und Auf. Ich denke, es ist die einzige Möglichkeit, den Verkehr in den Griff zu bekommen und somit auch die Umweltbelastung durch den Verkehr zu reduzieren.

von Josef Prantl