Wir kommen innerhalb kurzer Zeit vom mediterranen, in ein Blütenmeer getauchten Meran in die winterliche Einsamkeit des Pfitscher Jöchls und des Spronser Tales.
Bus und Seilbahn bringen uns rasch von Meran über Dorf Tirol hinauf zum Hochmuter. Dort nehmen wir uns Zeit, um den Blick über Meran ins Etschtal, ebenso wie die Sicht über Vellau in den Vinschgau zu genießen.
Über Stufen steigen wir hinauf zum Gasthaus Steinegg, das wie ein Schwalbennest an der Felswand zu kleben scheint. Nun geht es scharf nach rechts, auf Markierung 22 in Richtung Mutkopf. Erst ziemlich eben, an steilen Wiesenhängen vorbei, wo Ziegen munter weiden, dann durch dichten Wald, teilweise über Stufen und Pflasterung, aber immer gut gesichert kommen wir rasch voran.
Zwischendurch erfreuen uns schöne Ausblicke in Richtung Ifinger bzw. Meran. Plötzlich kommen wir zu Wegweisern, und dann stehen wir auch schon vor dem Gebäude.
Am Gasthaus Mutkopf vorbei wandern wir zügig höher. Schon sehen wir den Gipfel der Mut, der jedoch heute nicht unser Wanderziel ist. Schließlich kommen wir zu einer weiteren Abzweigung. Auf Markierung 22 queren wir über den so genannten Jägersteig hoch über dem tiefen Einschnitt des Spronser Tales den Nordhang der Mutspitze. Eben und leicht ansteigend geht es dahin. Plötzlich leuchtet von den Felsen ein herabhängender Eiszapfenvorhang in der Sonne, und nicht weit davon schmiegen sich rote Felsenprimeln in eine Spalte.
Die Abzweigung zur Bockerhütte beachten wir nicht, stetig gewinnen wir an Höhe, immer öfter stapfen wir durch Schnee, frische Trittspuren erleichtern uns den Weg. Auch eine zweite Abzweigung ins Tal interessiert uns nicht, wir kommen zu einem kleinen Unterstand. Hier ist ein herrliches, trockenes Plätzchen für unsere Mittagsrast. Tief unter uns entdecken wir die Blechdächer der Unterkaseralm und der Bockerhütte. Frisch gestärkt erreichen wir bald das Pfitscher Jöchl mit dem gleichnamigen kleinen See, der unter Eis und Schnee zu erahnen ist. Daran vorbei, über die kleine Brücke geht es zur Oberkaseralm, auch sie ist noch im Winterschlaf versunken.
Zurück zu den Wegweisern und das Spronser Tal auf der Sonnenseite hinaus! Viel Sonne ist uns hier geschenkt, aber der gepflasterte Weg hat es in sich. Doch zwei einsame Enziansterne, die im trockenen, braunen Gras heute, am Weißen Sonntag, aufleuchten, entschädigen uns für den Abstieg. Bald haben wir die Unterkaseralm und jenseits des wilden Spronser Bachs die urige Bockerhütte, die bereits geöffnet hat, erreicht. Hier ist Einkehr angesagt, denn seitdem die letzte Lawine die Seile der kleinen Materialseilbahn beschädigt hat, muss alles zu Fuß bzw. mit dem Hubschrauber gebracht werden. Kein leichtes Unterfangen!
Unter der Bockerhütte und bei der Spronser Alm mit der winzigen Kapelle sehen wir, was hier die „Windlahn“ angerichtet hat. Der gewaltige Luftdruck, der Bäume wie Grashalme knickte, hat eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Immer dem Lauf des Baches folgend, geht es zügig bergab. Es ist ein Rauschen und Gurgeln, ein drohendes Brodeln und dann wieder ein sanftes Plätschern, das uns ständig begleitet. Manchmal stürzt das Wasser in Kaskaden bergab, dann wieder sammelt es sich ruhig in kleinen Becken. Bei der Kigler-Alm weitet sich nochmals das enge Tal, dann geht es durch schattigen Wald hinunter bis in die Gegend von Longfall mit dem bekannten Gasthaus jenseits des Baches. Wir wandern in Richtung Tiroler Kreuz, wo wir müde, aber froh den letzten Bus nehmen.
von Christl Fink
Ausgangspunkt: Hochmut (1.400 m)
Ziel: Pfitscher Jöchl und Oberkaseralm – Tiroler Kreuz
Gehzeiten: insgesamt rund 5,30 Stunden: Bergstation Hochmut 1400 m > Mutkopf: 1684 m: 50 Min. > Abzw. zu den Spronser Seen: 20 Min. > Pfitscher Jöchl (2126 m): 1,30 Min. > Oberkaseralm (2131 m): 10 Min. > Bockerhütte (1700 m): 50 Min. > Tiroler Kreuz (806 m): 1,40 Std.
Gehzeit: 3 Stunden
Beste Zeit: Spätfrühling, Sommer, Herbst