Eine Dresdnerin als Bäuerin in Gfrill

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Eine Dresdnerin als Bäuerin in Gfrill

Gitte Gerhart

Nicht Bäuerin aus Tradition, sondern Bäuerin aus Berufung ist Gitte. Von Grund auf musste sie alles erlernen, was andere am elterlichen Hof von klein auf mitbekommen. Aber lassen wir sie selbst zu Wort kommen.

Frau Gitte, man merkt kaum mehr einen Akzent – und doch, Sie stammen ja gar nicht aus Südtirol?
Nein, ich komme ursprünglich aus der sächsischen Schweiz, dem Elbsandsteingebirge. Mein Heimatort liegt südlich von Dresden, nahe der Grenze zu Tschechien.

Gitte im Hofladen

Was verschlägt eine junge Frau von der ehemaligen DDR nach Südtirol, in das 100-Seelen-Dorf Gfrill?
Mit meinen Eltern hatte ich öfters in Südtirol Skiurlaub gemacht, und dieses schöne Land hat mich schon damals fasziniert. Ich hatte ursprünglich im elterlichen Geschäft mitgearbeitet, dort die Lehre gemacht, aber als dann mein Vater gestorben war, zog es mich fort. Gemeinsam mit meinem damaligen Freund wollten wir uns in Südtirol eine gemeinsame Zukunft aufbauen.

Aber dann kam alles anders?
Ja, wie eben so oft im Leben! Die Beziehung ging auseinander, da lernte ich Roland kennen, einen jungen Mann aus Gfrill, vom Perl­­hof, der mich von Anfang an faszinierte. Er arbeitete damals bei der Firma Fendt (Traktorenersatzteile), die es heute nicht mehr gibt.

Diese Faszination war nicht einseitig…?
Das war ja das Schöne! Es wurde Liebe daraus, ich beschloss, ihm als Bäuerin auf den denkmalgeschützten, alten Perlhof nach Gfrill unter dem Gampenpass zu folgen. Es war zwar alles neu für mich, anfangs hatte ich sehr großen Respekt vor den Kühen, aber von Tag zu Tag fiel mir die Arbeit leichter, und heute macht sie mir richtig Freude! Ich musste alles, aber auch gar alles lernen, viele Geräte waren mir fremd. Als ich dann 2012 mein ers­tes Kind bekam, den kleinen Ste­fan, kündigte ich meine Arbeit in einem großen Lebensmittelbetrieb in Lana.

Wie kam es, dass Sie nun eine kleine Käserei eingerichtet haben?

Der denkmalgeschützte Perlhof in Gfrill

Wir überlegten gemeinsam, ob ich nicht etwas von Zuhause aus machen könnte. Da entdeckten wir in einer Fachzeitschrift, dass in der Fürstenburg im Vinschgau Kurse zur Milchverarbeitung angeboten wurden. So besuchte ich 2013 einen Grund- und Aufbaukurs und begann dann gleich mit ersten Versuchen in meiner kleinen Küche. Aber ich merkte sofort, dass ich – wollte ich wirklich Käse für die Vermarktung herstellen – eigene Räumlichkeiten bräuchte. So bauten wir erst einen Nebenraum im Stallgebäude um, so dass er den hygienischen Vorschriften entsprach, später kamen dann noch ein eigener Käsekeller und unser kleines „Hofladele“ dazu.

Harte Arbeit, aber auch Hobby

Die Käseherstellung macht Ihnen Freude?
Ja, sehr! Inzwischen stelle ich neun verschiedene Käsesorten her, den Bergkäse, einen würzigen Bauernkäs, Kräuterkäse, einen länger gelagerten Hofkäse und andere Sorten. Seit 2015 betreiben wir unser Hofladele und wir sind zufrieden.
Immer mehr Einheimische und auch Urlauber freuen sich an unserem Angebot.

Aber da stehen ja noch andere Produkte in den Regalen?
Im Jahr 2015 machte ich noch ei­nen Kurs für die Direktvermark­tung hofeigener Produkte, und so bieten wir nun auch Kräutersalz, Marmeladen, verschiedene Öle und Kräuteressig an.
Sie wohnen in einer kleinen Fraktion der Gemeinde Tisens. Haben Sie auch Zeit für Kontakte außerhalb Ihres Hofes, Kontakte zu anderen Bäuerinnen?
Seitdem ich am Hof bin, bin ich bei der Ortsgruppe der Bäuerinnen von Tisens und habe viele nette Frauen kennen und schätzen gelernt.
Seit 2015 bin ich in den Ortsausschuss gewählt.

Ein Zeichen, dass Sie auf einem Süd­tiroler Bergbauern­hof Ihre zwei­te Heimat gefunden haben! Da bleibt nur noch, Ihnen weiterhin viel Freude an Ihrer Ar­beit zu wünschen, und dass viele neue Kunden Ihren ausgezeichneten Käse kennenlernen!

von Christel Fink