Nur mehr „Dschörmen“?

Unsere deutsche Sprache wird derzeit so schlampig gesprochen und geschrieben wie wohl nie zuvor. Auffälligstes Symptom der dramatischen Verlotterung ist die Mode, fast alles englisch „aufzumöbeln“. In einer Handelswelt, die sich an Ungetüme wie „Tracht & Country Classics“, gewöhnt hat, ist anscheinend keine Küche mehr ohne „Interior Design“ verkäuflich, kein „Event“ ohne „Highlight“, und kein Diesel ohne „Clean Power“…

Während manche dieser Anglomanie gleichgültig gegenüberstehen, zeigt sich dennoch eine wachsende Besorgnis über die sprachliche Entwicklung. Sprache ist mehr als nur Kommunikation. Sie ist Träger von Kultur, Tradition und Geschichte. Von den heute rund 6500 Sprachen dieser Welt werden schon in hundert Jahren durch kulturelle Globalisierung allenfalls noch 2000 übrigbleiben oder vom Aussterben bedroht sein. Auch die deutsche? Das Mobiltelefon, zumal SMS-Kurznachrichten, aber auch E-Mail-Verkehr sind Mitursachen des Sprachverfalls. Waren beispielsweise im Jahr 2004 unter den 100 am meisten verwendeten Wörter deutscher Rede ganze 23 englische, also fast ein Viertel, so waren es 1980 nur eines. Komisch ist außerdem, dass deutsche Touristen im Ausland auf alles typisch Deutsche schimpfen, dabei am liebsten jene geheimnisvollen Orte suchen, wo keine deutschen Touristen sind. Und komisch auch, dass diese Gäste in Südtirol hartnäckig die (falsch betonten und -ausgesprochenen) italienischen Ortsnamen verwenden.

Konkrete Maßnahmen für Sprachkurse und Sprachtests haben das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie das Goethe-Institut unternommen. Weil es schon längere Zeit ernsthafte Sprachprobleme gibt, verlangte man für ganz Deutschland verpflichtende Sprachtests schon im Kindergarten. Und wir in Südtirol sind bei einem Versuch in der Goethe-Schule in Bozen steckengeblieben, etwas längst Notwendiges zu unternehmen, was im Sinne der Rettung unserer deutschen Sprache wäre.

 

Walter J. Werth